Visionen mit Aussicht auf Erfolg

Trier-West · Es klingt visionär: Wohnen und Arbeiten auf einer Industriefläche. Was unvereinbar scheint, will die Entwicklungsgesellschaft Petrisberg zusammenbringen. In der Sitzung des Ortsbeirats Trier-West/Pallien hat sie nun ihre konkreten Nutzungsideen für das 3,7 Hektar große Bobinet-Gelände vorgestellt.

 Lichtdurchflutet und beliebig aufteilbar: In dieser ehemaligen Industriehalle sollen Wohnungen entstehen. Foto: Entwicklungsgesellschaft Petrisberg

Lichtdurchflutet und beliebig aufteilbar: In dieser ehemaligen Industriehalle sollen Wohnungen entstehen. Foto: Entwicklungsgesellschaft Petrisberg

Trier-West. Das pralle Leben zieht ins Bobinet-Gelände in Trier-West ein. In Halle 8 feiert am 27. August das Musical West-Side-Story des Theaters Trier Premiere. Wenn ab 10. Oktober die Tücher, die zurzeit die Fenster verhüllen, abgenommen sind, durchflutet Licht wieder die Halle, deren tonnenartige Sheddachstruktur (Shed- oder Sägezahndächer sind typisch für große Fabrikhallen) Jan Eitel auf den ersten Blick bezaubert hat. Eitel ist Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft Petrisberg (EGP), die das Bobinet-Gelände gekauft hat (der TV berichtete).
Industriellen Charme erhalten



Rein gewerblich soll Halle 8 künftig genutzt werden. Eitel denkt da etwa ans Thema Auto, was gut zu den Betrieben in der Nachbarschaft passen würde. Gewerbe soll künftig auch in die Hallen 4 und 6 ziehen. "Wir sind im Gespräch mit möglichen Nutzern", sagt Eitel. Dort ziehe die Höhe der Gebäude besonders Interessenten aus der Kreativwirtschaft an. Variable Raumgrößen sind in Halle 1 möglich. Sie eigne sich wegen der beidseitigen Belichtung gut für Büro-Lofts, Studios oder Ateliers, sagt Eitel. Denkbar sei dort das Thema Co-Working. Dabei würden Arbeitsplätze auf Tages-, Wochen- oder Monatsbasis für kleine Firmen oder Freiberufler zur Verfügung gestellt und so die Bildung einer Gemeinschaft ermöglicht.
Visionär - genauso wie die Idee, mitten auf dem ehemaligen Industriegelände Wohnungen anzubieten. "Eine Idee, die viele Diskussionen ausgelöst hat", sagt Eitel. Doch die Kombination Wohnen und Arbeiten habe der EGP bereits auf dem Petrisberg Vorteile gebracht, weil sie Investoren anlocke. Die riesigen Räume in den Hallen 2, 3 und 5 sind hoch, Fensterfronten lassen reichlich Licht ein, und die Stahlbetonpfeiler lassen eine beliebige Aufteilung zu. So könne er Angebote schaffen, die alles ermöglichen, sagt Eitel. "Die Kunst liegt darin, den industriellen Charme der Räume zu erhalten."
Saniert und umgebaut werden soll auch das Verwaltungsgebäude, abgerissen hingegen die Werkstätten, die Kantine im Eingangsbereich sowie Halle 7. Dort könnte ein Neubau entstehen, sagt Eitel in der Sitzung des Ortsbeirats Trier-West/Pallien im Dechant-Engel-Haus. Den Bereich zwischen den Hallen könnte er sich als Quartiersplatz vorstellen. Teile der benachbarten Halle 9 könnten als überdachte Parkfläche genutzt werden. Der gesamte Innenbereich solle weitgehend verkehrsfrei werden, eine Erschließungsstraße von der Straße Im Speyer bis zum Ausbesserungswerk führen. Mit dem Besitzer dieses Geländes gebe es einen richtig guten Kontakt bezüglich einer abgestimmten Planung, sagt Eitel. Eine Unbekannte bei den Planungen sei die Führung der B 51neu. Der Masterplan sieht eine Trasse durch das Bobinet-Gelände und das Ausbesserungswerk vor. Eitel bevorzugt jedoch, sie vor dem Gelände auf die Luxemburger Straße zu führen. Eine Verkehrsuntersuchung für den Stadtteil West solle nach der Sommerpause Klarheit schaffen, sagt Eva-Maria Weiß vom Stadtplanungsamt. Die Offenlage des Bebauungsplan BW 61 "Erzener Straße, Im Speyer, Über Brücken" sei für Herbst geplant, der Satzungsbeschluss für Anfang 2012.
"Wir wollen keine Visionen entwickeln, sondern marktgerechte Angebot", sagt Eitel. "Bei den Wohnungen sind wir in der Planung schon sehr weit." Die Bauanträge seien in Arbeit. "Sobald die Genehmigungsgrundlage vorliegt, legen wir los."
Die Entwicklungsgesellschaft Petrisberg (EGP) hat im Oktober vergangenen Jahres das Bobinet-Gelände in Trier-West gekauft. Entstehen soll in den kommenden zehn Jahren ein neues Gewerbe- und Wohnviertel - "ohne einen Cent Fördermittel", wie EGP-Geschäftsführer Jan Eitel betont. Rund 15 Millionen Euro will die EGP in die Sanierung, den Umbau und die Erschließung des Gebäude und des rund 37 000 Quadratmeter großen Geländes investieren. Die Stadt trägt 35 Prozent der Anteile in der EGP. Vorsitzende des Aufsichtsrats ist Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani. Die Firma Bobinet wurde 1950 gegründet und stellte bis Anfang der 1990er Jahre insbesondere Gardinen, anschließend bis 1992 Autositzbezüge und Textil-Verkleidungen für die KFZ-Branche her. In Hochzeiten arbeiteten bis zu 800 Menschen auf dem Gelände. 1999 übernahm dann Eybl International die Produktion, die sie Ende 2009 in Trier einstellte. mehi

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