Trier zum Sehen und Begreifen
Kulturstiftung und Lions-Club haben am Donnerstag auf dem Kornmarkt ein bronzenes Trier-Modell an die Stadt übergeben. Es soll vor allem Blinden und Sehbehinderten ermöglichen, die Altstadt zu fühlen, sehen und begreifen.
Trier. Auf Fingerkuppen durch die Straßen der Altstadt spazieren, die Anordnung der Plätze und Gassen ertasten, die Größenunterschiede zwischen der Konstantin-Basilika und anderen Kirchen erkennen - diese besondere Form von Trier-Erlebnis erwartet Einheimische und Touristen jetzt auf dem Kornmarkt. Kulturstiftung und Lions-Club machens möglich. Sie haben am Donnerstag ein maßstabgetreues Bronze-Relief (1:650) der Altstadt symbolisch an Oberbürgermeister Klaus Jensen übergeben.
Der 300 Kilo schwere Relief-Stadtplan, neben der Kornmarkt-Zeder auf einem massiven Granitsockel aufgestellt, soll blinden, aber auch sehenden Trierern und Touristen einen greifbaren Eindruck von Straßen und Gebäuden vermitteln. Ergänzende Informationen in Blindenschrift versetzen Menschen ohne Augenlicht erstmals in die Lage, Bauwerke und Plätze aus zwei Jahrtausenden Stadtgeschichte zu ertasten und begreifen.
Für Deutschlands älteste Stadt ein Novum, für den 61-jährigen Bildhauer Egbert Broerken aus Welver (Nordrhein-Westfalen) ein weiteres Kapitel seiner Erfolgsgeschichte. Broerken hat vor mehr als 20 Jahren die bronzenen Modelle für Blinde und Sehende entwickelt. Seine Werke stehen unter anderem in Osnabrück, Celle, Braunschweig, Lübeck, Halberstadt, Kulmbach, Erfurt, Minden, Bielefeld, Stralsund, München und Hamburg; in Münster gibt es sogar vier von verschiedenen Stadtteilen.
30 000 Euro kostete das in der Kunstgießerei Plein (Speicher) gegossene Trier-Relief samt drei Tonnen schwerem Granitblock. Die Kulturstiftung Trier und der Lions Club Trier teilten sich die Kosten. Stiftungsvorstandschef Harry Thiele und Lions-Präsident Ingo Becker stellten in Aussicht, weitere Modelle zu finanzieren (zum Preis von jeweils 13 000 Euro), sofern die Stadt weitere Aufstellungsorte zur Verfügung stelle.
"Auf dieses Angebot komme ich gerne zurück", erklärte der "freudig überraschte" OB Klaus Jensen und dankte für das Ur-Modell, das er als bedeutsame Bereicherung des touristischen Angebots sowie als Symbol der Integration bezeichnete. Manfred Hornetz vom Regionalverband der Blinden und Sehbehinderten zeigte sich ebenfalls "sehr dankbar. Das ist ein Geschenk für alle Menschen, die nicht gut oder gar nicht sehen können."