Auslese Mit Schweine-Swat-Teams in den Wingerten

Reims/Trier · Unsere französischen Nachbarn sind uns bisweilen einen Schritt voraus. Wenn sie nicht gerade dafür streiken, dass sie nicht mit 64 Jahren in Rente gehen müssen, haben sie echt innovative Ideen. Vor allem im Weinbau.

 Schweine in Weinbergen? In der Champagne testet man das.

Schweine in Weinbergen? In der Champagne testet man das.

Foto: dpa/Boris Roessler

Zufällig bin ich im online magazin.wein.plus auf einen höchst interessanten Artikel gestoßen: „Champagne testet Schweine zur Unkrautbekämpfung“ heißt die Schlagzeile. Nanu? Schweine im Weinberg? Der erste April ist doch erst in einer Woche? Eben. In dem Artikel wird beschrieben, dass die Winzer der Champagne die aus Neuseeland stammende Rasse Kunekune einsetzen. Diese kleinen Tiere hätten eine schwache Nackenmuskulatur und könnten die Köpfe kaum heben. – Klingt nach einem haarsträubenden Zuchtprogramm. – Tatsächlich stammt der Name aber von den Maoris, den Ureinwohnern Neuseelands, und bedeutet „rund und fett“. Die Rasse wurde früher fast ausschließlich in Maori-Gemeinden gehalten und erst in den 1970er Jahren wieder entdeckt.

Nun auch für die Arbeit im Weinberg. Für die sind sie deshalb so gut geeignet, weil sie aufgrund ihres kleinen Wuchses die Trauben, Blätter und Äste der Rebstöcke nicht erreichen können. Ausgewachsene Kunekunes sind nämlich nur 55 bis 60 Zentimeter groß und 95 bis 115 Zentimeter lang. Die genügsamen Tiere fressen fast ausschließlich Gras, Unkraut und abgefallenes Laub zwischen den Rebzeilen. Na, wer sagt’s denn. So sind die exklusiven Trauben in den teuren Weinbergen der Champagne sicher wie in Abrahams Schoß.

Da die knuffigen Schweinchen außerdem gut klettern können, erreichen sie selbst steile Lagen. Magnifique! Ich stelle sie mir gerade im Bremmer Calmont vor, der steilsten Weinlage Europas. Haben die Wutze genug gefuttert, werden sie in eine andere Parzelle geführt – natürlich stets rundum gut geschützt mit einem Elektrozaun.

Der Einsatz des schweinischen Swat-Teams kommt allerdings nicht von ungefähr. Der regionale Champagnerverband CIVC hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 alle Produzenten als umweltfreundlich zu zertifizieren, schreibt das Magazin. Ein Thema, mit dem sich die hiesigen Winzer ebenfalls ausführlich auseinandersetzen.

Daher sind Ziegen oder Schafe, die Weinberge an der Mosel beweiden, mittlerweile kein ungewöhnlicher Anblick mehr. Überwiegend von Biowinzern eingesetzt, dürfen die aber nur in den Wintermonaten zwischen den Rebzeilen grasen. Sobald sich die ersten Knospen an den Stöcken zeigen, müssen die Tiere wieder verschwinden, schmeckt ihnen dieses zarte Grün doch bedeutend besser als Unkraut und Co.

Da kämen die kleinen Kunekunes gar nicht erst ran. Ich bin ja mal auf den ersten Moselwinzer gespannt, der Schwein (e) hat.

 Kommentarfoto_Kerl.pdf

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Foto: TV/Eltges, Stefanie

v.kerl@volksfreund.de

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