Schadstoffstudie von Auto-Konzernen Empörung über Menschenversuche

Trier/Berlin · Eine von Auto-Konzernen beauftragte Schadstoffstudie der Uni Aachen sorgt für Wallung. Noch sind Fragen offen. Ärzte verweisen auf strenge Auflagen für medizinische Forschung.

 Symbolbild.

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Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Wurden im Abgas-Skandal Schadstofftests nicht nur mit Affen, sondern auch mit Menschen durchgeführt? Dieser Verdacht steht im Raum, nachdem eine Studie der von den Autokonzernen VW, Daimler und BMW gegründeten und mittlerweile geschlossenen Europäischen Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor (EUGT) bekannt geworden ist.

Der zuständige Institutsleiter Thomas Kraus von der Universität Aachen widersprach jedoch, dass es bei der Studie aus dem Jahr 2013 um die Dieselbelastung von Menschen ging. Vielmehr sei es um den Stickstoffdioxidgrenzwert am Arbeitsplatz gegangen, sagte er. 25 gesunde Menschen seien Konzentrationen ausgesetzt worden, die unterhalb der Belastung am Arbeitsplatz lägen. Stickstoffdioxid (NO2) ist der Schadstoff, dessen Messwerte von VW in den USA jahrelang manipuliert worden waren, um die gesetzlichen Grenzwerte für Dieselfahrzeuge offiziell einzuhalten. Zuvor hatten Tierversuche beim Test von Diesel­abgasen Empörung ausgelöst. Sie wurden durch US-Ermittlungen zur VW-Abgas-Affäre bekannt. Zehn Affen waren dabei gezielt Schadstoffen ausgesetzt worden.

Die Stickstoffdioxid-Studie wurde von dem Lobby-Institut der Autoindustrie in Auftrag gegeben. Daimler und BMW distanzierten sich allerdings davon. VW gab zu, dass Mitarbeiter des Konzerns davon gewusst hätten. VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch sagte: „Im Namen des gesamten Aufsichtsrats distanziere ich mich mit allem Nachdruck von derlei Praktiken.“

Der Duisburger Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer bewertete die Untersuchungen auf Nachfrage der Rheinischen Post als „zynische und unsinnige Tests“. Er sagte: „Die Richtwerte für die maximale Konzentration von Stickstoffdioxiden auf der Straße oder am Arbeitsplatz wurden ja nach intensiver Beratung mit Experten festgelegt. Wer entgegen solcher Erkenntnisse oberflächliche Scheinstudien organisiert, will nur die wahren Sachverhalte vernebeln.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte die umstrittenen Schadstofftests. „Diese Tests an Affen oder sogar Menschen sind ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Der Trierer CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Steier ist empört: „Versuche an Menschen und Affen, finanziert von deutschen Autoherstellern? Geht’s noch? Was haben die sich dabei gedacht?“ Solche Versuche seien moralisch und ethisch falsch und die Ergebnisse wissenschaftlich nicht relevant. „Deutsche Automobilhersteller haben durch Software-Manipulationen sowie Menschenversuche und Tierversuche mit Affen versucht, die Rahmenbedingungen für den Einsatz der Diesel-Technologie auf unzulässige und inakzeptable Weise zu verändern“, kritisiert Steier.

Johannes Brantl, Professor für Fundamentalmoral und medizinische Ethik an der Theologischen Fakultät Trier, sieht keinen wissenschaftlichen Sinn in den Schadstoffversuchen mit Menschen. Für die Forschung mit Menschen, die in der Medizin durchaus von Nutzen sein könne, würden strenge ethische Richtlinien gelten, sagt Brantl.

Darauf verweist auch der Präsident der Landesärztekammer, Günther Matheis. „Im Arzneimittelbereich unterliegen Versuche mit Probanden strengsten Auflagen. Jede Studie, bei der Probanden beteiligt sind, muss in Rheinland-Pfalz vorab von der Ethik-Kommission bei der Landesärztekammer genehmigt werden.“

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