Zeig mir dein Fahrrad, und ich sag dir, wer du bist

Trier · Am Freitag ist der Europäische Tag des Fahrrads. Auch in Trier sind viele Menschen mit dem Rad unterwegs. Verschiedene Typen von Radlern erzählen, warum sie das Velo bevorzugen - und auf welche Herausforderungen sie im Stadtverkehr stoßen.

Trier. Es gibt viele Gründe dafür, öfter mal das Rad zu benutzen. Radfahren ist günstig, umweltschonend und hält fit. Andererseits stehen aber gerade Radler im Straßenverkehr vor vielen Herausforderungen. Der Europaweite Tag des Fahrrads am 3. Juni steht seit 1998 für mehr Präsenz der Velos.
In Trier gestaltet sich die Ausgangslage für Radler aufgrund der topographischen Bedingungen grundsätzlich anspruchsvoll. Der Talkessel und die Höhenstadtteile verlangen sportlichen Einsatz von den Radfahrern. Der Trierer Kreisverband des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) kennt weitere Hürden in der Stadt. "Der große Knackpunkt hier ist, dass die Fußgängerzone eine Barriere bildet", berichtet der zweite Vorsitzende Johannes Ulbrich. Ab 11 Uhr müssen die Radler absteigen und ihr Velo durch die Innenstadt schieben.
Ein weiteres Manko in Trier ist das Fehlen von größeren und qualitativ hochwertigen Abstellanlagen. Da die vorhandenen Bügel an zentralen Plätzen meist überfüllt sind, werden Räder gerne an freien Laternenmasten befestigt. Optisch geht dies zulasten eines geordneten Stadtbilds.
Nach Ansicht von Ulbrich kämpften Radler im Straßenverkehr nach wie vor um Anerkennung. In der Regel würden Autofahrer zu wenig Rücksicht auf Velos nehmen und den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand nur selten einhalten. Der ADFC weist darauf hin, dass die größten Gefahren aber auf Radwegen lauern, da Radler dort leichter übersehen werden. "Auf der Fahrbahn ist man immer noch am sichersten aufgehoben" erklärt Ulbrich. Der ADFC Trier setzt sich daher für die Abschaffung benutzungspflichtiger Radwege ein. Ulbrich unterstreicht aber, dass sich auch die Velonutzer an die Regeln halten müssten. Auf dem Gehweg hätten erwachsene Radler nämlich nichts verloren.

Die Schönwetter-Fahrerin
Annette Geibel erledigt viele Dinge mit dem Rad: Egal ob sie zur Arbeit fährt, Besorgungen macht oder abends weggeht - das Velo ist für sie ein praktisches Fortbewegungsmittel. Das gilt allerdings nur, wenn auch das Wetter stimmt. Während sie im Sommer vier- bis fünfmal die Woche ihr Fahrrad nutzt, greift sie in den ungemütlicheren Jahreszeiten und bei Regen doch lieber auf das Auto zurück. Auch wenn sie ihre Kinder oder viele Dinge transportieren muss, findet sie das Rad eher ungeeignet.
Die Hauptstrecke der 42-Jährigen liegt zwischen ihrem Wohnort im Maarviertel und ihrer Arbeitsstelle in der Europäischen Rechtsakademie. Sie selbst bezeichnet sich daher als Stadtfahrerin. Im Vergleich zu anderen deutschen Städten könnten die Verbindungen in Trier allerdings besser ausgebaut sein. "Es gibt viele tolle Fahrradwege an der Mosel, aber es gibt wenige gute Wege, die einen durch die Stadt bringen", erzählt Geibel. Die Einschränkungen in der Fußgängerzone hält sie dennoch für notwendig, um Passanten nicht zu gefährden.

Der Sportsmann
Sport ist immer gut. Ob Laufen, Schwimmen oder Wandern - Professor Dr. Titus Kaldenbach hat sich da nicht festgelegt. Momentan ist aber das Fahrrad sein meistgenutztes Trainingsgerät. Um sein tägliches Sportprogramm zu absolvieren, fährt der 42-jährige Arzt nur noch mit dem Rad zur Arbeit. Jeden Tag legt er so die Strecke von seinem Zuhause auf dem Petrisberg bis zu seiner Arbeit im Mutterhaus zurück. Hier nutzt er die Kessellage der Stadt für seine Bedürfnisse: Auf dem Weg zur Arbeit ist er nicht geschwitzt und angestrengt, auf dem Heimweg kann er sich dagegen so richtig verausgaben.
Die Bedingungen für Trierer Radfahrer hält Kaldenbach eindeutig für verbesserungsbedürftig. Die Einschränkungen in der Fußgängerzone stellen ihn jeden Tag vor neue Herausforderungen: "Man sucht sich dann Schleichwege, um geradere Strecken zu finden. Das ist schon kompliziert", berichtet der Vielradler. Auch das Verhältnis zu Autofahrern findet der Arzt oft schwierig. Er wünscht sich, dass Radler endlich als gleichwertige Verkehrsteilnehmer gesehen werden.

Die Überzeugungstäterin
Astrid Beicher muss nicht lange überlegen, um zu erklären, warum das Velo ihr Verkehrsmittel Nummer eins ist: "Man kommt überall hin, man braucht keinen Parkplatz zu suchen, man hat Bewegung, und es ist ökologischer" listet sie auf. Die 48-jährige Pädagogin nutzt daher ihr Fahrrad, wann immer es möglich ist. Von ihrem Zuhause in Trier-Pallien radelt sie fast täglich zur Arbeit, zum Einkaufen und in die Stadt. Weil die Familie nur ein Auto hat, ist die Vielfahrerin darauf eingestellt, bei Wind und Wetter im Fahrradsattel zu sitzen. Letzten Winter musste Beicher oft bei Schnee und Eis fahren. Auch Stürze konnten sie da nicht vom Radeln abhalten.
Als erfahrene Radfahrerin kennt Beicher den Straßenverkehr in Trier. Sie findet, dass die Radwege deutlich besser ausgebaut werden müssten. Da einige Wege einfach abgeschnitten wären, gäbe es viele gefährliche Stellen auf ihren täglichen Strecken. Die Verbesserung der Radinfrastruktur hätte zudem den positiven Effekt, dass mehr Leute auf ein Velo umsteigen würden. Dies sei dann auch dauerhaft ökologischer.

Der Experte
Das Fahrrad ist nicht nur die Leidenschaft von Frank Heidemann, sondern auch sein Beruf. Der 43-Jährige ist seit 22 Jahren in der Radbranche tätig und hat vor dreieinhalb Jahren sein eigenes Geschäft in Trier eröffnet. Seither hat er so viel zu tun, dass er selbst kaum noch zum Radeln kommt. Mit seinem Interesse am Velo steht er zu Hause keineswegs alleine da. Seine Frau war früher Rennrad-Profi, und auch die drei Kinder wachsen natürlich mit dem Fahrrad auf. Die beiden Ältesten tragen sogar Vornamen von Radprofis.
Heidemann berichtet, dass viele Radler häufig Schwierigkeiten mit dem Fahrverhalten der Trie rer Autofahrer hätten. Es herrsche oft der Eindruck, Velos würden nicht wirklich auf der Straße akzeptiert. Um gefährliche Überholmanöver zu verhindern, rät er seinen Kunden, sich ruhig breitzumachen und mehr auf der Mitte der Fahrbahn anzusiedeln. Für die Zukunft ist er aber optimistisch: "Die Zahl der Radler wächst. Wenn mehr Radfahrer auf den Straßen unterwegs sind, werden auch die Trierer Autofahrer mehr Rücksicht nehmen!"

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