Interview Mehr Zeit für Familie, Kaapeskääp und AöR

Trier · Wolfgang Reiland geht Ende Februar als Bürgermeister der VG Trier-Land in Ruhestand. Aufs Altenteil will er sich nicht zurückziehen.

 Wolfgang Reiland kurz nach seinem Amtsantritt 2003. Er war zuvor Werkleiter der Verbandsgemeinde Trier-Land.

Wolfgang Reiland kurz nach seinem Amtsantritt 2003. Er war zuvor Werkleiter der Verbandsgemeinde Trier-Land.

Foto: Medienhaus Trierischer Volksfreund/Clemens Beckmann

Ziemlich genau 16 Jahre – so lange war bisher noch niemand Bürgermeister der Verbandsgemeinde Trier-Land. Wolfgang Reiland hat es geschafft. Am 1. März wechselt er in den Ruhestand. Ihm folgt Michael Holstein. Zwischen Amtsübergabe, Akten sichten und Abschied nehmen von langjährigen Mitarbeitern hat der Christdemokrat mit dem TV gesprochen.

Bei Ihrem Amtsantritt sagten Sie: „Bürgermeister ist man rund um die Uhr und das an 365 Tagen im Jahr.“ Haben Sie damals gewusst, was das bedeutet?

Reiland: Da ich als ehemaliger Werkleiter sehr intensiv mit meinem Vorgänger Bernhard Kaster zusammengearbeitet habe, hatte ich schon eine recht konkrete Vorstellung davon, was auf mich zukommen würde. Doch es ist ein großer Unterschied zwischen der Vorstellung und der Realität. Das Amt des Bürgermeisters kostet sehr viel Kraft und bestimmt das ganze Leben. Es gibt keinen Feierabend und nahezu keinen freien Samstag und Sonntag.

Was bedeutet das konkret?

Reiland: Bei mir zu Hause sind im Laufe der Jahre sehr viele Arbeiten liegen geblieben, und oftmals muss ich meine Arbeiten in Etappen erledigen. So kann es durchaus vorkommen, dass ich samstags drei Anläufe brauche, um den Rasen zu mähen, weil ich zwischendurch mehrere Termine habe.

Als Ihre ersten drei Ziele nannten sie 2003 Hochwasserschutz, Abwasserbeseitigung und Verbesserung der internen Arbeitsabläufe. Wie weit sind Sie gekommen?

Reiland: Im Jahr 2003 hatten wir beim Abwasser einen Anschlussgrad von 84 Prozent. Heute werden 100 Prozent unserer Abwässer mechanisch und biologisch gereinigt. Um dies zu erreichen, mussten mehrere Kläranlagen und viele Sammler gebaut werden. Insbesondere in Ralingen und Kordel, aber auch bei den Gewässern dritter Ordnung ist viel für den Hochwasserschutz getan worden. Und in Langsur sind wir mit dem objektbezogenen Hochwasserschutz ebenfalls ein gutes Stück weitergekommen. Die Zusammenführung der Technischen Betriebe in Trierweiler, die Zentralisation der Buchhaltung sowie die Neugestaltung des Bürgerbüros und der Ausbau der digitalen Verwaltung waren zudem wichtige Schritte.

Wo liegen die drei wichtigsten Aufgaben und Anforderungen für die Zukunft der VG?

Reiland: Auch wenn die Verbandsgemeinde keinen direkten Einfluss hat, so muss darauf hingewirkt werden, dass die ärztliche Versorgung in unseren Dörfern auch zukünftig sichergestellt wird. Im Zuge der anstehenden Kommunalreform und der Digitalisierung aller Verwaltungsabläufe kann man sicherlich auch über die Anzahl und die Standorte von Verwaltungen diskutieren. Es muss aber sichergestellt sein, dass die Bürger auch zukünftig kompetente Ansprechpartner vorfinden, die die dörflichen Strukturen und Besonderheiten kennen. Ein riesiges Call-Center wäre der absolute Alptraum für mich. Und im Bereich Feuerwehren und der Schulen müssen die geplanten Baumaßnahmen zügig umgesetzt werden.

Gab es etwas, wo Sie im Nachhinein sagen, dass da etwas in die vollkommen falsche Richtung gelaufen ist?

Reiland: Ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, dass es die Ausstellung Deulux nicht mehr gibt. Diese Ausstellung hat viele Kontakte insbesondere über die Grenze nach Luxemburg ermöglicht. Auch der zeitliche Ablauf für die Flächennutzungsplanung der Windkraft ist nicht so gewesen, wie ich das wollte. Das zieht sich alles viel zu lange hin. Ich finde es auch schade, dass die Idee der Sportschnuppertage für Kinder und Jugendliche ebenso wie die Partnerschaft mit der russischen Stadt Podolsk eingeschlafen ist.

Wie haben sich die Aufgaben eines Bürgermeisters verändert?

Reiland: Heute ist alles viel komplizierter als vor 16 Jahren. Wenn man ein Projekt realisieren will, dauert es sehr, sehr lange, bis alles mit den zuständigen Stellen abgeklärt ist. Und bis dann die entsprechenden Genehmigungen vorliegen und die Fördermittel fließen, dauert es noch länger. Ich kann das genau so wenig verstehen wie die Menschen in unseren Dörfern. Ein weiterer Punkt ist, dass durch die zunehmende Digitalisierung der persönliche Kontakt und damit ein Stück Menschlichkeit verloren geht.

Es gibt Bürgermeister, die im Ruhestand noch in politischen Gremien mitarbeiten. Werden Sie der neue Stern am christdemokratischen Himmel in Ihrem Heimatort Ehrang?

Reiland: Auch wenn ich zukünftig so wie bisher sicherlich meine Meinung sagen werde, so habe ich nicht die Absicht, wieder ein politisches Amt anzustreben. Ich denke, dieser Lebensabschnitt ist für mich beendet. Somit habe ich auch keine diesbezüglichen Ambitionen in meinem Heimatort Ehrang oder auf Stadtebene.

Stichwort Ehrenamt. Sie sind Präsident des DRK Trier-Saarburg. Werden Sie sich auch dort zurückziehen?

Reiland: Mein Engagement im Roten Kreuz ist mir sehr wichtig. Ich engagiere mich dort seit vielen Jahren und will das auch noch gerne weiter tun.

 Selber Schreibtisch, selbes Wandbild, selber Bürgermeister. Ende Februar geht Wolfgang Reiland in den Ruhestand.

Selber Schreibtisch, selbes Wandbild, selber Bürgermeister. Ende Februar geht Wolfgang Reiland in den Ruhestand.

Foto: Medienhaus Trierischer Volksfreund/Harald Jansen

Was sind Ihre drei Ziele für den Ruhestand?

Reiland: Ich freue mich darauf, zukünftig mehr Zeit zu haben und nicht mehr alles im Laufschritt erledigen zu müssen. Meine Frau und meine Familie sind während der vergangenen Jahre immer zu kurz gekommen. Das will ich ändern.
Zudem möchte ich gerne weiter Musik machen, sowohl alleine mit meinen Mundartliedern als auch mit meiner Band, den Ehriker Kaapeskääp. Hinzu kommen meine anderen Hobbys wie unser Garten, Wandern, Lesen, Karneval und Tanzen.
Ja, und so ganz in den Ruhestand gehe ich ja auch noch nicht, denn ich werde zukünftig noch halbtags neben Arndt Müller und Monika Hau im Vorstand der Landwerke Eifel AöR tätig sein und damit bei der Realisierung eines der größten Infrastrukturprojekte unserer Region zwischen der Nordeifel und dem Trierer Raum mitwirken.

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