Weihnachtsmarkt: Stadt hat kein Mitspracherecht

Trier · Mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht hat ein Händler erzwingen wollen, dass eine Privatfirma nicht alleine bestimmen darf, wer auf dem Trierer Weihnachtsmarkt Waren verkauft. Doch der Vertrag, der zwischen der Stadt und der Firma Bruch besteht, sieht kein Mitspracherecht für die Trierer Verwaltung vor.

 Beliebtes Sammelobjekt: Glühwein- und Punschtassen vom Trierer Weihnachtsmarkt. TV-Foto: Roland Morgen

Beliebtes Sammelobjekt: Glühwein- und Punschtassen vom Trierer Weihnachtsmarkt. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. 68 500 Grußkarten mit einer Ansicht des Trierer Weihnachtsmarkts hat das deutsche Auswärtige Amt im vorigen Jahr mit winterlichen Grüßen ins Ausland verschickt. "Ich freue mich sehr, dass Postkarten mit dem Motiv unseres Marktes in alle Welt versandt werden", erklärte Oberbürgermeister Klaus Jensen damals. Das "unser" war dabei allerdings keinesfalls so zu verstehen, als dass die Stadtverwaltung irgendein Mitspracherecht hätte bei dem weit über die Region hinaus bekannten Trierer Weihnachtsmarkt. Denn der Markt wird alleine von der "Arbeitsgemeinschaft Trierer Weihnachtsmarkt" veranstaltet.
Hinter der AG steckt einzig die Firma Oskar Bruch, die wiederum mittlerweile alleine von Angela Bruch geführt wird. "Angela Bruch ist daher die Arbeitsgemeinschaft Trie rer Weihnachtsmarkt", stellte denn auch Richter Georg Schmidt, Richter und Präsident des Trierer Verwaltungsgerichts, am Dienstag leicht lakonisch fest. Schon beim ersten Weihnachtsmarkt vor mehr als 30 Jahren war die Firma Bruch Veranstalterin - und hat seitdem einzig und alleine Einfluss darauf, wer Baumschmuck, Keramik, Glühwein oder Bratwurst dort verkaufen darf und wer nicht.
Dagegen geklagt hatte ein Händler italienischer Lebensmittelspezialitäten, der sich seit Jahren erfolglos um eins der 95 Verkaufshäuschen bewirbt. Roberto Cortella wollte vom Gericht feststellen lassen, dass die Stadt auf die Händlerauswahl Einfluss nehmen müsse, um Willkür und Ungleichbehandlung durch die Firma Bruch vorzubeugen. Richter Schmidt machte dem Inhaber der Bella-Italia-Group darauf allerdings keine Hoffnung, worauf Cortella schon während der Verhandlung die Klage zurückzog.
Der hessische Verwaltungsgerichtshof hatte zwar 2009 geurteilt, dass die Stadt Offenbach ihren Weihnachtsmarkt nicht komplett in die Hände eines Privaten geben darf. "Allerdings war der Offenbacher Markt vor der Privatisierung eine städtische Veranstaltung", erklärte Richter Schmidt, "daraus ergibt sich eine ganz andere öffentliche Pflicht zur Daseinsfürsorge für Markt und Händler als beim Trierer Weihnachtsmarkt, der seit jeher privat organisiert ist."
Aus der Verantwortung ließ das Gericht die Stadt allerdings nicht: Richter Schmidt formulierte deutlich, dass das Rathaus prüfen müsse, ob es überhaupt rechtlich zulässig war, die Organisation des Weihnachtsmarkts "freihändig" komplett an die Firma Bruch zu übergeben (der Vertrag läuft noch bis 2016), oder ob ein Markt mit einem so großen Umsatzvolumen nicht hätte europaweit ausgeschrieben werden müssen. Das Gericht forderte die Vertreter der Stadtverwaltung, die zum Verhandlungstermin gekommen waren, außerdem auf, mit der Firma Bruch das Gespräch zu suchen: Mindestens zwei Monate vor Marktbeginn müsse die Veranstalterin künftig Bewerbern eine schriftliche Begründung liefern, warum sie für den Weihnachtsmarkt zugelassen würden oder nicht.Meinung

Keine heilige Kuh
Der Trierer Weihnachtsmarkt ist wunderschön! Aber welcher Händler an welcher Ecke welche Kerze und welche Wollmütze anbietet, ist so vorhersagbar wie dass der Heilige Abend auf den 24. Dezember fällt. Nicht nur deshalb sollte sich der Stadtrat mit ein paar Fragen beschäftigen, bevor der Vertrag mit der Firma Bruch wieder verlängert wird: Wie objektiv kann Bruch andere Händler auswählen, wenn sie selbst mit Glüh- und Bratwurststand sowie den Kinderkarussells mehrere Stände betreibt? Und wieso bezahlt Bruch nur 31 500 Euro Gebühr an die Stadt und darf dafür vier Wochen lang Hauptmarkt und Domfreihof komplett und zu - wie man hört - horrenden Standpreisen vermarkten, wenn doch schon ein Gemüsehändler für seinen fünf mal einen Meter großen Marktstand auf dem Viehmarkt täglich 125 Euro Gebühr an die Stadt zahlen muss? Wie gesagt: Der Trierer Weihnachtsmarkt ist schön. Aber er ist keine heilige Kuh, die nicht kritisch hinterfragt werden darf. c.wolff@volksfreund.de

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