Tabak-Abhängigkeit

"Zigaretten sind die einzigen frei verfügbaren Handelsprodukte, die bei bestimmungsgemäßen Gebrauch einen Großteil ihrer Konsumenten süchtig und krank machen und diese vorzeitig zu Tode bringen ...." So lautet der erste Satz des Vorworts zu einer Veröffentlichung des "WHO-Kollaborationszentrums für Tabakkontrolle" am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. In der Bundesrepublik ist mit etwa 140 000 Tabakopfern pro Jahr zu rechnen. Um den Zigarettenumsatz konstant zu halten, stellt sich damit für die Tabakindustrie die "brennende" Frage, wie jährlich 140 000 neue Zigarettenraucher zu rekrutieren sind. So verwerflich dies klingen mag, wird dabei ein besonderes Augenmerk auf die nachwachsende Generation und das Erzeugen einer Nikotinsucht gelegt: Kinder und Jugendliche sind - insbesondere, wenn sie "süchtig" gemacht werden - sichere Konsumenten für den Rest ihres Lebens. Unter den etwa 24 Millionen regelmäßigen Rauchern in unserem Land sind mindestens acht Millionen als abhängig anzusehen. Aus pharmakologischer Sicht unterscheidet sich dabei die Nikotinsucht nicht von einer Heroinabhängigkeit. Inwieweit bei einem Raucher bereits Abhängigkeit eingetreten ist, lässt sich leicht mit dem so genannten Fagerström-Test ermitteln: Bei mehr als sieben Punkten ist bereits von einer starken Abhängigkeit auszugehen, wobei jeweils drei Punkte durch zwei Faktoren, nämlich den Zwang, innerhalb der ersten fünf Minuten nach dem Aufwachen die erste Zigarette und insgesamt mehr als 30 Zigaretten täglich zu rauchen, zu Buche schlagen. Was das abhängigkeitsmachende Potenzial der handelsüblichen Zigaretten angeht, sind es eine Vielzahl von Zusatzstoffen, die wesentlich dazu beitragen: So wird zum Beispiel durch die regelmäßige Zugabe von Ammonium der Säuregrad des Zigarettenrauchens in den alkalischen Bereich verschoben, was zu einer intensiveren Verfügbarkeit des freien Nikotins führt. Andere Zusätze im Zigarettentabak mindern den beißenden Geschmack, so dass für Kinder und Jugendliche der "Einstieg" erleichtert wird. Verschiedene Kampagnen zur Prävention des Zigarettenrauchens führen nur teilweise zum Erfolg; also ist nach anderen Wegen zu suchen. In erster Linie betrifft dies die freie Verfügbarkeit für unter 18-Jährige, unter anderem aus den zirka 820 000 Zigarettenautomaten in unserem Land. In der Verantwortung für die gesundheitliche Unversehrtheit unserer nachwachsenden Generation sollten sich Handel und Gewerbe selbst verpflichten, ähnlich wie beim Verkauf von Alkoholika, das Konsumbegehren der Jugendlichen zu verweigern.Vor allem Jugendliche müssen geschützt werden

Eine weitere längst überfällige Maßnahme betrifft die Einstellung jeglicher Zigarettenreklame, die oft - psychologisch geschickt eingefädelt - gerade Kinder und Jugendliche anspricht. Nicht zuletzt stellt der Zigarettenpreis ein ganz wichtiges Regulativ dar: Würde der Preis auch in Deutschland verdoppelt oder verdreifacht, wäre der Konsum anderer Güter attraktiver. Die mit einer solchen Maßnahme verbundenen höheren Steuermehreinnahmen sollten allerdings den Krankenkassen zur Verfügung gestellt werden, nachdem mit jährlicher Mehraufwendungen für die Krankenheitsfolgen des Rauchens von etwa 17 Milliarden Euro zu rechnen ist. Für den Schritt, mit dem Rauchen aufzuhören, ist es freilich nie zu spät: Sobald der Entschluss aus eigener Überzeugung feststeht, sollte unterstützende Hilfe, beispielsweise beim Hausarzt oder bei speziellen professionellen Institutionen, gesucht werden. Die langfristigen Erfolge von etwa 30 bis 40 Prozent Raucherabstinenz mögen zwar nicht sehr hoch erscheinen, sind aber für die Betroffenen und oft auch deren Angehörige von unschätzbarem Wert. Prof. Dr. B. Krönig, Internist und leitender Arzt Innere Medizin im Elisabeth Krankenhaus Trier

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