Über 1000 Menschen bei zweiter Anti-NPD-Demo

Trier · Friedlich, diszipliniert, eindrucksvoll: So zog gestern Abend die Demonstration unter dem Motto "Uns schöner Trier - Unsere Stadt hat Nazis satt" durch die Trierer Innenstadt. Bereits seit Wochen war der von 70 Organisationen aus der Region unterstützte Protestzug aus Anlass der NPD-Stadtrats-Kandidatur geplant.

 Bunt statt braun: Die Anti-NPD-Kundgebung am Freitag, hier bei der Formation am Hauptmarkt, mobilisierte Menschen aller Alters- und Gesellschaftsgruppen. Die Veranstalter gaben die Teilnehmerzahl mit 1300 an. TV-Foto: Hans Krämer

Bunt statt braun: Die Anti-NPD-Kundgebung am Freitag, hier bei der Formation am Hauptmarkt, mobilisierte Menschen aller Alters- und Gesellschaftsgruppen. Die Veranstalter gaben die Teilnehmerzahl mit 1300 an. TV-Foto: Hans Krämer

Noch 20 Minuten vor Demo-Beginn hatte es auf dem Hauptmarkt so ausgesehen, als behielten die Skeptiker Recht, die prognostiziert hatten, nach der kurzfristig anberaumten und stark besuchten Protestaktion letzten Samstag anlässlich der NPD-Kundgebung auf dem Simeonstiftplatz sei die Demonstrationsfreude der Trierer abgeebbt.

Doch gegen 17 Uhr strömten immer mehr Menschen auf den Hauptmarkt, wo die Redner angesichts der bescheiden dimensionierten Verstärker-Anlage Mühe hatten, das gesamte Publikum zu erreichen.

Querschnitt durch alle Gesellschaftsgruppen

Es war eine bunt gemischte Gruppe, die sich eingefunden hatte, um ihren Beitrag für das "Bündnis gegen Rechts" zu leisten. Punks standen neben Familienvätern, Frauenbewegte neben Kinderwagenfahrerinnen, Rollstuhlfahrer neben Joggern - ein Querschnitt durch alle Alters- und Gesellschaftsgruppen. Mit durchaus unterschiedlichen persönlichen Motivationen. "Wehret den Anfängen", stand auf dem Schild, das Edith Dühr hochhielt. Sie weiß, worum es geht, war doch ihre Familie im "Dritten Reich" Opfer des Nazi-Terrors. Fünf Meter entfernt: die 16-jährige Britta, ein großer TBB-Fan. Ihre Befürchtung: "Wenn diese Bekloppten an die Macht kommen, dürfen nur noch ,Arier' Basketball spielen."

Im Umfeld der Demonstration machten Gerüchte die Runde, Trierer Rechtsextreme hätten sich in der Innenstadt versammelt, es sei sogar schon zu Festnahmen gekommen. "Alles Quatsch", versicherte die Polizei. Vielleicht braucht mancher Antifa-Kämpfer auch das Feindbild zur Motivation.

Markus Pflüger von der Arbeitsgemeinschaft Frieden machte den Auftakt bei der Start-Kundgebung auf dem Hauptmarkt. Gerade in Trier sei Protest gegen rechte Parolen nötig: "Wir waren doch immer ein Schmelztiegel der Kulturen, und das war bestimmt nicht zum Schaden der Stadt." Viel Beifall gab es für Pflügers Fazit: "Wir wollen keine Einfalt, wir wollen Vielfalt."

Thomas Kupcik von der katholischen Pax-Christi-Bewegung erinnerte an die Vergangenheit: "Als die Nazis damals auch in Trier an die Macht kamen, haben zu viele zu lange geschwiegen". Die Menschenwürde sei "den Menschen von Gott gegeben worden", deshalb habe "niemand das Recht, sie in Frage zu stellen". Reinhard Spitzley vom Verein "Palais" zeigte die sozialpolitischen Zusammenhänge der aktuellen Situation auf. "Wo Familien kein Geld haben, um das Schulmittagessen für ihre Kinder oder die Teilnahme an der Klassenfahrt zu bezahlen, da findet die NPD ihren Nährboden."

Gegen 17.30 Uhr machte sich ein 400 Meter langer Demonstrationszug auf den Weg, um über die Brotstraße, die Weberbach und die Fleischstraße schließlich an der Porta Nigra anzukommen. Während vorne fleißig Parolen skandiert wurden, glich die Demo weiter hinten einem lockeren Schweigemarsch. An der Weberbach hielt man kurz an - exakt an jener Stelle, wo Rechtsextreme, darunter der Trierer NPD-Spitzenkandidat Safet Babic, vor wenigen Wochen einen politischen Gegner zusammengeschlagen haben sollen.
Bei der Abschlusskundgebung vor der Porta forderten unter anderem DGB-Chef Karl-Heinz Päulgen und der Sprecher des Multikulturellen Zentrums, Ilyas Pinar, die aktuelle Krise dürfe "kein Vorwand für rechte Parolen sein".

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