Trier wird die Krähen nicht mehr los

Trier · Die Krähenplage in Trier erregt die Gemüter. Selten haben den TV so viele Leserbriefe erreicht wie zum Thema Krach und Kot in Triers Innenstadt. Unter den Einsendungen waren auch viele Tipps zum Umgang mit den Rabenvögeln. Der TV hat sie auf ihre Umsetzbarkeit geprüft.

Rabenschwarze Vögel, die unter viel Gekrächze das Trierer Pflaster mit ihrem weißen Kot überziehen: Mit den Krähenscharen an Augustinerhof und Nikolaus-Koch-Platz haben viele TV-Leser ihre Erfahrungen gemacht. Und die Angst vor dem Federvieh geht weit über hartnäckige Flecken auf dem Auto hinaus. Von Angriffen auf Menschen, andere Tiere und sogar Häuser berichten unsere Leser. Ein Autofahrer ist kürzlich gar in der Leitplanke gelandet, nachdem er auf der A63 einer Flugschar von Krähen begegnete. Was ist also zu tun gegen das "Krähenpalaver", wie es Leserin Martina Diederich nennt? Der TV hat mit Experte Gundolf Bartmann, Leiter des Forstamts Trier, gesprochen und gibt Antworten.

Wer sind die schwarzen Vögel, die sich bevorzugt auf Plätzen in der Trierer Innenstadt versammeln?
Bei den Schwärmen handelt es sich nach Bartmann größtenteils um Rabenkrähen, die im Herbst und Winter zum Übernachten in die Stadt ziehen - anders als die Saatkrähe, die bevorzugt am Moselufer lebt. Unterscheiden kann man die Vögel an ihrem Äußeren: Während die Rabenkrähe vom Schnabel bis zum Schwanz schwarz ist, hat die Saatkrähe "graue Bäckchen".

Was wollen die Krähen in der Innenstadt?
Die Rabenkrähe kommt über Nacht in die Stadt, weil es dort wärmer ist als im Umland. Doch was die Vögel außerdem anzieht, ist Müll, insbesondere Essensreste, der den Tieren in der Stadt reichlich serviert wird. "Krähen sind Resteverwerter", erklärt Bartmann. Früher waren sie ein Bewohner der Müllkippen." Da die Sammelstellen in Mertesdorf heute aber sauberer sind und der Müll abgedeckt wird, haben es die Krähen am städtischen Mülleimer und mit Weggeworfenem auf der Straße leichter.

Wie kann man die Krähen von den Plätzen vertreiben?
TV-Leser wie Kurt Allerchen, der die Krähen auch an anderen Plätzen in der Stadt ausfindig gemacht hat, haben den Zusammenhang zwischen der Ansammlung von Müll und Vogelscharen erkannt - ein Punkt, bei dem jeder Bürger seinen Beitrag leisten kann. In keinem Fall sollten Passanten die Vögel füttern, warnt Bartmann. Solange die Krähen aber ausreichend für sie verwertbare Reste in der Stadt finden, wird der Müll sie weiterhin anlocken.

Kann man die Krähen nicht erschrecken?
Um die Vögel von den Bäumen zu holen, von denen aus sie ihr Geschäft verrichten, schlagen Leser wie Eugen Peter Karges und Vladimir Ihsanov vor, die Krähen zu erschrecken - ob mit ihrem eigenen Gekrächze, lauten Geräuschen oder Lichtblitzen. Doch da haben sie die Rechnung ohne die intelligenten Krähen gemacht. "Von so was lassen die sich nicht beeindrucken", sagt Bartmann. Sogenannte Vergrämungsmaßnahmen, die keine Gefahr für die Rabenvögel darstellen, durchschauen die Krähen. "Sie lernen relativ schnell, solange keine tote Krähe vom Baum fällt." Und wenn vielleicht doch ein toter Vogel vom Baum stürzt?

Darf man die Vögel jagen?
Leser Sigurd Liebeskind schlägt vor, Jagd auf die Vögel zu machen, um der Plage Herr zu werden. Doch ohne ausreichenden Grund ist das nicht so einfach. Die Saatkrähe steht unter Naturschutz und darf gar nicht gejagt werden. Die Rabenkrähe hingegen ist nur während der Brutzeit geschützt und darf zwischen 1. August und 20. Februar nach rheinland-pfälzischem Jagdrecht geschossen werden. Die Innenstadt ist allerdings "ein befriedeter Bezirk", in dem Jagen verboten ist. Und auch in Randgebieten wie Olewig, wo teilweise geschossen werden darf, greifen Jäger zur Sicherheit der Bevölkerung nicht leichtfertig zum Gewehr. Über eine Jagd in der Mitte Triers müsste die Stadt im Rahmen des Ordnungsrechts entscheiden.

Kann man die Krähen mit Gift beseitigen?
Laut Bartmann ist dies keine Option, da Giftköder auch andere Tiere gefährden würden.

Wenn die Krähe nicht vom Baum fällt, muss dann vielleicht der Baum fallen?
Bartmann sieht das einzige legale Mittel, die Krähen vom Baum zu holen, darin, an den Bäumen Hand anzulegen. Dazu müsste man das Grün entweder entfernen oder stutzen. Doch diese Maßnahme wäre für die Stadt aufwendig und teuer - und würde aus Erfahrung vermutlich nicht gerade auf Begeisterung bei den Bürgern stoßen.

Löst sich das Problem dann etwa von selbst?
Lediglich die Saatkrähe ist ein Ganzjahresgast in Trier. Die Schwärme von Rabenkrähen ziehen nur im Herbst und Winter durch die Lüfte. Im Februar und März beginnt die Brutzeit und die Reise in Richtung Innenstadt endet für die nächsten Monate. Dann wird sich zeigen, wie hoch der Anteil der Saatkrähen in der Stadt ist.

Extra
Krähen zählen zur Familie der Rabenvögel (Corvidae), wobei die größeren Exemplare als Raben und die kleineren als Krähen bezeichnet werden. Ihr Name geht auf die krächzenden Laute zurück, die sie von sich geben. Wissenschaftliche Studien belegen, dass Rabenvögel zu den intelligentesten Vögeln gehören und schnell lernen. Schon in der Antike und in der nordischen Mythologie galt der Rabe daher als Symbol für Weisheit. Wegen seiner mystischen Bedeutung wurde er aber nach der Christianisierung in Europa mit negativen Eigenschaften in Verbindung gebracht. Als Motiv taucht der Rabenvogel auch heute in Literatur und Film auf. maf

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