Musik Unterwegs mit Viktoria Tolstoy

Es geht ums Reisen“, erläutert Viktoria Tolstoy, bekannte schwedische und  hochgeschätzte Jazzsängerin mit klarer Stimme, die Intention ihres neuen Silberlings, „von Station zu Station, wie in meinem Leben als Musikerin.

Aber nicht nur um das Unterwegssein des Körpers, sondern auch des Geistes. Im Raum wie in der Zeit. Mit alten und neuen Songs, auch Originals, die eigens für dieses Album und sein Thema entstanden sind.“

Ein neuer Musikkollege geht mit Viktoria auf Reisen. Es ist Joel Lyssarides, der die hochkarätige Reihe der Pianisten von Esbjörn  Svensson bis Jacob Karlzon fortsetzt, die bisher in Tolstoys Band dabei waren.

Die soeben veröffentlichte CD Viktoria Tolstoys (Jahrgang 1974), der Ururenkelin des berühmten russischen Schriftstellers Leo Tolstoi, bietet insgesamt elf Songs mit einer Gesamtspielzeit von 50:29 Minuten). Diese stammen zum einen von schwedischen und andererseits von US-amerikanischen Jazz- und Singer/Songwriter-Größen wie Curtis Lewis oder auch Bob Dylan.

Das Album beginnt mit dem druckvollen, schnellen „I Should Run“ (1) aus der Feder der auch in Trier schon häufiger aufgetretenen schwedischen Sängerin und Pianistin Ida Sand. Es folgt das eher balladeske und tiefsinnige Titelstück „Stations“ (2) der Singer/Songwriterin Stina Nordenstam mit dem Refrain „It‘s never too early – it‘s never too late“. Titel 5 ist Tolstoys Version des Bob-Dylan-Songs „Million Miles“ vom Jahr 1997 über eine verlorene Liebe. Dann begibt sich Viktoria mit dem sehr schönen langsamen Titel der dänischen Jazzsängerin und -komponistin Sinne Eeg auf „The Streets of Berlin“ (6). Es folgen zwei Varianten Tolstoys zu Titeln, die zu den amerikanischen Standards zu zählen sind. Zunächst „The Old Country“ (7) von Nat  Adderley und Curtis Lewis, das sie eigener Aussage zufolge in der Version Nancy Wilsons (1961) kennt und „seit 25 Jahren selbst singt“, aber noch nie aufgenommen hat. Jetzt ist es also endlich fällig geworden, zumal es auch gut zur Thematik passt. Der andere Standardtitel ist „The Great City“ (8), ebenfalls von Curtis Lewis. Gerade bei diesen beiden Titeln wird das ungemein fantastische Harmonieren von Pianist Joel Lyssarides mit Gitarrist Krister Jonsson deutlich. Als Schlussnummer hat sich Tolstoy Shirley Horns Signature Song „Here‘s To Life“ (11) aus dem Jahr 1992 ausgesucht (von Phyllis Molinary & Arthur Butler). „Das ist sozusagen die Schleife drumherum“, meint Viktoria lächelnd.

Tolstoys Band vervollständigen – neben Lyssarides und Jonsson – Mattias Svensson am Bass und Rasmus Kihlberg am Schlagzeug. Produziert wurde das Album in bewährter Manier von Schwedens Jazz-Tausendsassa Nils Landgren, Star-Posaunist, Sänger und Organisator. Die beiden Letztgenannten wie auch Viktoria Tolstoy selbst sind in Trier und auch in Luxemburg keine Unbekannten: Sie waren 2016 bei Landgrens Hommage an Leonard Bernstein open air vor der Porta Nigra dabei. Tolstoy trat zudem mehrfach in der Philharmonie Luxemburg auf. Mr Red Horn Landgren gastierte mit seinem Projekt  „Christmas with my Friends“ mehrfach an der Mosel.

Fazit: Erneut wieder ein tolles Album von Viktoria Tolstoy, das zu hören sich mehr als lohnt.

Jörg Lehn

Viktoria Tolstoy with Joel Lyssarides, Krister Jonsson, Mattias Svensson and Rasmus Kihlberg: Stations, ACT Music + Vision, ACT 9740-2,  München 2020. Das Album ist am 31. Januar 2020 veröffentlicht worden.

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