Triers Sparschwein ist leer - Oberbürgermeister bringt Doppelhaushalt für 2017 und 2018 ein

Trier · Eine Stadt kann rechtlich gesehen nicht pleitegehen, sie darf Schulden haben und dennoch ständig neue machen. Trier existiert und finanziert sich seit Jahren auf Pump. Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) hat dem Stadtrat gestern Abend erklärt, wie er sich die Zukunft vorstellt und warum sie für viele Trierer teurer wird.

Hätte ich meinen alten Job doch besser mal behalten - das sagt Triers Verwaltungschef natürlich nicht. Zumindest nicht laut. Wolfram Leibe strahlt immer noch diese grundsätzliche Freude an seinem Amt aus, die nach seiner Wahl zum Oberbürgermeister der Stadt Trier 2015 schnell charakteristisch für ihn geworden ist. Doch als Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in der Regionaldirektion Baden-Württemberg plagte ihn kein Schuldenberg. "Im Gegenteil", sagt er. "Dort musste ich entscheiden, wo ich angesichts eines Überschusses von zwei Milliarden Euro die Gewinne anlege."

Der Haushalt: Die Zeiten der Überschüsse in Leibes Berufsweg sind erst einmal vorbei. Am Donnerstagabend hat der OB seine Version der Zukunft Triers dem Stadtrat vorgelegt. Mit dieser Präsentation des Doppelhaushalts für die Jahre 2017 und 2018 geht das Spiel mit den roten Zahlen erst richtig los. Es beginnt eine intensive Phase der Diskussionen, Änderungswünsche, Streichungen und Erweiterungen innerhalb der Ratsfraktionen, deren Höhepunkt die Abstimmung in einigen Monaten sein wird. Leibe: "Ich mache schließlich nur Vorschläge." Das letzte Wort hat der Stadtrat.

Die Strategie: "Wir bleiben auf Kurs", sagt Wolfram Leibe. Was soll das heißen? Der OB erklärt: "Wir streben eine Konsolidierung des Haushalts an." Die Ausgaben sollen die Einnahmen nicht überschreiten - von diesem Zustand ist die Stadt Trier weit entfernt. Das Defizit für 2017 liegt bei 37 Millionen Euro. "Um dieses Defizit zu kompensieren, müsste ich die Hälfte des Personals entlassen", sagt Leibe. "Das geht natürlich nicht."
Der Trierer Investitionsstau wird sich nicht auflösen. Für den notwendigen Unterhalt im Hoch- und Tiefbau bräuchte Baudezernent Andreas Ludwig (CDU) für 2017 insgesamt 80 Millionen Euro und für 2018 sogar 90 Millionen Euro. Doch mehr als 30 Millionen Euro pro Jahr, so der Durchschnittswert seit 2009, sind nicht zu erwarten.

Die Prioritäten: Die Aufnahme eines Projekts in den städtischen Haushalt hat wahrhaftig nicht immer ein stabiles finanzielles Fundament. Der politische Wille innerhalb der Fraktionen und Gruppierungen des Stadtrats geht manchmal ganz andere Wege und priorisiert, um mit einem bestimmten Thema gezielt punkten zu können.
Ob beispielsweise Schulen gebaut, geschlossen, saniert oder ignoriert werden, ist oft auch eine Frage der Mehrheiten und damit Machtverteilung im Stadtrat. Damit wird sich Leibe auseinandersetzen müssen. "Ich bin dazu bereit", sagt er nur.

Die Baustellen: Trier hat keinen Mangel an Projekten und Themen, die alle sofort umgesetzt werden müssten. Sie sind wichtig und aus heutiger Sicht in der Summe unbezahlbar. "Ich würde 627 Millionen Euro brauchen, um all diese Baustellen sofort zu regeln", sagt Wolfram Leibe.
Diese Wunschliste beginnt mit dem Theater, das mit 40 Millionen Euro verbucht ist. Der Straßen- und Brückenbau liegt bei 120 Millionen Euro, Wohnungsbau und Sanierung bei fast 30 Millionen Euro. Die Feuerwache (40 Millionen), die Europahalle (zehn Millionen), die Tufa (5,2 Millionen), der Stadtumbau West (31 Millionen), die Soziale Stadt (31 Millionen), Kindertagesstätten (27 Millionen) - all das steht an. Doch was kommt zuerst dran, was kann noch warten? Trier hat nur maximal 40 Millionen Euro pro Jahr zur Umsetzung von Bauprojekten.
Leibe fordert eine klare Priorisierung - ein Ziel, das die Ratsfraktionen mittragen müssen, wenn es Erfolg haben soll. Die jetzt beginnende Haushaltsdebatte soll die Frage klären, welche Investitionen die Stadt Trier in den Jahren 2017 und 2018 konkret in Angriff nehmen wird.

Die Schulden: Die langsame Verringerung des jährlichen Haushaltsdefizits ist ein Ziel, das die Stadt erreichen kann. Der Abbau des Schuldenbergs dagegen ist realistisch gesehen unmöglich. Aktuell hat die Stadt Trier 780 Millionen Euro Schulden, bis 2018 werden es fast 900 Millionen Euro sein. Ohne den kommunalen Entschuldungsfonds wären es sogar noch 65 Millionen Euro mehr. Dazu kommt: Die Stadt hat kein Eigenkapital mehr. Das Sparschwein ist leer. Die Gläubigerbanken machen dieses Spiel nur mit, weil die Stadt ihre Zinsen zuverlässig tilgt. 2018 werden es zwölf Millionen Euro pro Jahr sein.

Die Einnahmen: Koblenz nimmt pro Jahr 120 Millionen Euro an Gewerbesteuer ein, in Trier sind es nur 65 Millionen Euro. Dennoch will Leibe den Steuersatz nicht erhöhen. "Ich will stattdessen mehr Gewerbesteuer einnehmen, indem ich erreiche, dass sich mehr Unternehmen in Trier ansiedeln."
Doch die Ausweitung von Flächen für Gewerbe ist in Trier ein politisches Streitthema. Im neuen Flächennutzungsplan sind für die nächsten 20 Jahre 37 Hektar ausgewiesen. Aktuell hat die Stadt noch drei Hektar frei. Kurzfristig mehr Flächen für Investoren? "Dafür habe ich im Stadtrat keine Mehrheit", sagt Triers Oberbürgermeister.

Das wird teurer: Die Grundsteuer B wird steigen, Immobilienbesitzer müssen mehr zahlen. "Für eine Dreizimmerwohnung sind es neun Euro im Jahr, für ein Einfamilienhaus 27 Euro", erklärt Leibe. Die Einnahmen der Stadt Trier steigen damit um 1,2 Millionen Euro pro Jahr.
Auch ein neuer Kultureuro sei möglich, sagt Leibe. Der erste scheiterte 2012: Hotels und Pensionen mussten einen Euro pro Gast und Übernachtung an die Stadt abführen. Das Bundesverwaltungsgericht kippte die Abgabe: Wer beruflich bedingt im Hotel schläft, dürfe nicht zusätzlich zur Kasse gebeten werden.

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