Aktion Seebrücke Augenbinden für Statuen: Farbenfrohe Aktion, ernster Hintergrund

Trier · Nicht wegschauen sondern hinsehen! Die orangefarbenen Augenbinden, die seit dem heutigen Donnerstag etliche Statuen in ganz Trier tragen, sollen aufmerksam machen auf die hilflose Situation von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer – die durch die staatliche Behinderung von Rettungsschiffen verschärft wird.

 Nicht wegschauen, hinsehen: Etliche Statuen im Trierer Stadtgebiet tragen am Donnerstag, 6. September 2018, orange Augenbinden. Es handelt sich um eine Aktion des Bündnisses Seebrücke, das Aufmerksamkeit richten will auf die Situation der Flüchtlinge und der Seenotretter, deren Arbeit durch staatliche Sanktionen erschwert wird.

Nicht wegschauen, hinsehen: Etliche Statuen im Trierer Stadtgebiet tragen am Donnerstag, 6. September 2018, orange Augenbinden. Es handelt sich um eine Aktion des Bündnisses Seebrücke, das Aufmerksamkeit richten will auf die Situation der Flüchtlinge und der Seenotretter, deren Arbeit durch staatliche Sanktionen erschwert wird.

Foto: Verona Kerl

Den Statuen im Trierer Palastgarten, den Figuren am Brunnen auf dem Stockplatz und selbst der Familie vor der Kreisverwaltung am Willy-Brandt-Platz: Allen waren am Freitagmorgen plötzlich die Augen mit orangefarbenen Stoffbahnen verbunden.

Eine verfrühte Wahlkampfaktion der CDU, die sich ein solches Orange vor Jahren als neue Parteifarbe neben Schwarz ausgesucht hat? Ein Spaß wegen des anstehenden Besuch des Oranje-Königpaars Willem-Alexander und Máxima der Niederlande? Einfach eine Kunstaktion, hinter denen ja nicht immer ein genau zu erfassender Sinn steckt?

Nein. Die orangen Augenbinden haben einen viel ernsteren Hintergrund: Sie sollen auf die bundesweite Aktion Seebrücke hinweisen, die aufmerksam macht auf das Schicksaal der alleine in diesem Jahr rund 1500 Menschen, die auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken sind.

Am morgigen Freitag, 7. September, demonstriert das Bündnis ab 18 Uhr vor der Trierer Porta Nigra.

Orange – Erkennungsfarbe des Bündnisses – soll dabei an die Farbe der Schwimmwesten erinnern, von denen es auf den überfüllten Schlauchbooten der Schleuser nie genügend gibt.

Italien und Malta hatten ihre Häfen für Schiffe, die Flüchtlinge aus Seenot retten, bereits im Juli gesperrt. Rettungsschiffe irrten teilweise mit Hunderten Migranten tagelang übers Meer, ohne anlegen zu können. „Seenotrettung ist kein Verbrechen sondern eine Notwendigkeit“, betont das Aktionsbündnis Seenotrettung dazu auf seiner Homepage. „Menschen bewusst nicht zu retten ist Mord“, heißt es weiter.

In den letzten Jahren seien Tausende Menschen auf der Flucht im Mittelmeer umgekommen. Gleichzeitig sei die staatliche Seenotrettung eingestellt worden, private Rettungsorganisationen werde die Arbeit unmöglich gemacht. „Rettungsschiffen wird verboten auszulaufen, während Menschen ertrinken“, moniert das Aktionsbündnis.

Dem Rettungsschiff Lifeline sei beispielsweise verboten worden mit Hunderten, teils schwer kranken Menschen an Bord einen Hafen anzufahren. Der Kapitän der Lifeline musste sich anschließend vor Gericht verantworten. „Das sind die Folgen des wachsenden Einflusses rechter Politik in Europa und der zunehmenden Abschottung“, erklärt das Bündnis Seebrücke. Lebensretter würden als Verbrecher hingestellt. „Aber nicht sie sind kriminell sondern grausame Politiker, die verzweifelte Menschen an den Grenzen sterben lassen, obwohl sie zur Hilfe verpflichtet sind“, erklärt das Bündnis.

Am morgigen Freitag, 7. September, treffen sich die Trierer Unterstützer der Aktion Seebrücke um 18 Uhr vor der Porta Nigra zu einer Demonstration, um Solidarität mit den Flüchtlingen zu demonstrieren und um zu fordern, den Seeweg für diese sicherer zu machen.

Bereits in der Sitzung des Trierer Stadtrats am vergangenen Donnerstag hatte ein junger Mann unter dem Tagesordnungspunkt „Bürgersprechstunde“ zu Wort gemeldet: Trier solle sich dem Städtebund, der sich im Rahmen der Aktion Seebrücke bereit erklärt hat, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen, anschließen. So könne zumindest ein konkretes Zeichen gegen das Sterben von Flüchtlingen im Mittelmeer gesetzt werden. „Als ein Zeichen für Humanität und ein Recht auf Asyl“, sagte der Mann.

Triers Ordnungsdezernent Thomas Schmitt erklärte daraufhin, dass dadurch nicht mehr Flüchtlinge von den Mittelmeerländern aufgenommen würden und nach Deutschland kämen. „Würde sich Trier den anderen Städten anschließen und wir signalisieren, dass wir bereit sind, mehr Flüchtlinge als uns zugeteilt sind, aufzunehmen, dann wäre das eher ein symbolischer Akt, ein humaner Appell“, sagte Schmitt.

Wolf Buchmann von den Grünen erklärte: „Natürlich können wir durch einen solchen Beschluss nicht direkt die bundespolitische Haltung ändern, aber wir können signalisieren, dass es eine Pflicht ist, Menschen in Seenot zu retten und dass wir in dieser Frage Spanien und Italien nicht weiter alleine lassen. Daher halten die Grünen eine solche Resolution für richtig. Gerade Trier, als Stadt im Herzen Europa, die am meisten von Europa und den offenen Grenzen profitiert.“

Zu einer Abstimmung über das Thema kam es in der Ratssitzung nicht. Um eine entsprechende Resolution verabschieden zu können, müsste eine der Ratsfraktionen eine solche offiziell für die Tagesordnung anmelden.

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