Stadtrat bekräftigt Ja zum Bürgerzentrum

Ungeachtet der Proteste von Jugendlichen (der TV berichtete), hat der Stadtrat Schweich beschlossen, im geplanten Bürgerzentrum auf fest zugewiesene Räume für die offene Jugendarbeit zu verzichten. Die Raumaufteilung soll so flexibel wie möglich sein; die angedachte Außenbühne fällt weg.

 Carmen Wagner begutachtet das Siegermodell des Architektenwettbewerbs für das neue Schweicher Gymnasium. Im langen Gebäudetrakt vorne soll neben einer Mensa auch der Bürgersaal mit Nebenräumen untergebracht werden. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Carmen Wagner begutachtet das Siegermodell des Architektenwettbewerbs für das neue Schweicher Gymnasium. Im langen Gebäudetrakt vorne soll neben einer Mensa auch der Bürgersaal mit Nebenräumen untergebracht werden. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Schweich. Aufgereiht wie an einer Perlenschnur sitzen sie hinten im Saal des Alten Weinhauses. Die knapp 20 Teenager sind Zuhörer bei der Stadtratssitzung am Donnerstagabend, aber eigentlich sind sie die Hauptpersonen. Sie gucken interessiert, denn alles ist neu. Eben noch haben die Jungs draußen Protestbanner entrollt und gehofft, die Stadträte beeindrucken zu können. Die Jugendlichen wollen eigene Jugendräume im geplanten Bürgerzentrum haben, statt sie mit Vereinen oder anderen Nutzern zu teilen. Jetzt gucken sie gespannt auf die Entscheidungsträger, die vorne im Karree sitzen und von denen die meisten vom Alter her ihre Eltern oder Großeltern sein könnten. Wie werden sie abstimmen?

Eine Stunde lang diskutiert der Rat zunächst über den Bebauungsplan Moselvorland und die Eröffnungsbilanz der Stadt Schweich. Verträge, Paragrafen, Zahlen - nichts, was die jungen Leute vom Hocker reißt. Langsam werden einige unruhig, es beginnt ein lebhaftes Raus- und Reingehen - wen wundert's bei diesen trockenen Themen.

Dann, nach einer Stunde, ist endlich Tagesordnungspunkt 9 an der Reihe, das Generations- und Kommunikationszentrum. Das Wortungetüm, einst in der Hoffnung erdacht, mehr Zuschüsse zu ergattern, solle fortan durch "Bürgerzentrum" ersetzt werden, regt Stadtbürgermeister Otmar Rößler an. Dann kommt er zum "Kernproblem": Der Kreis habe das Raumprogramm aus Kostengründen zusammengestrichen. Man müsse nun versuchen, alles so flexibel wie möglich zu nutzen. Eigene Räume für die Jugend seien nicht drin. Von einem reinen Jugendzentrum, so Rößler, sei auch nie die Rede gewesen, wohl aber von einem Generationenzentrum. Schließlich müsse man auch an die 90 Prozent Jugendlichen denken, die in Vereinen organisiert seien.

"Wir wollen die Jugendarbeit ja nicht aussperren", pflichtet ihm CDU-Fraktionschef Johannes Heinz bei. Er findet, dass der Winzerkeller besser für diese Zwecke geeignet wäre.

SPD-Fraktionsvorsitzender Achim Schmitt kreidet der Stadt Versäumnisse bei der Planung an. Längst müssten Nutzer-, Finanzierungs- und Betreiberkonzept stehen, damit man wisse, wo man dran sei. "Hätten wir früher geprüft, was Bürger, Vereine und die Jugend wollten, wären wir jetzt nicht so in der Bredouille." Auch die Zuschusshöhen von VG und Kreis für das 2,4 Millionen-Euro-Projekt seien noch unklar.

Johannes Lehnert (FWG) glaubt, dass die Vereine bei der Planung gut berücksichtigt sind. "Wollten wir alle Ansprüche erfüllen, so wäre auch ein fünf Mal so großes Bürgerzentrum nicht ausreichend." Durch intelligente Planung könne man gegebenenfalls in den kommenden Jahren Erweiterungen vornehmen, sagt Lehnert.

Dann fasst der Stadtrat mehrheitlich folgende vier Beschlüsse: Das "Ja" zum Bürgerzentrum wird erneuert. Eine Festvergabe von Räumen für die offene Jugendarbeit ist unter den gegebenen Umständen nicht möglich. Auf die Außenbühne wird verzichtet. Dem Abschluss der mit dem Kreis abgestimmten Architekten- und Ingenieurverträge wird zugestimmt.

Meinung

Der nächste Floh im Ohr

Der Stadtrat hat nicht in ihrem Sinne entschieden, aber es war eine demokratische Abstimmung. Das werden die Jugendlichen akzeptieren müssen - wieder was in Gemeinschaftskunde gelernt. In "Verhaltenskunde" hat der Stadtrat allerdings versagt. Es wäre eine respektvolle Geste gewesen, die Beratung über das Bürgerzentrum vorzuziehen. Besser noch: Vor der Sitzung einem Jugendlichen vor versammeltem Rat die Möglichkeit zu geben, die Gründe für eigene Jugendräume darzulegen. Eine Demo von 20 Leuten vor dem Stadtrat gibt es ja nicht alle Tage. Stattdessen wurden die Jungs unsäglich lange und zäh mit der Schweicher Eröffnungsbilanz gelangweilt - wahrlich keine Werbung fürs politische Ehrenamt beim Nachwuchs. Immerhin haben die Jugendlichen jetzt aber gelernt, wie Politik funktioniert: Mit der Bemerkung, ein sanierter Winzerkeller sei ja ein viel "exklusiveres" Jugendhaus als das Bürgerzentrum, wurde ihnen gleich der nächste Floh ins Ohr gesetzt. Als ob die Stadt im Geld schwimmen würde … a.follmann@volksfreund.de

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