Ran an den Runden Tisch! - Damit Schwangere in der Region nicht ohne Hebamme dastehen

Trier/Trier-Saarburg · Erfreulich leichte Geburt: Fachtagung zur Hebammen-Problematik bringt ein konkretes Resultat. Die Hochschule Trier hat eine eigene Idee zur Behebung des Fachkräftemangels.

 Die Auswirkung des Fachkräftemangels in Person: Samantha Kurth (am Mikrofon) sucht händeringend eine Hebamme, findet aber keine, die noch freie Kapazitäten hat. TV-Fotos (2): Friedemann Vetter

Die Auswirkung des Fachkräftemangels in Person: Samantha Kurth (am Mikrofon) sucht händeringend eine Hebamme, findet aber keine, die noch freie Kapazitäten hat. TV-Fotos (2): Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (Ve._) ("TV-Upload Vetter"

Samantha Kurth aus Wasserliesch ist schwanger und hat ein Problem: Am 5. Oktober soll ihr erstes Kind zur Welt kommen - und sie steht ohne Hebamme da: "Bis vor zehn Wochen hatte ich eine, aber die ist dann aus privaten Gründen weggezogen."
Seitdem hat die 30-Jährige 20 Hebammen angerufen und sich stets Absagen eingehandelt, "weil die Frauen komplett ausgebucht und überlastet sind".

In der Fachveranstaltung "Perspektiven zur Gesundheitsvorsorge durch Hebammen" am Mittwochabend im Sitzungssaal der Kreisverwaltung Trier-Saarburg war Samantha Kurth durchaus an der richtigen Adresse: Viele der rund 100 vorwiegend weiblichen Teilnehmer sind vom Fach, konnten aber auf die Schnelle auch keine Problemlösung anbieten und unterstrichen damit das Eingangsstatement von Moderator und TV-Redakteur Christian Kremer: "Dieser Betreuungsmangel darf kein Dauerzustand werden. Ziel muss es sein, den Rechtsanspruch auf die Versorgung durch eine Hebamme zu gewährleisten."

Ein offensichtlich schwer zu erreichendes Ziel. "Es herrschen bundesweit katastrophale Zustände im Entbindungs- und Versorgungsbereich", erklärte Ingrid Mollnar vom Hebammen-Landesverband. Ihren Appell, Kliniken sollten mehr Personal fordern, konterte Mutterhaus-Direktor Wolfgang Thomas: "Wir suchen händeringend nach Hebammen, finden aber keine." Einen möglichen Ausweg aus dem Dilemma könnten fünf frisch geschaffene zusätzliche Hebammen-Ausbildungsplätze in Trier aufzeigen.

Triers Bürgermeisterin Angelika Birk nahm die Kostenträgerseite, vertreten durch Sonja Koch (AOK), ins Visier. Die Krankenkassen verhielten sich zu passiv und unkreativ bei der Suche nach Lösungen, an denen sie doch interessiert sein müssten. Dem stimmte Arabella Strassner vom Mütterverein Mo therhood zu. Beispiel Hebamme als Rufbereitschaft: "Das können sich viele Frauen nicht leisten, weil die Kassen ein solches Angebot nicht komplett übernehmen würden."

Die vom Kreis Trier-Saarburg und der Stadt Trier organisierte Veranstaltung offenbarte einen weiteren Mangel: Alle Parteien reden offenbar zu wenig miteinander und kooperieren deshalb auch nicht optimal. Wolfgang Thomas zeigte sich "sehr froh, dass wir überhaupt einmal in dieser Runde zusammenkommen".

Auf die Aufforderung von Moderator Kremer, alle sollten an einem Strang ziehen, und den kollektiven Ruf nach mehr Dialog antworteten Stadt und Kreis mit konkreten Angeboten. So soll ein Runder Tisch zum Thema Hebammenmangel einberufen werden. Außerdem wolle man sich, so erklärte Landrat Günther Schartz, finanziell an einer Hebammenzentrale beteiligen. Eine solche Netzwerk-Einrichtung soll die Suche nach freien Geburtshelferinnen erleichtern. Vorbild ist Oldenburg. Die Arbeit der dortigen Zentrale kostet rund 50 000 Euro pro Jahr.

Einen völlig andere Idee brachte Hochschul-Vizepräsident Andreas Künkler ins Spiel: Er liebäugele mit der Einrichtung eines Bachelor-Studiengangs Hebammen-Kunde an der HS Trier. Reaktion: großer Applaus, auch vom Podium.
Lena Thonet (24) aus Trier-Ehrang absolviert ein solches Studium in Fulda und zeigte sich ebenfalls sehr angetan von Künklers Vorstoß: "Akademisierung hat nicht nur Fans. Aber sie bringt auch das, woran es derzeit in Trier noch mangelt: Transparenz und belastbare Zahlen."

Trost für Samantha Kurth: Ute Bösen, Vorsitzende des Kreis-Hebammenverbands, will der werdenden Mutter bei ihrer Suche nach Vor- und Nachsorge helfen.Extra: DIE EXPERTEN AUF DEM PODIUM

 Stehen Rede und Antwort: Arabella Strassner, Angelika Birk, Sonja Koch, Ingrid Mollnar, Wolfgang Thomas (von links).

Stehen Rede und Antwort: Arabella Strassner, Angelika Birk, Sonja Koch, Ingrid Mollnar, Wolfgang Thomas (von links).

Foto: Friedemann Vetter (Ve._) ("TV-Upload Vetter"


Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion über Perspektiven zur Gesundheitsfürsorge durch Hebammen: Angelika Birk (Bürgermeisterin Trier), Sonja Koch (AOK Rheinland-Pfalz/Saarland), Ingrid Mollnar (Vorsitzende Landes-Hebammenverband), Dr. Wolfgang Thomas (Ärztlicher Direktor Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen), Arabella Strassner (Landeskoordinatorin Motherhood); Moderation: Christian Kremer (Trierischer Volksfreund).

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