Natur Expedition in den Untergrund des Waldes

Konz/Saarburg · Wegen des Klimawandels kann man künftig nicht mehr überall Fichten pflanzen. Erdlöcher im Hochwald helfen dabei, die richtige Baumart für die Zukunft zu finden.

 Michael Gerster erklärt, wie weit die Wurzeln ins Erdreich hineinreichen.

Michael Gerster erklärt, wie weit die Wurzeln ins Erdreich hineinreichen.

Foto: Medienhaus Trierischer Volksfreund/Harald Jansen

Wie es bei Hempels unterm Sofa aussieht, weiß jeder: ziemlich unordentlich. Die Forstverwaltung möchte nicht wissen, wie es bei Hempels aussieht. Ihr Augenmerk gilt dem Waldboden und dessen Aufbau. Deshalb gestaltet sich das Nachschauen ungleich aufwendiger. Klaus Remmy und seine Mitarbeiter tun es trotzdem. Remmys Büro Fonat sowie seine Trierer Kollegen vom Forstbüro Matt sind derzeit in den Wäldern unterwegs, um den Untergrund des Waldes zu erforschen (siehe Info). Und zwar in den Wäldern am Rösterkopf zwischen Holzerath, Reinsfeld, Kell und Schillingen sowie nahe der Saar bei Serrig, Wiltingen und Konz-Ober­emmel. Forstexperten wie Remmy oder seine Mitarbeiter Michael Gerster und Dominik Meyer wissen eigentlich schon auf den ersten Blick, wie es um den Untergrund bestellt ist. Das verraten unter anderem die an einem Standort vorkommenden Pflanzenarten. Und auch die Höhe eines Baums gibt Aufschluss darüber, was unterhalb der Oberfläche los ist. Remmy: „Es gibt Tabellen, auf denen man ablesen kann, wie hoch ein Baum in einem bestimmten Alter unter optimalen Bedingungen hoch sein müsste.“

Tabelle hin oder her – nur der Blick in den Untergrund kann letzte Klarheit schaffen. Deshalb rückt der Bagger an. So wie auf dem Rösterkopf. Dort wird deutlich, unter welchen Bedingungen dort der Wald wächst. 30 Zentimeter unter der Oberfläche gibt es die ersten Steine, nicht weit darunter beginnt undurchdringlicher Fels. „Es ist für Tannen kein idealer Standort. Da es hier jedoch ausreichend regnet, geht das trotzdem in Ordnung.“

Wie schnell sich der Untergrund verändert, wird nur wenige Hundert Meter vom ersten Standort entfernt sichtbar. Dort kann man noch nicht einmal auf den Boden der üblicherweise bis zu 1,5 Meter tiefen Grube sehen. Denn da steht Wasser. „Das hat nichts mit dem aktuellen Regen zu tun“, sagt Remmy. Vielmehr ist es so, dass eine Lehmschicht verhindert, dass das Wasser ablaufen kann. „Wir stehen hier eigentlich auf einem See“, sagt der Forstexperte.

Zahlreiche dieser Löcher sind inzwischen rund um den Rösterkopf zu finden. Doch gibt es Stellen, zu denen kein Bagger vordringen kann. außerdem wäre es zu aufwendig, den kompletten rheinland-pfälzischen Forst zu perforieren. Deshalb ist Handarbeit gefragt. Gerster und Meyer durchstreifen deshalb mit einem Hammer und einem Bohrstock bewaffnet durch den Forst. Der lange Bohrstock wird an einzelnen Stellen bis zu einem Meter tief in den Boden gerammt. Nach dem Herausziehen wird der Bohrkern analysiert. Auch so kann man feststellen, wie weit die Wurzeln reichen oder ab wann nur noch Fels vorhanden ist.

Und wozu das Ganze? Die aktuellen Kartierungsgebiete im Zuständigkeitsbereich der Forstämter Saarburg und Hochwald sind sogenannte Lerngebiete im Gesamtprojekt Standorttypenkartierung Rheinland-Pfalz. Von diesen Lerngebieten aus werden nach Auskunft Remmys in Computermodellen Parallelen auf benachbarte Gebiete übertragen, um auf diese Art und Weise auch Erkenntnisse für größere benachbarte Gebiete zu erhalten, die aus Kapazitätsgründen nicht aufwendig von Hand kartiert werden können.

Die Karten von heute helfen dann den Forstleuten und Waldbesitzern von morgen. Denn aufgrund der Ergebnisse kann man abschätzen, welche Baumart künftig an einem Standort wachsen kann. Denn nur weil irgendwo eine Fichte oder Tanne steht, heißt das nicht, dass dort in 20 Jahren diese Baumarten noch gedeihen.

 Michael Gerster zeigt, dass die Wurzeln des Baums nicht allzu tief hinabreichen. Denn rund einen halben Meter unter der Oberfläche beginnt der Fels.

Michael Gerster zeigt, dass die Wurzeln des Baums nicht allzu tief hinabreichen. Denn rund einen halben Meter unter der Oberfläche beginnt der Fels.

Foto: Medienhaus Trieirscher Volksfreund/Harald Jansen

Das hat nach Ansicht des Forstsachverständigen Klaus Remmy unter anderem etwas mit dem Klimawandel zu tun. Fichten hätten beispielsweise künftig nur noch auf Standorten über 500 Metern und mindestens 700 Millimetern Niederschlag pro Jahr eine Chance.

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