Prozess wegen versuchtem Totschlag in Feyen Weitere Zeugin macht 180-Grad-Wende

Trier · Versuchter Totschlag lautet die Anklage gegen einen Mann, der seine Lebensgefährtin in Feyen angegriffen haben soll. Nachdem das mutmaßliche Opfer alle belastenden Aussagen zurückgenommen hat, äußert sich auch die Halbschwester anders.

 Die Justitia am Trierer Justizgebäude.

Die Justitia am Trierer Justizgebäude.

Foto: Friedemann Vetter

Der Tatbestand schien bei Prozessbeginn Anfang Dezember klar: Ein 34-Jähriger soll im Juni 2018 seine langjährige Lebensgefährtin in ihrer Feyener Wohnung erst mit einer Metallstange attackiert und ihr anschließend mit dem Fuß auf den Hals gedrückt haben. Die 39-jährige Mutter von den fünf gemeinsamen Kindern erlitt schwere Verletzungen. Motiv: Eifersucht. Vorwurf der Anklage: Versuchter Totschlag.

Die Ermittlungsakten sprachen für sich: Unbeteiligte Nachbarn hatten das Gesehene und Gehörte jenes Juniabends zu Protokoll gebracht. Dazu kamen Aussagen vom kleinen Sohn des zu dem Zeitpunkt schon getrennt lebenden Paars. Der Junge war vermutlich unmittelbarer Zeuge des Angriffs vom Vater gegen die Mutter geworden. Die bisher in vier Verhandlungstagen gehörten Polizeibeamten präsentierten Seitenweise Protokolle von Zeugenanhörungen, die das Geschehen eher bestätigten.

Das mutmaßliche Tatopfer tritt in dem Verfahren als Nebenklägerin auf. Doch inzwischen stellt sich die Frage nach dem Warum. Am vierten Verhandlungstag hatte die Aussage der Frau – der vermeintlichen Hauptbelastungszeugin – im Zentrum gestanden. Doch statt der erwarteten Generalabrechnung erzählte sie eine verworrene und widersprüchliche Entlastungsgeschichte zugunsten des Angeklagten, obwohl sie mehrfach auf ihre Wahrheitspflicht hingewiesen worden war (der TV berichtete). Zusammengefasst spielte sie den Vorfall vom 2. Juni 2018 als Unfall herunter – sie sei in der Hast über einen Kinderwagen im Flur gestolpert, gefallen und erst wieder im Krankenhaus aufgewacht. Ein krasser Widerspruch zu den schwerbelastenden Aussagen, die sie kurze Zeit nach dem fraglichen Abend den Ermittlern zu Protokoll gegeben hatte.

Am jüngsten Verhandlungstag stand die Anhörung der Halbschwester des mutmaßlichen Tat­opfers im Mittelpunkt. Auch sie hatte nach Angaben der Ermittler den Angeklagten unmittelbar nach dem Geschehen auf das Schwerste belastet. Damals gab sie an, dass der von Eifersucht geplagte Mann von Rumänien kommend sie noch kurz besucht habe, bevor er zu seiner Lebensgefährtin nach Feyen weiterzogen sei. Als er weg war, habe sie die Halbschwester angerufen und vor seinem Kommen gewarnt. Laut Vernehmungsprotokoll endete das Gespräch mit einem Schrei ihrer Halbschwester. „Aua! Aua!“ habe sie gerufen, dann sei das Handy weggeflogen. Soweit ihre Aussage vom Juni vor der Polizei.

Am jüngsten Verhandlungstag kann sich die Zeugin nicht mehr daran erinnern. „Ja, er war kurz bei mir gewesen und wirkte traurig“, sagt sie. Und was mit der Aussage vor der Polizei über die „Aua-Schreie“ sei, wird sie gefragt. Antwort: „Da war ich wohl im Stress.“ Sie will auch nicht die beleidigenden und bedrohenden Facebookmitteilungen von ihm bestätigen, die ihr die Halbschwester gezeigt hatte. Dazu ein Kripobeamter, der das sichergestellte Handy der Verletzten untersucht hatte: „Die Einträge waren auf Rumänisch, sodass wir eine Dolmetscherin benötigten. Es waren teilweise so massive Beleidigungen, dass die Frau Hemmungen hatte, sie wortgetreu zu übersetzen.“ Von der Zeugin abgestritten werden auch die Angaben des kleinen Sohnes des Paares, die sie noch nach dem Geschehen zu Protokoll gegeben hatte. Darin schildert der Junge den Angriff des Vater gegen die Mutter so, wie er ihn unmittelbar erlebt haben muss.

Schließlich wird auch diese Zeugin von der Vorsitzenden Richterin Petra Schmitz und Oberstaatsanwalt Eric Samel verwarnt und auf ihre Wahrheitspflicht hingewiesen. Die Frau windet sich und meint abschließend: „Ich bin am Ende – ich bin jetzt fertig.“ Darauf Ankläger Samel: „Und ich bin jetzt auch fertig und für heute am Ende.“

Am Ende scheint auch die Suche der Kammer nach dem Vater des Angeklagten zu sein, der sich in Frankreich aufhält. Der Vater hatte nachweislich am 2. Juni seinen Sohn zum Haus der Lebensgefährtin in Feyen begleitet und wäre vielleicht ein wichtiger Zeuge. Doch wie die Vorsitzende Richterin berichtet, sind alle Versuche, ihn im Nachbarland zu finden, im Sande verlaufen.

Die Verhandlung wird heute, Mittwoch, 16. Januar, 9 Uhr, fortgesetzt.

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