Gesellschaft Aus Susi wird Vincent

Trier · Vincent Maron wuchs als Mädchen auf. Viele Jahre spürte er, dass er anders ist. Nun hat sich der Trierer entschieden, künftig als Mann zu leben. Endlich fühlt er sich angekommen – obwohl der Weg, der vor ihm liegt, noch lang ist.

 Freut sich auf die Hormonbehandlung, die ihm ein eindeutig männliches Äußeres verschaffen soll: Vincent Maron.

Freut sich auf die Hormonbehandlung, die ihm ein eindeutig männliches Äußeres verschaffen soll: Vincent Maron.

Foto: Karin Pütz

Als Kind spielte Susi gerne mit Jungs und konnte mit Puppen nicht viel anfangen. Zusammen mit einem Bruder und einer Schwester ist sie in der Nähe von Koblenz aufgewachsen und hatte eine schöne Kindheit. „Meine Eltern haben mir immer das Gefühl gegeben, dass alles o.k. ist, wie es ist. Niemand hat sich darüber Gedanken gemacht – ich war einfach Susi, ein burschikoses Mädchen.“ Das sagt der heute in Trier lebende 30-jährige Vincent Maron, bei dem es sich um die Susi von damals  handelt. Vor kurzem hat er sich geoutet und will künftig als Mann
durchs Leben gehen.  Bis zu diesem öffentlichen Bekenntnis war es ein langer Weg.

Was dürfen Jungs, was machen nur Mädchen – bis zur   Pubertät hat Susi sich keine Gedanken darüber gemacht. Auch, als sie merkte, dass sie sich immer noch nicht mit den Themen der anderen Mädchen identifizieren konnte, machte sie das nicht zum Außenseiter. „Ich war witzig und jungenhaft. Das war meine Rolle: die Lustige, die nicht dem Schönheitsideal entspricht.“ Beim Thema Beziehung und Sexualität war Susi kein Ansprechpartner, sie war bis zum Abitur niemals verliebt. „Ich hatte immer das Gefühl, dass ich anders bin als andere. So, als müsse noch irgendetwas mit mir passieren, aber ich konnte das nie in Worte fassen“, versucht Maron, die Emotionen von damals zu erklären.

Zu Beginn des Studiums verliebte sich Susi in eine Frau und  dachte, das sei der Schlüssel zu allem: „Ich hatte das Gefühl, dass es passt und dass ich dann wohl lesbisch sein muss.“ Mit Anfang 20 engagierte sie sich beim schwul-lesbischen Zentrum SCHMIT-Z e. V. in Trier und beschäftigte sich mehr und mehr mit dem Thema Transsexualität.
Sie begann, für das querfeministische Frauenreferat zu arbeiten und
heiratete letztes Jahr ihre Lebensgefährtin. Doch sie war rastlos,
fühlte sich nicht stimmig. Der nähere Kontakt zu einem anderen Transmann brachte Klarheit. „Der ist wie Du“, sagte Vincents Frau und brachte den Stein ins Rollen. „Wenn man nackt vor dem Spiegel steht und genau weiß, man ist männlich oder weiblich, dann ist alles in Ordnung“, versucht Maron das Gefühl zu beschreiben. Er jedoch fühlte: Dort steht ein Mann. Beim Öffnen der Augen war da jedoch eine Frau. Vor einigen Monaten stand für Susi fest: „Ab sofort will ich auch öffentlich Vincent sein, jeder soll sehen, dass ich ein Mann bin!“ Ein schwerer  Schritt, der selbst in einem aufgeklärten und toleranten Umfeld Mut erfordert: „Ich hatte einfach Angst, dass jemand nicht damit umgehen kann.“

Doch diese Ängste waren unbegründet. Wenn Vincent Maron von den positiven Reaktionen erzählt, strahlen seine Augen.   Auch seine Mutter, die er als letzte Person von seinem Entschluss informierte, hatte Verständnis. „Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass Du noch nicht richtig angekommen bist. Hauptsache, es geht Dir jetzt gut“, habe sie gesagt. „Sie liest sich jetzt in das Thema ein, sie will darüber informiert sein“, sagt Maron und betont, wie wichtig ihm die Akzeptanz seiner Familie ist.

Dass er sich nach seinem Outing erleichtert und befreit fühlt,
spürt auch seine Frau. „Sie steht zu mir und will den Weg mit mir
gehen. Sie liebt mich als Mensch.“ Durch Erfahrungen anderer
Transsexueller weiß Maron, dass er für die endgültige Durchsetzung
seines Ziels noch viel Kraft braucht. Transsexualität zählt (zurzeit
noch) als Krankheit, die Indikation zur Geschlechtsangleichung muss von einem Psychotherapeuten bestätigt werden. Gutachten verschiedener Ärzte müssen erstellt, Amtsgänge wegen der Namensänderung gemacht und intime Fragen beantwortet werden.

Den Beginn der Hormontherapie kann Maron kaum erwarten. In einigen Monaten wird anhand einer tieferen Stimme, Bartwuchs und markanteren Gesichtszügen für jeden zu erkennen sein, dass er ein Mann ist. „Seit dem Moment, in dem ich
mich geoutet habe, fühle ich mich angekommen.“

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