Verzweifelt, wütend, hoffnungslos

Trier · Schikaniert, verraten, ausgegrenzt: Etwa ein Drittel aller Jugendlichen sind einer Studie zufolge schon einmal Opfer von Cybermobbing gewesen. Die VHS Trier hat jetzt ein Seminar zu Cybermobbing ausgerichtet.

Trier. "Hast du nicht gemerkt, wie alleine ich war?", wirft Emma Bergmann ihrer Mutter vor. "Sie haben mich Arschkriecher und Streber genannt! Aber für dich zählten immer nur gute Noten."
Es sind die letzten Worte, die das Mädchen an ihre Lehrer, Eltern und Freunde richtet - und zwar als Geist auf der eigenen Beerdigung. Emma hat sich das Leben genommen, weil sie die Schikanen ihrer Mitschüler nicht mehr ertragen hat.
Diese Szene des Musicals "It gets better? Ätt git besser!" zeigt, wie verzweifelt und hilflos Mobbing-Opfer häufig sind. Der Verein Mut\'s, der mit Kindern und Jugendlichen gesellschaftliche Themen aufarbeitet, tritt derzeit mit dem Stück auf. Auf der Cybermobbing-Tagung in der Volkshochschule (VHS) Trier präsentierten die Schauspieler einige Szenen. Im Anschluss an die Vorführung erzählten die jugendlichen Schauspieler auch von ihren persönlichen Erfahrungen.
Marius zum Beispiel hat miterlebt, wie eine Klassenkameradin schikaniert wurde. "Das Mädchen wurde gehänselt, weil sie sehr gut in der Schule war", berichtet er. Um zu helfen, warf Marius einen anonymen Zettel in den Kummerkasten. "Als rauskam, dass ich den Zettel geschrieben hatte, sind alle aus heiterem Himmel auf mich losgegangen", schildert Marius.
Es gebe häufig keinen konkreten Grund für Mobbing-Attacken, bestätigt Georges Knell von "Bee Secure", einem luxemburgischen Projekt, das Mobbing-Opfern hilft. "Durch das Internet werden Jugendliche zudem noch schneller zu Tätern. Die Hemmschwelle, einen Klassenkameraden zu schlagen oder ihm eine Gemeinheit ins Gesicht zu sagen ist größer, als einfach im Internet einen Kommentar zu schreiben", so Knell.
Etwa 34 Prozent der Schüler in Deutschland sind schon einmal Opfer von Cybermobbing geworden. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Münster und der Techniker Krankenkasse. Die Betroffenen seien verzweifelt, wütend und hoffnungslos, sagt Pieschl. Ihnen zu helfen, sei für Außenstehende nicht einfach. Pieschl rät Opfern, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es sei zudem wichtig, verletzende Nachrichten als Beweise zu sichern.
"Oft hilft auch der Seitenanbieter weiter. Das kann zwar etwas länger dauern, aber in der Regel sind die Anbieter sehr daran interessiert, Mobbing auf ihrer Seite zu stoppen", erklärt Pieschl. In gravierenden Fällen empfiehlt sie, Anzeige zu erstatten.
Das Projekt CASES möchte verhindern, dass es überhaupt zu Mobbing-Attacken kommt. Der Vorsitzende François Thill erklärt: "Wir möchten, dass sich die Menschen auf die Seite der Opfer schlagen und nicht zu den Tätern halten." Um dies zu erreichen, sei es wichtig, insbesondere Jugendliche für das Thema Mobbing zu sensibilisieren. sara

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