Lückenschluss in der Versorgung psychisch Erkrankter

Für psychisch labile Menschen, die an Wochenenden oder Feiertagen in Krisen geraten, wird es in der Stadt Trier und dem Kreis Trier-Saarburg ab Herbst einen Sozialpsychiatrischen Krisendienst geben, den ersten in Rheinland-Pfalz (der TV berichtete). Mit einer ersten Schulung ist das Projekt jetzt aus der organisatorischen in die Phase der praktischen Umsetzung getreten.

 70 Betreuungskräfte werden im Schönfelderhof bei Zemmer für ihren Einsatz beim neuen Sozialpsychiatrischen Krisendienst für Trier und den Kreis Trier-Saarburg geschult. TV-Foto: Anke Emmerling

70 Betreuungskräfte werden im Schönfelderhof bei Zemmer für ihren Einsatz beim neuen Sozialpsychiatrischen Krisendienst für Trier und den Kreis Trier-Saarburg geschult. TV-Foto: Anke Emmerling

Schönfelderhof. (ae) Was ist eine Krise? Worauf muss ich mich einstellen? Wie schätze ich Suizidalität ein, was muss ich tun? Diese und andere Fragen waren Inhalt eines ganztägigen Schulungs-Seminars für rund 70 Betreuungskräfte am Schönfelderhof bei Zemmer, mit dem erste praktische Voraussetzungen für die im Herbst für Trier und den Kreis Trier-Saarburg geplante Einführung eines Sozialpsychiatrischen Krisendienstes geschaffen wurden. Der vom Haus der Gesundheit getragene Dienst soll an Wochenenden und Feiertagen je von 12 bis 24 Uhr Anlaufstelle für in psychische Krisen geratene Menschen und ihre Angehörigen sein. Bislang blieb für sie in solchen Zeiten und Situationen nur der oft nicht gewünschte Gang in die Klinik oder gar die Alarmierung von Polizei oder Feuerwehr. Teams aus je zwei ehrenamtlichen Betreuern, die auch Hausbesuche machen, leisten Beratung und Hilfe.

"Wichtig ist natürlich, dass professionelle erfahrene Kräfte dabei sind, die die Lage richtig einschätzen können", sagt der Psychiatriebeauftragte des Landkreises Trier-Saarburg, Dieter Ackermann. Seit zwei Jahren arbeitet er an den organisatorischen Voraussetzungen und der Vernetzung der Ressourcen vorhandener Stellen, in deren "Landschaft" sich der Krisendienst als Lückenschluss einfügen soll. Entsprechend sind beim Seminar Profis wie zum Beispiel Gisela Feld vom sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamts, Rebecca Dressler, Leiterin der mobilen sozialen Dienste des DRK, und als Hauptunterstützer Ackermann und einer der Referenten, Albert Mandler vom Schönfelderhof, vertreten. Dabei sind auch Johannes Marxen von der Selbsthilfegruppe Psychiatrie-Erfahrener, der den Krisendienst besonders als Klinik-Alternative für Erst- oder nur ab und zu Erkrankte begrüßt und Marlene Gerth von der Selbsthilfegruppe der Angehörigen. Sie freut sich, nach "zehn Jahren Bohrens dicker Bretter" nun endlich ein notwendiges Angebot realisiert zu sehen, das es in Norddeutschland bereits flächendeckend gibt.

Repräsentant dafür ist der Hauptreferent des Seminars, Burkhard Rother vom seit 1994 existierenden Sozialpsychiatrischen Krisendienst Herford. Er berichtet über positive Erfahrungen mit dem als Zusatzangebot eng mit anderen Einrichtungen kooperierenden Dienst, vermittelt aber vor allem durch Fallbeispiele und Übungen gestützte Praxisorientierung.

Das wird besonders von den 50 Studenten der Psychologie geschätzt, die sich freiwillig zur Bildung von Betreuerteams mit den erfahrenen Kräften gemeldet haben. "Das baut gut auf unsere Erfahrungen bei Praktika und Krisentelefon auf", meint Jenna Golda (9. Semester). "Krisenintervention ist eine Basiskompetenz, die in allen für uns infrage kommenden Berufen relevant ist", sagt Ramona Kislat (ebenfalls 9. Semester). Auch weiterhin müssten die Mitarbeiter geschult werden, sagt der erfahrene Albert Mandler: "Weil es immer neue Themen gibt wie zum Beispiel vermehrte Borderline-Störungen, ist das Dauergeschäft."

Im Spätherbst wird der Sozialpsychiatrische Krisendienst mit den geschulten Mitarbeitern seinen Betrieb aufnehmen, eine große Auftaktveranstaltung wird den Startschuss geben. Unterstützung hat auch die Ehefrau von Ministerpräsident Kurt Beck zugesagt.

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