Vier Jahre Streit um den Filscher Bach

Trier · Die Renaturierung sorgt für Ärger im Höhenstadtteil. Ende Juni soll sie abgeschlossen sein. Ärger und Vorwürfe bleiben.

 Um diese Stelle dreht sich der Streit: Rechts kippt der Zaun von Valentin Weber, links des Bachs verbietet Aloys Dietzen die Bauarbeiten. TV-Foto: Lucas Blasius

Um diese Stelle dreht sich der Streit: Rechts kippt der Zaun von Valentin Weber, links des Bachs verbietet Aloys Dietzen die Bauarbeiten. TV-Foto: Lucas Blasius

Foto: LUCAS BLASIUS (h_st )

Früher stand er gerade, der Zaun von Valentin Weber. Seit einigen Jahren muss er jedoch mit Stangen gestützt werden. 2013 fing er an zu kippen. Damals wurde die Renaturierung des Filscher Bachs beschlossen, der direkt hinter Webers Garten verläuft. Die Idee war, den Bach aus seinen Betonschalen direkt hinter den Gärten der Filscher herauszunehmen und stattdessen einige Meter entfernt in einem sich schlängelnden Flusslauf den Hang hinunterzuführen. Doch schon bei den ersten Versuchen, die Betonschalen auszugraben, wurde der umgebende Boden brüchig und zu schwach, um Webers Zaun noch Halt zu geben.

Aktuell, vier Jahre nach Baubeginn, läuft das Wasser immer noch durch die Betonschalen. Und Webers Zaun kippt weiter. Die Stadt Trier verspricht für "Schäden, die nachweislich durch die Maßnahme auf privaten Grundstücken entstehen", aufzukommen. Die Anwohner und der Filscher Ortsvorsteher Karl-Josef Gilles beschweren sich indes über eine lückenhafte Kommunikation mit der Stadt.

Dass sich die Renaturierung so lange hinzieht, hat zwei Ursachen: Probleme mit einem Paket Glasfaserkabel der Telekom und Probleme mit einem Anwohner. Die Glasfaserkabel verlaufen dort, wo der renaturierte Bach unter der L 144 hindurchgeführt werden sollte. Verlegen kann man sie nicht. Nach Angaben der Stadt war das nicht vorhersehbar: Die Kabel lägen anders als auf den Plänen eingezeichnet. Die Telekom widerspricht dem. Inzwischen ist allerdings ein Ausweg gefunden: Der Bach soll oberirdisch über die Kabel fließen.

Noch keine Lösung gibt es im zweiten Fall: Anlieger Aloys Dietzen pflegt im Auftrag der Stadt einen der insgesamt drei Abschnitte der großen Wiese unterhalb des Filscher Friedhofs, über die der Filscher Bach verläuft. Wegen des Pflegevertrags betrachtet der Landwirt diese Fläche als sein Grundstück, über das er selbst verfügen kann. Entsprechend empört war Dietzen, als die Baumaßnahmen begonnen haben: Er beschuldigt die Stadt, ohne sein Einverständnis Bagger und Lastwagen auf seine Wiese geschickt und mit den Grabungen am Bach begonnen zu haben: "Ich habe damals nicht unterschrieben und habe es bis heute nicht."

Dabei war der Pflegenehmer Dietzen den Bauarbeiten zu Beginn gar nicht abgeneigt: "Ich hätte der Stadt das Grundstück sogar geschenkt." Im Gegenzug wollte er aber eine Baugenehmigung für ein anderes Grundstück. Diese Genehmigung hat die Stadt ihm bisher verweigert.

Auch über das genaue Verhältnis zwischen Dietzen und der Stadt gibt es Streit. Im Januar hat Dietzen von der Stadt einen Pachtvertrag und eine Gestattungserklärung zugesendet bekommen. Die Erklärung sollte er unterzeichnen, um den Renaturierungsmaßnahmen zuzustimmen. Im Anschreiben heißt es: "Bitte haben Sie Verständnis, dass wir den Pachtvertrag nur abschließen können, wenn uns die Gestattungserklärung vorliegt." Das sei Erpressung, sagt Dietzen. Er habe noch einen gültigen Vertrag als sogenannter "Pflegenehmer" und erhält von der Stadt dafür sogar Geld.

Als Pächter müsste er allerdings Pacht entrichten und zusätzlich den Umbau des Bachs bedingungslos tolerieren. Dietzen beklagt, dass man ihm bei der Stadt sowohl schriftlich als auch persönlich nicht mehr antworte.
Die Verwaltung beurteilt die Situation anders: Der Pflegevertrag wurde ihr zufolge "aufgrund der Renaturierung und der damit verbundenen Eingriffe und Veränderungen gekündigt mit der Option, die Flächen nach Fertigstellung erneut vom Landwirt pflegen zu lassen." Laut Stadt hat Dietzen schon seit 2012 keinen Anspruch mehr auf Flächen, die direkt an den Filscher Bach grenzen und von den Bauarbeiten betroffen sind. Die Stadt könne somit alleine über dieses Gebiet verfügen, das sie dem Landwirt vorher nur zur Verfügung gestellt habe. Allein am "zweiten Seitenarm des Baches" würden die Maßnahmen ein Grundstück von Dietzen berühren. Und da Dietzens Zustimmung zu den Arbeiten fehlt, solle der Nebenarm dort nur "naturnah ausgebaut" werden, heißt es bei der Stadt.

Am Bachlauf selbst wird mittlerweile wieder gearbeitet - der Unstimmigkeiten mit Dietzen zum Trotz. Die Stadt zeigt sich zuversichtlich, dass die Renaturierung bis Ende Juni abgeschlossen ist. Bisher haben die Bauarbeiten laut Stadt 100 000 Euro gekostet, letztendlich sollen die Gesamtausgaben bei 185 000 Euro liegen.

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