Eifriger Baumeister in Lorscheid am Werk

Lorscheid · Der Biber ist ein seltenes Tier, um 1840 galt er in Europa als ausgerottet. Allmählich jedoch breitet sich der emsige Pflanzenfresser an deutschen Bächen wieder aus - auch in unserer Region. Am Lorscheider Bach haben Einwohner jetzt deutliche Spuren des streng geschützten Nagers entdeckt.

Lorscheid. Der Apfelbaum auf einer Wiese oberhalb des Lorscheider Bachs sieht arg mitgenommen aus. Am unteren Stamm fehlen große Teile der Rinde, offenbar abgenagt. Münzgroße Holzspäne sammeln sich am Boden. "Die Spuren sind eindeutig. Schon an der Breite der Zähne sieht man, dass das ein Biber war", sagt Revierleiter Clemens Philipps vom Forstamt Hochwald. Der eifrige Nager habe es sich wohl schon länger bei Lorscheid bequem gemacht, vermutet der Förster. Überall am Ufer gebe es abgeschälte und gefällte Bäume. Dem Lorscheider Theo Schmitt fielen die seltsamen Spuren beim Spaziergang mit seinem Hund auf: "Ich gehe aufmerksam durch die Natur. Den Bissspuren musste ich gleich nachgehen." Geführt hätten sie ihn bis zum Bach. Dort hat der Biber einen Damm errichtet und das Wasser zu einem kleinen See gestaut. Ein Hügel aus Ästen könnte die Biberburg sein, glaubt Philipps. "Er braucht mindestens 50 Zentimeter hohes Wasser, weil der Eingang zum Schutz vor Feinden immer unter Wasser liegt." Im Sommer sei der Biber kaum zu sehen, sagt der Förster. Aber im Winter fälle er Bäume, zerlege die Kronen. Die Äste nutze er für den Damm und als Nahrungsvorrat für die Winterruhe. Das Tier selbst hat Philipps noch nicht gesehen. "Aber er fühlt sich offenbar wohl. Er hat alles, was er braucht - Wald, Wasser, weichen Boden und Nahrung." Seine Leibspeise Mädesüß wachse am Bach.Der Pflanzenfresser zählt in Europa zu den besonders geschützten Tierarten (siehe Extra). Auch deshalb hat der Förster das Biberzentrum Rheinland-Pfalz informiert. Die Einrichtung in Fischbach bei Dahn (Südwestpfalz) sammelt Informationen über Biberstandorte. Im Kreis Trier-Saarburg seien derzeit zehn Dämme bekannt. Venske will sich den Lorscheider Damm bald vor Ort anschauen. Einen wirksamen Schutz für die Tiere, sagt sie, gebe es kaum: "Man kann nur das Bewusstsein der Menschen schärfen, dass sie sich rücksichtsvoll verhalten." Umgekehrt will Venske auch prüfen, ob der Biber selbst Schaden anrichten könnte. Aus Sicht des Forstes gebe es kein Problem, sagt Philipps: "Die Weiden brechen im Alter ohnehin von selbst ab."Stromtrassengegner hoffen

Spaziergänger Theo Schmitt hält Hinweisschilder für wichtig. Er sagt: "Die Leute müssen jetzt aufpassen und dürfen ihre Hunde nicht mehr frei laufen lassen." Der Biber ist für den Lorscheider eine Attraktion: "Er zeigt ja, dass unsere Natur noch intakt ist. Er soll unbedingt bleiben."Leise Hoffnung weckt der Nager bei Gegnern der geplanten Stromtrasse vom Hunsrück nach Osburg (der TV berichtete), die nah an Lorscheid vorbeiführen könnte. "Eine streng geschützte Art könnte ein Gegenargument sein", sagt Susanne Reidenbach-Rausch, Mitglied der Bürgerinitiative Pro-Erdkabel-Hochwald.Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord als zuständige Behörde erklärt dazu, dass das Raumordnungsverfahren zur Stromtrasse noch nicht begonnen habe. Deshalb könne man derzeit noch nicht bestätigen, ob das Biber-Areal von einer der möglichen Verlaufsvarianten berührt werde. Fragen des Artenschutzes würden erst im Verfahren selbst geprüft. cwebExtra

Der Biber ist das zweitgrößte Nagetier der Erde. Die nachtaktiven Pflanzenfresser leben an dicht bewachsenen Ufern von Bächen, Flüssen und Seen. Sie besitzen Schwimmhäute an den Hinterfüßen und einen beschuppten Schwanz zum Steuern. Biber werden bis zu 30 Kilogramm schwer, 1,30 Meter lang und im Schnitt 15 Jahre alt. Sie leben in unterirdischen Burgen, deren Eingänge unter Wasser liegen. Die EU-Richtlinie Fauna, Flora, Habitat zählt Biber zu den streng zu schützenden Tieren. Laut Biberzentrum ist es verboten, sie zu fangen, zu töten, zu vertreiben oder ihre Dämme zu zerstören. cweb Extra

Stefanie Venske arbeitet beim rheinland-pfälzischen Biberzentrum in Fischbach bei Dahn. Dort leitet sie seit 2000 das Biberartenschutzprojekt im Auftrag der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz (GNOR). Was ist die Aufgabe des Biberzentrums? Stefanie Venske: Wir bauen ein Bibermanagement auf. Das heißt: Wir halten die Standorte in einer Datenbank fest und verfolgen, wann die Tiere wo auftauchen. Wird mir ein Standort gemeldet, prüfe ich erst vor Ort, ob es tatsächlich ein Biber ist und nicht etwa eine Biberratte. Für Lorscheid ist das anhand von Fotos geklärt: Kein anderes Tier kann Bäume dieser Stärke fällen. Eine wichtige Aufgabe ist auch, die Öffentlichkeit über Lebensweise und Ansprüche des Bibers zu informieren. Wir klären über mögliche Probleme und Lösungen auf. Welche Konflikte könnten denn auftreten? Venske: Wenn in der Nähe Angelteiche oder Einrichtungen des Abwasserwerks sind, kann das zu Problemen führen, weil der Biber das Bachwasser aufstaut. Konflikte könnte es auch geben, wenn der Biber auf einem Privatgrundstück baut. Stehen dort wertvolle Bäume, müssten diese geschützt werden, damit er sie nicht fällt. Der Biber war in unserer Region ausgerottet. Ist er jetzt wieder auf dem Vormarsch? Venske: Das kann man so sagen. In der Eifel gibt es ihn schon länger wieder, dort ist auch noch immer der Schwerpunkt. Aber in den letzten drei, vier Jahren geht auch im Hunsrück und im Hochwald die Post ab. In Grimburg sind Biber bestätigt, bei Hermeskeil, Reinsfeld, Hinzert-Pölert, Saarburg und an der Dhron. Sie schwimmen vom Saarland aus, wo Biber gezielt angesiedelt wurden, die Flüsse herauf. Im Kreis Trier-Saarburg sind uns aktuell etwa zehn Standorte bekannt. Wer Biber sieht oder Spuren findet, kann sich an das Biberzentrum wenden. E-Mail: info@biber-rlp.de, Telefon 06393/993406. cweb

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