Tanken und kaufen bis 2017

Trier · Der Trierer Stadtrat hat mehrheitlich beschlossen, dass die umstrittene Tankstelle in der Ostallee bis Ende 2017 bestehen bleiben darf. Der Betreiber darf allerdings ab 2013 nachts keinen Schnaps verkaufen und die Autowaschanlage nur bis 20 Uhr laufen lassen.

Trier. Das Schicksal der Aral-Tankstelle in der Trierer Ostallee schien besiegelt. Ende 2012 sollten die Lichter der sogenannten Blauen Lagune endgültig ausgehen und einem Grüngürtel mit Radweg weichen.
Es folgte ein Proteststurm der Kunden, die auf die Gelegenheit zum Tanken und Einkaufen rund um die Uhr in der City nicht verzichten wollten. Die Ratsmehrheit ruderte zurück und beauftragte neue Verhandlungen mit dem Mineralölkonzern BP.
"Aufgrund des großen öffentlichen Interesses" informierte Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU) in der jüngsten Ratssitzung über Auflagen, die der Betreiber künftig vor allem zum Lärmschutz für Anlieger erfüllen muss (siehe Extra).
"Den Bedenken wird genügend Rechnung getragen", befand Thomas Albrecht (CDU). "Wir hätten es uns nicht leisten können, auf die Einnahmen zu verzichten." Nach TV-Informationen wird die Pacht für das städtische Grundstück etwa verdreifacht auf 50 000 Euro pro Jahr.SPD: Scheinheiliges Feigenblatt


Vehement wehrten sich mehrere Fraktionen gegen einen Eindruck, den Kaes-Torchiani zuvor im Ausschuss vermittelt hatte: Bei Vertragsende 2017 sei endgültig Schluss mit der Tanke.
"Das können wir gar nicht festlegen. Nach den fünf Jahren sieht man weiter", stellte Albrecht fest. "Der Stadtrat entscheidet auch über eine mögliche erneute Verlängerung", bekräftigte Christiane Probst (FWG). "Die Stadt hat ihre Einnahmen verbessert und spart sich erst einmal große Investitionen."
Auch Katrin Werner (Die Linke) sprach sich klar für die aktuelle Verlängerung aus: "Wenn es Mehreinnahmen gibt, verstehe ich die Diskussion nicht." Tobias Schneider (FDP) kommentierte das Verhandlungsergebnis mit einem Satz: "Es geht doch!"
Rainer Lehnart (SPD) kritisierte hingegen, mit den Auflagen werde das Problem nicht gelöst: "Das ist ein scheinheiliges Feigenblatt und nur mit erheblichem Kontrollaufwand durchzusetzen. Der schnöde Mammon setzt sich durch. Wir stimmen gegen den Vertrag."
Gleiches kündigte Dominik Heinrich für die Fraktion der Grünen an. Bei anderen Mehrheitsverhältnissen 2017 könne das Radwegekonzept vielleicht doch umgesetzt werden. Bis dahin werde zumindest die Lärmbelästigung durch die Tanke verringert.
Die Abstimmung folgte in nichtöffentlicher Sitzung - mehrheitlich pro Vertragsverlängerung.
Tankstellen-Betreiber Lothar Schmitz kann also vorläufig weitermachen und denkt auch für 2017 noch nicht ans Aufhören, wie er dem TV sagt: "Es war klar, dass sich die Stadt jetzt nicht sehr langfristig binden wollte. Wie es später weitergeht, muss man dann sehen. Die Hoffnung stirbt zuletzt."Meinung

Ein Lehrstück der Demokratie
Nach dem Beschluss ist vor dem Beschluss, diese Weisheit ist bekannt. Doch der Stadtrat hatte noch nicht einmal über die Verlängerung des Pachtvertrags zur Tankstelle Ostallee abgestimmt, als es schon um die Zeit nach 2017 ging. Dezernentin Simone Kaes-Torchiani und auch die SPD-Fraktion wollten die Kröte offenbar nur in dem Bewusstsein schlucken, dass die aus ihrer Sicht störende Aral-Station in fünfeinhalb Jahren doch noch dem Erdboden gleichgemacht wird. Doch das entspricht keineswegs dem Willen der Ratsmehrheit und stand auch aktuell gar nicht zur Entscheidung an. Deshalb war es wichtig, dass mehrere Redner dies klarstellten. Kaes-Torchiani hielt sich nach dem Anpfiff durch ihre eigenen CDU-Parteifreunde denn auch merklich zurück. Mit der Tanke bleiben der Trierer Innenstadt ein Stück Infrastruktur, Arbeitsplätze und Einnahmen erhalten. Im Gegenzug ist der Betreiber in der Pflicht, durch die Einhaltung der Auflagen seinen Teil zur Verträglichkeit des Standorts zwischen Wohnhäusern beizutragen. Die Vernunft hat gesiegt, angestoßen durch öffentliche Bewegungen sowohl pro als auch kontra. Ein Lehrstück der Demokratie! m.hormes@volksfreund.deExtra

Der Pächter der Aral-Tankstelle verpflichtet sich zum sogenannten Frankenthaler Modell, das zwischen 22 und 6 Uhr gilt. Demnach dürfen pro Person und Nacht maximal zwei Liter Getränke mit bis zu acht Volumenprozent Alkohol (zum Beispiel Bier) oder maximal ein Liter mit acht bis 14 Prozent (zum Beispiel Wein, Sekt) verkauft werden. Spirituosen mit mehr als 14 Prozent sind am Standort Ostallee ab 2013 nachts tabu. So soll der gefürchtete Lärm durch Zecher im Umfeld der Tanke verringert werden. Waschanlage und Staubsauger dürfen nur noch bis 20 Uhr betrieben werden. Es gibt "finanzielle Zugeständnisse im Zusammenhang mit dem späteren Rückbau". Im Klartext: BP zahlt einen einmaligen Sonderbetrag, den die Stadt später zur Sanierung und Umgestaltung des Grundstücks verwenden kann. cus

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