Trierer Speckgürtel wächst und wächst

Trier/Schweich/Waldrach · Das Umland von Trier ist eine attraktive Wohnregion. Das belegen Zahlen aus den Standesämtern der Verbandsgemeinden Schweich, Ruwer und Trier-Land. Insbesondere die Stadt Schweich boomt. Ende 2012 lebten dort 253 Menschen mehr als ein Jahr zuvor.

 Enge Nachbarn sind Schweich und die A 1 (links): Der in 20 Jahren enorm angestiegene Verkehrslärm erfordert einen modernen Schallschutz. Der Stadtbürgermeister hofft auf eine schnelle Entscheidung in Berlin. Rechts: Noch verhindert ein Betriebsgrundstück am Schweicher Bahnhof die Zufahrt für große Linienbusse. Bis 2014 soll sich das ändern. TV-Fotos: Friedhelm Knopp (2) / Portaflug (1)

Enge Nachbarn sind Schweich und die A 1 (links): Der in 20 Jahren enorm angestiegene Verkehrslärm erfordert einen modernen Schallschutz. Der Stadtbürgermeister hofft auf eine schnelle Entscheidung in Berlin. Rechts: Noch verhindert ein Betriebsgrundstück am Schweicher Bahnhof die Zufahrt für große Linienbusse. Bis 2014 soll sich das ändern. TV-Fotos: Friedhelm Knopp (2) / Portaflug (1)

Trier/Schweich/Waldrach. Man sieht die "Geisterdörfer" beispielsweise, wenn man im Raum Pirmasens mit dem Auto unterwegs ist, aber auch in Teilen von Eifel und Hunsrück gibt es erste Anzeichen des demografischen Wandels: verlassene Fabriken, leer stehende Geschäfte, unbewohnte, heruntergekommene Häuser. Im Trierer Land gibt es solche Bilder bisher nicht. Wie ein Blick in die Statistik der Standesämter der Verbandsgemeinden (VG) Schweich, Ruwer und Trier-Land zeigt, sind hier die Einwohnerzahlen relativ stabil; in der VG Schweich gab es im Verlauf des Jahres 2012 sogar einen Anstieg um 363 auf 28 179 Personen. Daran hat die Stadt Schweich (7469 Bewohner) mit einem Zuwachs von 253 Menschen den größten Anteil.
Zweites Auto verzichtbar


Insbesondere junge Leute zieht es in das Mittelzentrum an der Mosel, wo derzeit mit dem Ermesgraben das größte Baugebiet in Rheinland-Pfalz entwickelt wird. Mehr als die Hälfte der 338 Grundstücke sind bebaut. Schweich sei landschaftlich reizvoll und verfüge mit Bahn, Autobahn und Bussen über eine gute Verkehrsinfrastruktur, sagt Stadtbürgermeister Otmar Rößler. "Mir haben schon einige junge Familien gesagt, dass sie auch teurere Grundstücke oder höhere Mieten in Schweich in Kauf nehmen, weil sie auf ein zweites Auto verzichten können."
Im Ermesgraben leben viele Familien mit kleinen Kindern; einige von ihnen haben ihr Scherflein dazu beigetragen, dass die Zahl der Geburten in der VG Schweich im vergangenen Jahr so stark zugenommen hat (siehe Grafik).
Für den Soziologen Professor Waldemar Vogelgesang von der Uni Trier spielt Schweich eine Sonderrolle. Ursprünglich habe man angenommen, alle kleineren Städte in der Region verhielten sich homogen und seien vergleichbar. Dem sei aber nicht so, wenn man beispielsweise Hermeskeil mit Schweich vergleiche. Vogelgesang ("Schweich wird von allen Kleinstädten am stärksten wachsen") macht in erster Linie die Nähe zu Trier und Luxemburg dafür verantwortlich, aber auch die intakte Umwelt- und Sozialstruktur und die guten Angebote im Schul- und Vorschulbereich.
Arbeiten, einkaufen, Freizeitmöglichkeiten - diese Angebote stimmen offenbar im Speckgürtel Triers. Für Jugendliche seien die Oberzentren auch aus größerer Entfernung interessant. "Umfragen haben ergeben, dass sie einen Wohnradius von bis zu 45 Kilometer akzeptieren", sagt der Soziologe. "Besonderen Wert legen sie auf Bahn, Shuttleverbindungen und Fahrgemeinschaften."
Einen Rückgang der Bevölkerung werde es rund um die Stadt Trier wohl ab dem Jahr 2020 geben, sagt Vogelgesang. Bis zum Jahr 2050 werde die Bevölkerung des Kreises Trier-Saarburg von derzeit rund 142 000 um etwa zehn Prozent auf 130 000 Personen abgenommen haben. Das sei weniger als im Nachbarkreis Bernkastel-Wittlich (13 Prozent) und erst recht im Vulkaneifelkreis (20 Prozent). Vorausgesetzt, der Hochschulstandort Trier bleibe so attraktiv wie heute, werde Trier in den nächsten Jahrzehnten seine Einwohnerzahl (rund 105 000 Einwohner) halten können, glaubt Vogelgesang.
Problem Landflucht


Dass Baugebiete eine wichtige Rolle bei der Wohnortwahl spielen, belege das Beispiel Ralingen. Während in den Ortsteilen Ralingen, Olk, Wintersdorf und Godendorf die Bevölkerung zurückgehe, habe Edingen durch sein Baugebiet zehn Prozent dazugewonnen.
Insbesondere kleinen Gemeinden zwischen 400 und 500 Einwohnern, die weiter als 50 Kilometer vom Oberzentrum entfernt liegen, sagt Vogelgesang eine schwierige Zukunft voraus. "Die haben die größten Probleme, eine bezahlbare Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Hier wird die Landflucht am größten sein."

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