Schweich bleibt vorerst Unterzentrum

Trotz einer Zusicherung durch Innenminister Karl Peter Bruch ist die Stadt Schweich im vergangenen Jahr kein Mittelzentrum geworden. Die begehrte Heraufstufung wurde mehrfach von Mainz vertagt. Nach dem jüngsten Gespräch in Mainz kehrten Schweicher Kommunalpolitiker erneut ohne handfestes Ergebnis zurück.

 Eingestuft wie ein Dorf: Trotz hervorragender Infrastruktur und wirtschaftlicher Bedeutung besitzt Schweich mit seinem Stadtteil Issel noch den untersten kommunalen Status. TV-Foto: Bernhard Heller

Eingestuft wie ein Dorf: Trotz hervorragender Infrastruktur und wirtschaftlicher Bedeutung besitzt Schweich mit seinem Stadtteil Issel noch den untersten kommunalen Status. TV-Foto: Bernhard Heller

Schweich/Mainz. Ist das Mittelzentrum Schweich in greifbare Nähe gerückt? Aufschluss über diese Frage erhofften sich Bürgermeister Berthold Biwer von der Verbandsgemeinde Schweich und Stadtbürgermeister Otmar Rößler von einem Gespräch, das sie Ende vergangener Woche in Mainz führten.

Zu der Runde hatte Innenminister Bruch schon einmal im vergangenen Jahr eingeladen, sie dann aber wieder abgesagt. (TV vom 18. Dezember). Unser Redakteur Friedhelm Knopp fragte den Schweicher Stadtbürgermeister Otmar Rößler nach seiner Rückkehr.

Beginnen wir gleich mit der Kernfrage: Sind Sie nach der Rückkehr aus Mainz mit einem guten Gefühl ins Wochenende gegangen, oder gab es Anlass zur Verstimmung?

Otmar Rößler: Von einem guten Gefühl kann ich wirklich nicht sprechen. Wenn der Innenminister Mitte 2009 in aller Öffentlichkeit die Aufstufung der Stadt Schweich zum Mittelzentrum im Jahr 2010 verspricht und Anfang 2011 die dazu notwendigen Schritte immer noch nicht in die Wege geleitet sind, ist das eher Anlass zur Verstimmung.

An dem Gespräch in Mainz nahmen auch Vertreter anderer Städte mit Aufstiegswunsch teil. Waren aussichtsreichere Kandidaten als Schweich darunter?

Rößler: Nein. Die Städte Mülheim-Kärlich, Weißenturm und Bad Marienberg befinden sich in der gleichen Situation. Mündlichen Zusagen stehen keine entsprechenden Taten gegenüber.

Stellt Mainz konkrete Anforderungen an die Stadt Schweich, um die Voraussetzungen zu erfüllen?

Rößler: Mit den Entwicklungen Schweichs seit der Stadtwerdung vor 26 Jahren im Bereich Handel und Gewerbe, Kindertagesstätten, Schulen, Senioreneinrichtungen, Sport oder Kultur sind die Anforderungen erfüllt. Schweich hat eine zentralörtliche Bedeutung für die gesamte Verbandsgemeinde und weit darüber hinaus.

Das Innenministerium könnte in einem relativ einfachen Verfahren (Ergänzung des aktuellen Landesentwicklungsprogramms - LEP IV) die vier Städte zum Mittelzentrum aufstufen. Dazu muss eine Vorlage an den Ministerrat erfolgen. Danach gibt es ein Anhörungsverfahren, so dass nach einer abschließenden Kabinettsentscheidung der formale Akt erfolgen könnte. Dauer etwa sechs Monate.

Alternativ würde eine grundlegende und schwierige Überarbeitung des LEP ein langwieriges Verfahren (mindestens zwei bis drei Jahre) mit ungewissem Ausgang nach sich ziehen.

Trier, Konz und Schweich haben erst kürzlich ein Städtenetz zur kommunalen Zusammenarbeit auf Gebieten wie Tourismus, Personennahverkehr und Flächenmanagement geknüpft. Fällt dies in Mainz zugunsten Schweichs in die Waagschale?

Rößler: Das Städtenetz Konz-Trier-Schweich zeigt das Bestreben, neue Wege zu beschreiten, die unseren Bürgern spürbare Vorteile bringen. Das wird als zusätzliches Argument für das Mittelzentrum Schweich zu sehen sein.

Mittelzentrum Schweich: Nennen Sie spontan die wichtigsten Vorteile für die Stadt, die Ihnen dazu einfallen.

Rößler: Der finanzielle Aspekt der höheren Zuweisung, auch wenn die Stadt Schweich über eine vergleichsweise gute Finanzausstattung verfügt. Die erweiterten Planungsmöglichkeiten und damit besseren Perspektiven für die Weiterentwicklung der Stadt in den kommenden Jahren.

Kann die Feier zum Aufstieg Schweichs heute schon terminiert werden?

Rößler: Leider nein. Alle Bürgermeister der zur Aufstufung anstehenden Städte haben die Ergänzung des LEP IV gefordert. Aber selbst das wird mindestens sechs Monate dauern. An dieser Stelle meine Bitte an Innenminister Karl Peter Bruch: "Erfüllen Sie Ihr Versprechen, und machen Sie die Stadt Schweich zum Mittelzentrum!"

Meinung

Keine Wahlkampfmunition

Ein Satz mit X - das war wohl (wieder) nix: Der Spruch mag flapsig klingen, aber er bringt das Ergebnis des jüngsten Mainzer Gesprächs auf den Punkt: Zwei Jahre nach der Zusage von Minister Karl Peter Bruch liegt die Aufstufung Schweichs noch immer in weiter Ferne. Will der Innenminister nicht handeln oder darf er nicht? Kann sich das Land die finanzielle Mehrbelastung durch vier weitere Mittelzentren nicht mehr leisten? Warum wird die Stadt Schweich, die in den vergangenen 25 Jahren wie kaum eine andere Kommune an ihrer Entwicklung gearbeitet hat, derart in den Senkel gestellt? Noch gilt das Wort des Ministers - doch leider lässt sich der verwaltungstechnische Begriff "Mittelzentrum" in weiten Bevölkerungskreisen nicht emotional besetzen. Die Bürger erfreuen sich an der guten Infrastruktur und an einer funktionierenden Kommune. Ob Schweich deshalb den Status eines bevorzugten Mittelzentrums besitzt oder nicht, ist ihnen letztlich egal. Und was folgt daraus? Mit dem Begriff "Mittelzentrum" kann niemand wahlkämpferisch hausieren gehen. Mainz hat also Zeit. f.knopp@volksfreund.deExtra Nach einer Aufstufung als Mittelzentrum bekäme Schweich höhere Zuwendungen vom Land. Auch die Förderung von Bau- und Sanierungsprojekten ginge möglicherweise zügiger, da nach Auffassung der Verbandsgemeindeverwaltung Schweich die Landesregierung eher dazu neigt, Mittel- und Oberzentren zu stützen. Zudem werden in Mittelzentren größere Einzelhandelsflächen genehmigt, was den Standort aufwertet. (f.k.)

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