Vorzeigeprojekt geht in nächste Runde

Trier · Bis 2018 wurde die Bundesförderung für das Apag-Projekt in Trier verlängert. Der Kampf gegen den funktionalen Analphabetismus wird jetzt auf Flüchtlinge und Azubis ausgeweitet. Dafür werden ehrenamtliche Lernpaten gesucht.

Trier. Jeder zehnte Deutsche kann so schlecht lesen und schreiben, dass er zur Gruppe der funktionalen Analphabeten gezählt wird - und die Mehrzahl von ihnen ist berufstätig. Diese Zahlen aus einer bundesweiten Studie haben dazu geführt, dass 2012 in Trier das bundesweite Pilotprojekt Apag ins Leben gerufen wurde, finanziert durch Mittel des Bundesbildungsministeriums. Die Abkürzung steht für "Arbeitsplatzorientierte Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener". Das Projekt ist bei der Stadt Trier unter anderem an die Volkshochschule (VHS) und das kommunale Bildungsmanagement angedockt. Lerntreffs und Multiplikatoren

Durch die Bundesförderung für den ersten Projektzeitraum (2012 bis 2015) konnten viele neue Wege beschritten werden, um die Betroffenen vor Ort zu erreichen und ihnen Lesen und Schreiben näher zu bringen. In der VHS am Domfreihof wurde ein Lerntreff eingerichtet, wo funktionale Analphabeten an Laptops selbst lernen können. In Trier-West und Kürenz wurden Lerncafés eingerichtet, in Trier-Nord und Ehrang kümmern sich ehrenamtliche Paten im "Lerntandem" um die Lernenden. So entstanden 27 Patenschaften. Zudem wurden zahlreiche Multiplikatoren geschult und für das Problem, das immer noch ein Tabuthema ist, sensibilisiert. Nun wurde die Bundesförderung für Apag aufgrund der positiven Ergebnisse bis 2018 fortgesetzt. Wie das Projekt fortgeführt wird, wurde am Donnerstag den Projektpartnern präsentiert. Vier hauptamtliche Stellen kümmern sich nun um Apag II. Kaum berufliche Perspektiven

Neben den bisherigen Schwerpunkten geht es nun vorrangig um zwei weitere Gruppen: Auszubildende sollen mit der Handwerkskammer im überbetrieblichen Ausbildungszentrum Kenn betreut werden. "20 Prozent aller Jugendlichen kommen in Sachen Lesen und Schreiben nicht über die niedrigste Kompetenzstufe heraus, neun Prozent sind funktionale Analphabeten", betont Sozialdezernentin Angelika Birk - und erläutert die weitreichenden Folgen: "In der modernen Arbeitswelt haben sie kaum berufliche Perspektiven." Für diese Azubis soll in Kenn ein Lerntreff eingerichtet werden, wo auch Lernpaten mit den jungen Arbeitnehmern lernen werden. "Zudem wollen wir Multiplikatoren von Berufsschulen gewinnen und langfristig ein Lerncafé errichten", sagt Annelie Cremer, die schon im ersten Apag-Projekt tätig war.Trierer Bündnis seit 2011

Zweite neue Zielgruppe sind Flüchtlinge, die künftig durch ehrenamtliche Lernpaten (siehe Extra) beim Erwerb der deutschen Sprache unterstützt werden sollen. Mit dem Apag-Projekt sollen sie auf Deutschkurse vorbereitet und dann flankierend betreut werden. Dieses Teilprojekt wird von der Nikolaus-Koch-Stiftung finanziell gefördert. Schon seit den 1980er Jahren hatte sich die VHS Trier um die Gruppe der funktionalen Analphabeten in der Stadt mit Lese- und Schreibkursen gewidmet. "Dieses Phänomen ist auch heute leider keine Randerscheinung", betonte Birk. Gerade durch das Apag-Projekt und gemeinsam mit dem Alphabund gegen Analphabetismus wurde das Problem in Trier öffentlich gemacht - unter anderem durch das 2011 ins Leben gerufene "Trierer Bündnis für Alphabetisierung und Grundbildung". Nun soll durch Apag II auch der Wissenstransfer über die Region hinaus für andere Städte intensiviert werden. grundbildung.trier.deExtra

Das Apag-Projekt sucht ehrenamtliche Lern- und Lesepaten, die Lernende in Sachen Lesen und Schreiben unterstützen. Standorte für diese Lerntandems sind der Lerntreff in der Stadtbibliothek am Domfreihof und die Handwerkskammer-Lehrwerkstatt in Kenn. Möglich sind darüber hinaus Trier-Nord, Trier-West, Am Weidengraben oder Ehrang. Einsatzmöglichkeiten sind das Lernen mit Auszubildenden, Erwachsenen, die im Beruf stehen oder einen Job suchen, sowie mit Flüchtlingen, die Deutsch als Zweitsprache erlernen. Lernpaten erhalten eine Einführung, Beratung und Begleitung während der Tätigkeit als ehrenamtliche Lernbegleitung sowie Fortbildungsmöglichkeiten. BP Weitere Informationen und Anmeldung bei Apag per E-Mail apag@trier.de oder Telefon 0651/718-2441.

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