"Überflüssig und irreführend"

Trier · Der Trierer Stadtrat wird heute voraussichtlich mit großer Mehrheit beschließen, die an Adolf Hitler und seinen Reichs-Unterrichtsminister Bernhard Rust verliehene Ehrenbürgerwürde nachträglich abzuerkennen.

 Auch Trier hat eine Nazi-Vergangenheit, wie das Foto vom Hitler-Besuch dokumentiert, aufgenommen in der Kölner Straße in Trier-West. Foto: Stadt-Archiv Trier

Auch Trier hat eine Nazi-Vergangenheit, wie das Foto vom Hitler-Besuch dokumentiert, aufgenommen in der Kölner Straße in Trier-West. Foto: Stadt-Archiv Trier

(DiL) Der Antrag zu Tagesordnungspunkt Fünf besteht nur aus genau diesem einen Satz: Der Rat möge beschließen, die Ehrenbürgerwürden für Hitler und Rust "posthum" (also nach dem Tod) abzuerkennen. Genauso kurz will man auch die Debatte halten: CDU-Fraktionschef Berti Adams soll für alle Stadtratsfraktionen sprechen. So demonstrieren CDU, SPD, Grüne, FDP und FWG zum einen Gemeinsamkeit, und zum anderen wollen sie dem NPD-Vertreter Safet Babic nicht mit ausufernden Debatten eine Profilierungs-Plattform schaffen.

In der schriftlichen Antragsbegründung heißt es, es sei "unzweideutig richtig", dass nach den Statuten das Ehrenbürgerrecht mit dem Tod des Geehrten automatisch erloschen sei. Aber diese "unter formaljuristischen Gesichtspunkten" nicht zu beanstandende Einschätzung habe "bis heute immer wieder zu Missverständnissen geführt". Oberbürgermeister Klaus Jensen verweist auf regelmäßige Anfragen, vor allem aus dem Ausland. Es gehe darum, "die letzten Zweifel auszuräumen".

Dieser Einschätzung widersprechen die ehemaligen Oberbürgermeister Carl-Ludwig Wagner und Helmut Schröer in einer gemeinsamen Erklärung vehement. Der Stadtratsbeschluss sei "aus unserer Sicht überflüssig und sogar irreführend". Er erwecke den falschen Eindruck, "die Stadt habe sich erst heute dazu entschlossen, sich von der Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Adolf Hitler zu distanzieren".

Wagner und Schröer verweisen auf eine Vielzahl von Erklärungen, die die Stadt zu diesem Thema abgegeben habe und die deutlich gemacht hätten, dass Hitler die Ehrenbürgerschaft "durch verbrecherisches und würdeloses Verhalten verwirkt hat".

Die Ex-OB fragen sichtlich verärgert, welchen Zweck der Beschluss haben soll. "Sind der Stadtrat und der Stadtvorstand über die gesamte Diskussion nicht informiert? Oder möchten sie das Verhalten ihrer Vorgänger relativieren und so tun, als gebe es erst jetzt einen wirklichen Schlussstrich?"

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