Literatur Lesung: Wie es sich früher in Trier lebte

Trier · Walter Blasius zeigt Milieureportagen aus der Region und historische Fotografien in einem neuen Buch.

 Horst Lachmund (links) präsentiert das Buch „Trier Skizzen und Bilder“ in der städtischen Bibliothek mit Walter Blasius, dem Herausgeber.

Horst Lachmund (links) präsentiert das Buch „Trier Skizzen und Bilder“ in der städtischen Bibliothek mit Walter Blasius, dem Herausgeber.

Foto: Hans Krämer/HANS KRAEMER

Horst Lachmund nimmt die Hörer einer Lesung mit auf eine unterhaltsame Zeitreise ins Trier vor mehr als 100 Jahren. Denn, wie er sagt: „Wer die Gegenwart richtig einschätzen will kommt nicht umhin, sich mit der Geschichte zu befassen.“

Dieses Bild malt er vor dem inneren Auge der Gäste: „Sieht man über das bunte Gewoge des Marktes hinüber zur Porta Nigra, die ein wunderbares, ornamentales Juwel in dem eigenartigen Gebäuderahmen darstellt, dann begreift man rasch, wie noch bis in unsere Tage ein gute Dosis römischer und romanischer Rasse in dem Blute dieser Bevölkerung steckt und sogar so dreist ist, auf vereinzelte Frauenlippen dunklen Bartflaum zu zaubern, wie man ihn artige auch nicht im Wallonen- und Franzosenlande findet.“ Heiteres Gelächter im Lesesaal der Stadtbibliothek Trier.

Die Worte stammen ursprünglich aus der Feder von Hermann Ritter. Diese Berichte hat Walter Blasius in einem neuen Werk zusammen mit historischen Fotografien veröffentlicht. Lachmund liest an diesem Abend aus dem neuen Werk.

Ritters Berichte gehen unmerklich in Geschichten und bisweilen in Anekdoten über. In ihnen verbergen sich immer auch nüchterne Auseinandersetzungen mit der Epoche, mit der Zeit. Was als Feuilleton beginnt, erweist sich oft als Essay. Walter Blasius kam es gelegen, dass Hermann Ritters Buch „Trierer Skizzen und Bilder“ ein vergriffenes Werk war. Nirgendwo war es noch zu finden, bis dass er es erneut aus der Taufe hob und das Buch in Eigenregie neu herausbrachte.

Angereichert mit seiner privaten Sammlung lokalhistorischer Fotografien und Bilder. „Das tut mir weh, wenn die keiner sieht und sie in Vergessenheit geraten.“ Daher habe er sich verschiedene Themen gesucht, zu denen er die Bilder wieder in Umlauf bringen konnte. Es ist sein drittes Buch.

Für Blasius war Hermann Ritter ein Zufallsfund. Im Antiquariat am Dom ist ihm das Buch einmal in die Finger gekommen, ohne dass er wusste, welche Verwendung er dafür einmal haben würde. „Meine Art alles zu sammeln ist ein bisschen bescheuert, aber so bekam ich Geschichten und einen großen Fundus an Bildermaterial. So konnte ich die Geschichten neu aufleben lassen“, sagt er im Gespräch mit dem TV. „Ich erhoffe mir dadurch, dass Trierer Lehrer Hermann Ritter in ihrem Unterricht behandeln. Ich finde diese Texte hervorragend um Schülern die Geschichte Triers näherzubringen.“

Die eigene Gegenwart beschreibend wanderte Hermann Ritter Anfang des 20. Jahrhunderts durch Trier, die Umgebung und die Weinanbaugebiete Deutschlands. Er selbst sprach von seinen Beiträgen auch von „Augenblicksschöpfungen“. Journalisten hätten ihn als „rheinischen Fontane“ gefeiert und in der Buchbesprechung einer Zeitung habe ihn ein Rezensent auf eine Stufe mit Peter Rosegger gestellt „und mehrere Meter über verschiedene Tagesgötzen“, erklärt Lachmund. Er ist der Verfasser des Vorworts von Blasius‘ Buch.

„Das sind ja geniale Aufnahmen“, heißt es aus dem Publikum, als Blasius während der Lesung Fotografien aus damaliger Zeit präsentiert: Bilder vom Hauptmarkt im Jahre 1904. Kutschen, Pferde, Handkarren, Marktkreuz und Petrusbrunnen, geschäftiges Treiben, Marktstände, Feilbieter und Marktschreier. Fast wie heute. Nur eben vor 100 Jahren.

Das Antiquariat von Karl-Heinz Zaunmüller in der Neustraße vertreibt das von Blasius illustrierte Buch mit 24 Geschichten Hermann Ritters in der Neustraße. Es kostet 30 Euro.

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