Knatternd durchs Unterholz

Trier/Zemmer/Kordel · Jagdpächter in Trier und der Eifel sind empört: Motorradfahrer machen den Meulenwald (siehe Karte) unsicher. Ohne Rücksicht auf Wanderer und die Tier- und Pflanzenwelt rasen sie durch den Forst. Noch setzen Jäger und Förster auf die Vernunft. Wenn die verbotenen Crossfahrten nicht aufhören, soll es Sanktionen geben.

Trier/Zemmer/Kordel. Es war am vergangenen Sonntag im Wald bei Daufenbach: Über eine Stunde heulten die Motoren mehrerer Geländemotorräder, sogenannte Enduros, auf.
Die Fahrer - es waren vermutlich Jugendliche - sausten kreuz und quer durchs Unterholz, jagten über den Grundsgraben, ein besonders schützenswertes Fauna-Flora-Habitat-Gebiet, und benutzten auch den Eifelsteig als Trailstrecke. Der Geräuschpegel sei so hoch gewesen, berichtet Jäger Eckhard Otto aus Zemmer-Daufenbach, dass eine Familie aus Kordel, die im Daufenbacher Dorfhaus eine Erstkommunion feierte, sich massiv gestört fühlte. Auch im Ort war an Mittagsruhe nicht zu denken.
Was Otto ebenfalls anprangert, sind die Beeinträchtigungen von Fauna und Flora: "Die rennen mit ihren Motorrädern durch Biotope und vertreiben das Wild." Gerade jetzt, wo sich bei Reh- und Schwarzwild Nachwuchs einstelle, sei das besonders problematisch, sagt der Jäger. Die Tiere bräuchten Rückzugsgebiete, wo sie ungestört seien. Eckhard Otto, der auch Kripo-Beamter ist, appelliert an die Vernunft - noch. "Die Polizei soll nur als letztes Mittel eingeschaltet werden. Wir wollen zunächst aufklären und hoffen, dass dadurch der grobe Unfug aufhört." Otto setzt hier auch auf die Mithilfe der Eltern. Schließlich gefährdeten sich die Jugendlichen durch ihre waghalsigen Fahrmanöver auch selbst.
Der Kick im Gelände


"Die Jagdpächter und Waldbesitzer sind sauer. Sie haben schon daran gedacht, eine Security anzuheuern, um die Ruhestörer zu erwischen", beschreibt Günther Schmitz die Stimmung. Er ist Förster im Trierer Stadtwald und hat sich schon viele Beschwerden von Wanderern anhören müssen. Zwei Wanderinnen, die im Meulenwald bei Zemmer-Rodt unterwegs waren, hätten sich vor herannahenden Enduro-Fahrern durch einen Sprung vom Weg retten müssen, berichtet Schmitz. Er glaubt, dass es sich um Jugendliche handelt, die den Kick suchen. "Je extremer das Gelände ist, um so besser scheint es ihnen zu gefallen."
Einmal, erzählt der Förster, seien die Unbekannten mit ihren Motorrädern sogar über Langholz gefahren, das ein Transporter hinter sich hergezogen habe. Die Fahrer zu identifizieren, sei nahezu unmöglich. Schmitz: "Sie tragen Helme und die Nummernschilder sind so verdreckt, dass sie unleserlich sind. Auch schrauben sie oft die Schilder ab, wenn sie von der Straße in den Wald wechseln und verstauen sie in Rucksäcken." Chancen, die Waldfrevler mit seinem Auto zu verfolgen, seien im Wald gleich null.
Seit etwa einem Jahr sind die Enduro-Fahrer besonders auffällig. Günther Schmitz glaubt, dass es sich um eine Gruppe von bis zu fünf jungen Leuten handelt, die ihr Revier häufiger wechselt. Aufgetaucht seien sie im Stadtwald von Trier, dem Staatswald Quint, dem Revier Kordel und dem Privatwald Abnoba zwischen Zemmer-Daufenbach und Kordel. Auch auf der anderen Kyllseite, bei Welschbillig, Hofweiler und Ittel, seien die Maschinen im Wald gesehen worden.
Wie Eckhard Otto ist auch Günther Schmitz nicht auf Konfrontation aus: "Wenn's aufhört, dann soll es das auch gewesen sein." Wenn die Waldfrevler den Bogen weiter überspannen, könnte es für die Jugendlichen jedoch unbequem und teuer werden.
Einige Leute hätten schon erwogen, Anzeige zu erstatten, sagt Schmitz. Nach Paragraf 37 des Landeswaldgesetzes erwartet diejenigen, die den Wald gefährden, beschädigen oder die Erholung anderer beeinträchtigen, ein Bußgeld von mehreren Tausend Euro.
Strecken, auf denen sich Enduro-Fahrer "legal" im Gelände austoben können, gibt es in der Region keine - sieht man von den Anlagen der Motocross-Vereine in Klüsserath und Reil ab. Gottfried Michels, langjähriger Vorsitzender des MGSC Moseltal Klüsserath (siehe Extra), hat schon mit vielen Enduro-Fahrern zu tun gehabt, denen "das Fahren auf der Straße zu langweilig ist, die sich aber auch mit dem richtigen Motocross nicht anfreunden können". Michels: "Viele Jugendliche kommen zu uns, aber nur jeder Zehnte bleibt hängen."
Es gebe klare Verhaltens- und Naturschutzregeln auf und neben dem hauseigenen Parcours bei Klüsserath. Auch an die Ausrüstung stelle der Verein hohe Ansprüche. Beispielsweise müsse spezielle Schutzkleidung getragen werden. Aus Lärmschutzgründen seien nur Auspuffe mit Schalldämpfer zulässig.
Meinung

Der Wald ist kein Sportplatz
Der Wald ist keine Rennstrecke und auch kein Terrain für abenteuerliche Crossfahrten. Was bei Mountainbike-Fahrern noch tolerabel ist - wenn sie rücksichtsvoll unterwegs sind -, geht bei motorisierten Zweirädern oder Quad-Fahrzeugen überhaupt nicht: Der Wald ist kein Sportplatz für Heranwachsende, die mit Enduros ihre Grenzen ausloten wollen. Die Betroffenen können von Glück sagen, dass die Jäger und Förster es zunächst im Guten versuchen und an die Vernunft appellieren. Auf der anderen Seite muss man aber auch feststellen, dass es in der Region an geeigneten legalen Crossstrecken fehlt. Das dürfte vielfach schon an den hohen Umweltauflagen scheitern. Kommunen oder auch Vereine können das kaum leisten. Was bleibt, sind die Pisten von Motorsportvereinen wie in Klüsserath, Reil oder im saarländischen Schmelz. Aber die sind für Jugendliche zu teuer und zu anspruchsvoll, wenn sie keinen "richtigen" Motocross-Sport betreiben wollen. a.follmann@volksfreund.de

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