Stadtrat wechsel dich

Trier · Ob Kulturdezernent, Tanke in der Ostallee oder Karl-Marx-Statue: Der Trierer Stadtrat hat in den vergangenen Wochen wichtige Entscheidungen getroffen. Mitstimmen durften auch Politiker, die bei der Kommunalwahl auf hinteren Plätzen gelandet waren. Denn zwölf der 56 ursprünglich gewählten Stadtratsmitglieder sind in den vergangenen Monaten aus dem Parlament ausgeschieden.

Trier 56 Einzelstimmen - so viele, wie der Stadtrat Sitze hat - konnte jeder wahlberechtigte Trierer bei der Stadtratswahl im Mai 2014 auf Kandidaten aller Parteilisten verteilen. Anders als bei Landtags- oder Bundestagwahlen bestimmen die Wähler bei Kommunalwahlen ihre Vertreter somit viel gezielter. Doch mehr als 20 Prozent der Ratsmitglieder, die die Trierer Bürger damals per Stimmzettel beauftragt haben, für sie wichtige Entscheidungen zu treffen, gehören dem Parlament schon längst nicht mehr an.

Die kürzeste Mandatszeit hatte Christoph Lentes (CDU): Nur acht Monate, nachdem der neue Stadtrat sich konstituiert hatte, gab er sein Mandat auf, weil er aus Trier wegzog. Dass sein Gastspiel im Rat kurz sein würde, stand vorher fest - war den Wählern allerdings nicht bekannt. Der CDU dagegen schon: Das Grundstück für den Hausbau in Pellingen hatte der junge Familienvater schon lange vor der Kommunalwahl gekauft.
Für Lentes rückte die Mariahoferin Jutta Albrecht nach.

Aus traurigem Anlass wurde im Mai 2015 der Stadtratssitz von Martin Neuffer frei: Der FDP-Stadtrat starb nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 47 Jahren. Für ihn rückte Katharina Haßler in den Rat nach.

Wegen Wegzugs aus Trier und/oder neuen Arbeitsstellen in anderen Städten verließen im Mai 2015 Anja Reinermann-Matatko (Grüne), im Januar 2016 Anna Groß (SPD) und zuletzt im März 2017 Christiane Wendler (Grüne) den Trierer Stadtrat. Für Reinermann-Matatko rutschte Christa Jessulat nach, für Anna Gros Nicolaj Stöckle-Jacob und für Wendler Bernhard Hügle.

Der prominenteste Aussteiger wiederum kam erneut aus der CDU: Im Juli 2015 legte Partei-Grande Ulrich Dempfle sein Ratsmandat und damit den Fraktionsvorsitz nieder. "Die zeitliche Inanspruchnahme durch die politischen Ämter, die in den letzten Wochen und Monaten kontinuierlich gewachsen ist, lässt sich so nicht mehr dauerhaft mit meiner beruflichen Tätigkeit vereinbaren", erklärte der Notar damals gegenüber dem TV. Für Dempfle rückte Martha Scheurer nach, die dem Stadtrat bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode angehört, den Wiedereinzug bei der Wahl 2014 aber nicht geschafft hatte.
Mit Friedl Schulz musste die CDU im Dezember 2016 einen weiteren Rückzug aus den eigenen Reihen verkraften: Der Mannschaftsarzt der Eintracht legte sein Mandat nieder, ohne sich dazu groß in der Öffentlichkeit zu äußern. Für ihn rückte Wilhelm Winkler nach.
Aus privaten Gründen verließ im August 2015 Daniela Müller-Kolb (Grüne), für sie rückte Katja Siebert-Schmitt nach - und bereits im September 2016 wieder aus. Wolf Buchmann füllte die Reihen der Grünen Ratsfraktion auf

Wegen der Nicht-Vereinbarkeit von Beruf und Mandat mussten im Juli 2015 Marc-Bernhard Gleißner (Die Linke) und im Mai 2016 Begoña Hermann (SPD) den Rat verlassen. Gleißner war vom damals neuen Trierer Theaterintendanten Karl Sibelius zum Spartenleiter Bürgertheater gemacht worden. Mitarbeiter der Stadtverwaltung - das Theater ist ein städtisches Amt - dürfen allerdings nicht gleichzeitig im Stadtrat sitzen, der über die Geschicke der Verwaltung mitentscheidet. Bei Hermann war der Grund ähnlich: Die SPD-Frau stieg nach der Landtagswahl zur neuen Vize-Chefin der Landesbehörde ADD auf - die den Stadtrat kontrolliert. Dass niemand gleichzeitig Kontrollbehörde und kontrolliertem Gremium angehören kann, versteht sich von selbst. Für Gleißner rückte Wolfgang Schmitt nach, für Hermann Marco Marzi.

Den größten Wandel machte - insbesondere im Verhältnis zu ihrer Größe - die Fraktion der Partei Die Linke durch: Von der Ursprungsbesetzung der dreiköpfigen Fraktion ist niemand mehr übrig: Marc-Bernhard Gleißner (siehe oben), Paul Hilger (Oktober 2016) und schließlich Susanne Kohrs (Dezember 2016) schieden nach und nach aus dem Rat aus. Für Hilger rückte Theresia Görgen nach, für Kohrs Mateusz Buraczyk - mit 29 Jahren übrigens jüngstes Ratsmitglied.

In Ursprungsbesetzung im Stadtrat vertreten sind damit nur noch die AfD, die Piraten - die allerdings ohnehin mit Darja Henseler nur eine Mandatsträgerin haben - und die Freien Wähler. Die haben dafür allerdings mitten in der Wahlperiode ihren Namen geändert: Aus der FWG wurde die Unabhängige Bürgervertretung Trier (UBT, der TV berichtete).

Damit gehören zwölf der ursprünglich 56 gewählten Kommunalpolitiker nicht mehr dem Rat an. Übrigens: Für Aussteiger rückt nicht immer derjenige aus der Partei nach, der bei der Kommunalwahl laut Stimmenverteilung als Nächstes an der Reihe wäre. Häufig lehnen die Nächstplatzierten ab, manche wohnen schon gar nicht mehr in Trier. Parteikollegen mit weit weniger Stimmen haben dann Zugriff. Bei der Linken, die bei der Kommunalwahl 2014 5,5 Prozent und damit drei Mandate geholt hatten, war Neu-Ratsmitglied Mateusz Buraczyk auf Platz 12 der Wahlliste gelandet. Den neuen Kulturdezernenten, das Schicksal der Tankstelle in der Ostallee und die Annahme der Karl-Marx-Statue durfte auch er als Vertreter der Trierer mitentscheiden.

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