Ralingen Wo die Lebensfreude ansteckend ist

Ralingen · Adrian Wirtz aus Ralingen verbringt ein Jahr als Freiwilliger in Ruanda. Dort hat er auch einiges über sich selbst erfahren.

 Adrian Wirtz aus Ralingen hat ein Jahr in Ruanda verbracht und dabei viel Lebenserfahrung gesammelt.

Adrian Wirtz aus Ralingen hat ein Jahr in Ruanda verbracht und dabei viel Lebenserfahrung gesammelt.

Foto: Bistum Trier

Nach dem Abitur erst einmal hinaus in die weite Welt, fremde Kulturen und Menschen kennenlernen, Freundschaften schließen und als anderer Mensch zurückkommen: Adrian Wirtz aus Ralingen hat sich diesen Wunsch mit einem Freiwilligendienst in Ruanda erfüllt. Begleitet wurde er dabei von den Sozialen Friedensdiensten im Ausland (SoFiA) des Bistums Trier, die ihn in der Vorbereitung und auch während seines Einsatzes unterstützt haben.

Seit Mitte August ist der 20-Jährige nun wieder in der Heimat, und obwohl ihm die hiesigen Temperaturen kalt erscheinen, freut er sich auch wieder auf Jahreszeiten, wie er erzählt. In Kigali, der Hauptstadt Ruandas, arbeitete er 13 Monate lang in einem Don Bosco Schul- und Freizeitzentrum mit, unterstützte die Lehrer im Englisch-Unterricht, gab selbst Fußballtraining und organisierte andere sportliche und spielerische Aktivitäten für die Kinder und Jugendlichen.

Die technische Sekundarschule besuchen 241 junge Menschen von 16 bis 28, die Berufe wie Elektriker, Schreiner, Maurer oder Installateur erlernen, außerdem gibt es ein Internat für junge Männer und nachmittags das Freizeitprogramm auch für jüngere Kinder, berichtet Adrian. „Man muss sich das vorstellen wie eine grüne Oase mitten in Kigali, dort wird Ackerbau betrieben, es gibt riesige Bananenplantagen.“

Adrians Ansprechpartner vor Ort waren die Priester des Salesianerordens, die das Zentrum leiten, und zum anderen ein Mentor von außerhalb. „Wir waren am Esstisch immer eine Multikultitruppe, da die Priester nicht nur aus Ruanda, sondern auch aus Belgien, Uganda, Slowenien, Burundi und anderen Ländern kamen. Am weitesten kommt man mit Französisch, auch wenn man zunächst mal wegen der Dialekte trotz acht Jahre Schulfranzösisch wenig versteht.“

Die erste Begegnung mit den Schülern habe gleich für Belustigung gesorgt, als sie erfuhren, dass ihr neuer Hilfslehrer selbst erst 19 Jahre alt war, erinnert sich Adrian.

Ein typischer Tag begann für ihn um 6.30 Uhr. Nach einem Morgen­impuls für die ganze Schulgemeinschaft um 7.15 Uhr half er im Unterricht mit, und nachmittags ging es dann im Jugendzentrum los: „Unter der Woche kommen hier so zwischen 700 und 800, am Wochenende auch mal bis zu 1500 Kinder aus den umliegenden Vierteln. Wir haben mit ihnen Tischtennisplatten gebaut, Fußball, Basketball, Volleyball gespielt, es wurden Kampfsportarten und Akrobatik angeboten. Anfangs habe ich auch mitgeturnt, bis ich Rückenprobleme bekam und aufhören musste“, erzählt Adrian. Beeindruckt habe ihn vor allem die Mentalität der Menschen: „Die Kinder haben teilweise umgerechnet nicht mal 50 Cent am Tag in der Tasche, aber verbringen ihren Tag mit einer unglaublichen Lebensfreude. Da kann man sich einiges abschauen, das ist wirklich beneidenswert. Die Ruander sind sehr freundlich, gehen offen auf einen zu, man klatscht sich mit den Kindern ab, unterhält sich, wenn man jemanden auf der Straße trifft.“ Aus diesen Begegnungen habe er sehr viel für sein eigenes Leben lernen können: „Man gibt den Menschen sehr viel, aber man bekommt unheimlich viel zurück.“ Ein Beispiel: Adrian leistete bei einem Schüler Erste Hilfe, als dieser sich beim Fußball verletzte.
“Ich habe seine Wunde versorgt und ihn in die Krankenstation gebracht. Zwei Wochen später kam er mit einer Einladung zur Hochzeit seiner Schwester in der Hand zu mir.“ Natürlich gab es auch prägende Erlebnisse, die ihm die Armut der Menschen vor Augen führten. Kigali täusche als Stadt über vieles hinweg, weil es sehr modern sei und eine Agenda verfolge, das Singapur Afrikas zu werden, erzählt Adrian. Aber als die Akrobatiktruppe einen Auftritt hatte, und er das Catering begleitete, stürzten sich die Kinder aus dem Viertel auf die schon leeren Töpfe und Schüsseln und versuchten, die Reste mit den Nägeln herauszukratzen. „Solche Dinge haben mein Bewusstsein geschärft, für das, was ich wirklich im Leben brauche.“
Jedes zweite Wochenende reiste er deshalb auch über das ländliche
Ruanda, besuchte andere Freiwillige in deren Dörfern. „Dort gibt es in der Trockenzeit teilweise nicht mal fließendes Wasser.“ Als sich Adrian im Januar 2017 bei SoFiA bewarb, kannte er das Zentrum bereits, obwohl er nicht wusste, dass er auch dort eingesetzt werden würde. „Mein Vater engagiert sich in einer Partnerorganisation SoFiAs, bei Handwerk hilft, einer Schreinervereinigung aus dem Raum Trier, die sich für die handwerkliche Ausbildung im Don Bosco Zentrum engagiert. Dass es dann wirklich diese Einsatzstelle für mich wird, war natürlich super.“ Die Vorbereitung durch SoFiA erlebte Adrian als wichtigen Teil des  Freiwilligendienstes: Neben Orientierungswochenenden gibt es Seminare zu Gesundheits- und Sicherheitsaspekten, interkultureller Kompetenz, Umgang mit Armut und anderen Themen. „Wir haben sehr viel über uns selbst reflektiert, über eigene Ziele im Leben gesprochen. Es habe gutgetan und eine tolle Gemeinschaft unter den Freiwilligen gegeben – dort im Nirwana der Eifel ohne Handyempfang“, lacht Adrian. Der sei in Afrika übrigens viel besser gewesen. Wer sich für einen Freiwilligendienst mit SoFiA interessiert, kann sich bis 26. September bewerben. Das Orientierungswochenende findet im Herbst statt. Einsatzorte sind Lateinamerika, Afrika, Asien und Osteuropa.

Anmeldung und Infos bei: SoFiA, Telefon 0651/993796-301, E-Mail sofia@soziale-lerndienste.de und unter: www.sofia-trier.de

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