Wie der "rosa Karneval" zum Kult wurde

TRIER. Die Katastrophe, der Ärger, der Zusammenstoß scheinen programmiert. Ein anti-karnevalistischer Hetero besucht die "Internationale Liebeskonferenz", den – dreimal ausverkauften – schwul-lesbischen Karneval in der Tufa. Kann das funktionieren? Es kann, denn Humor ist erfreulich liberal.

 Wenn Sexministerinnen auf der Bank des Elferrats sitzen, ist der Karneval rosa.

Wenn Sexministerinnen auf der Bank des Elferrats sitzen, ist der Karneval rosa.

Foto: Foto: Jörg Pistorius

Der rosa Karneval in der Tufa, der im Jahr 2000 Premiere feierte, hat mittlerweile Kultstatus in Trier. Unter dem Motto "Karneval mal andersrum" traf sich damals die Szene, um schrill, bunt, kitschig oder auch bitterböse ihre Version des Karnevals zu feiern.Beliebter Tabubruch

Gestandene Karnevalisten lächelten spöttisch oder schimpften erbost über diesen Tabubruch. Tunten und Lesben sind doch keine Karnevalisten! Sind sie doch. Es sprach sich nämlich schnell herum, dass die Schwule Männerinitiative Trier (SchMIT) eine unterhaltsame Geschichte auf die Beine gestellt hatte. Die Leute, auch Heteros, wollten das Programm sehen, und das wollen sie auch heute noch. Der volle Tufa-Saal bebte vor Begeisterung. Drei Sitzungen waren am Wochenende restlos ausverkauft, eine vierte wird am 25. Februar folgen.

Im Vergleich mit dem rosa Publikum sind viele traditionelle Karnevalsveranstaltungen kreuzbrav und gesittet. In der Tufa wird weniger geschunkelt als ekstatisch auf den Tischen getanzt. Sitzungspräsident(in) Bertram Schreiner sieht aus wie die Tochter von Liza Minelli und Bud Spencer und hat sein Publikum derart im Griff, dass man ihn nur dafür bewundern kann. Die Bildhaftigkeit seiner Darbietungen fordert dem Zuhörer eine gewisse Standfestigkeit ab: "So ein Abend in der Sauna ist für Tunten schick und fein, doch zwei schwule Jungs aus Ruwer trau's sich da doch gar nicht rein." Passt zur Melodie der "drei kleinen Italiener". Einer erzählt hinter vorgehaltener Hand, viele der Darbietungen würden auf realen Hintergründen beruhen. Gut. Es gibt Dinge, die man nicht so genau wissen will.

Der rosa Karneval hat natürlich keine niedlichen Tanzmariechen, sondern Zwei-Meter-Geschosse mit der Grazie eines wütenden Nashorns. Den Saal kümmert es nicht, er tobt trotzdem oder gerade deswegen. Manche Nummern sind wirklich böse: Bruder Blasius bittet zur Aufnahmeprüfung in der Priester-Zulassungs-Stelle. Doch auch dem traditionellen Karneval hat man doch mal nachgesagt, er würde vor nichts halt machen.

Frau Koslowsky und Anton aus Tirol

Viele Aktive haben sich gewünscht, nur mit den Vornamen genannt zu werden. Alex Rollinger, die Sexministerinnen Nele, Caro und Stefan, Präsidentin Bertram Schreiner, Christian als Mariechen, Klaas Michel als Frau Koslowsky, Thomas als Mirabelle Malheur, Christian als Kylie Minogue, Alex zusammen mit Thomas, Philippe und Sören im Sketch "Priesterzulassungsstelle", Caro und Didi im Liebesduett, Edgar als Fußballfan, Thomas mit Jörg, Peter und Jutta (Ruslana), Sören als Professor, Margo als Shirley Bassey, Edgar mit Christian und Alex im Krankenhaus, Ottmar mit Stefan, Jörg und Thomas als Anton aus Tirol, Didi und Edgar als der große Didini, Kerstin mit Maria, Thomas, Nicola und Marco als Abba und Madonna, Marco mit Caro, Nina, Detlef, Sunny, Nicola, Nik, Mario und Kerstin in Stömp, Christian mit Edda und Alex in den 50ern, Nele als kastrierter Kater, Susi als Chris Roberts, Hariet in How do you do, die Karnevalsgarde Aach, Jutta mit Jörg, Thomas, Peter, Lore und Karin in Brasil, Christian mit einem Liebeslied, Didi als Wolfgang Petry, Margo und Stefan, Edgar, Hariet, Didi, Sören in Nordamerika, Alex und Nina, Detlef, Nicola, Nik, Stina und Sunny in Down under, Nele und Thomas, Philippe, Sebastian, Leo in Hongkong, Caro und Marco mit Maria und Kerstin in Afrika, Günter und Thomas, Jörg, Stefan, Jutta, Wilfried und Peter in Südamerika, Klaas und Christian, Nadine, Susi und die Garde in "Ein Festival der Liebe".

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