Verbraucher erfreut, Bauern verärgert

Trier · Im Lebensmittelhandel tobt der Preiskampf. Inzwischen dürfen sich die Verbraucher über die neunte Preis-Senkungswelle des Jahres freuen. Laut Experten ist schon bei 860 Produkten der Rotstift angesetzt worden. Doch Erzeuger wie Landwirte und Winzer verzweifeln angesichts des Preisverfalls.

(hw/sey) Kann man für eine vierköpfige Familie für einen Tag einkaufen – für zehn Euro? Wir haben gestern den Test gemacht und sind einkaufen gegangen. Ergebnis: Es geht. Zwei Liter Milch für je 42 Cent, eine Gurke für 25 Cent, Nudeln (39 Cent), 500 Gramm Hackfleisch (1,95 Euro), Dosen-Tomaten (45 Cent), Pudding (vier Mal 19 Cent) und für abends Brot, Käse, Wurst, Apfelsaft: macht 9,72 Euro.

Der Preisverfall bei den Lebensmitteln hilft derzeit den Konsumenten. Nach Aldi, Lidl, Norma, Kaufland & Co. ziehen auch Rewe sowie Edeka mit ihrer „Netto“-Tochter bei der Preissenkungsrunde mit. Eine Edeka-Sprecherin sagte kürzlich: „Der Einzelhandel ist das tagtägliche Konjunkturprogramm für den Verbraucher – nachhaltiger als die Abwrack-Prämie.“ Handels-Experte Boris Planer vom Markt-Forschungsunternehmen Planet Retail sagt, dass die Rohstoffpreise gegenüber dem Tiefpunkt Ende 2008 wieder merklich angezogen haben. Dies spürten die Verbraucher aber zeitversetzt, da die Verträge zwischen der Lebensmittel-Industrie und dem Handel oftmals Laufzeiten von mehreren Monaten hätten. Bei Milch sei der Preistiefpunkt inzwischen sicherlich erreicht.

Matthias Wolfschmidt, Vize-Geschäftsführer der Organisation „Foodwatch“, die für bessere Verbraucherrechte und Transparenz bei Lebensmitteln kämpft, sieht hingegen eine Entkoppelung von Preis, Qualität und Herstellung. „Der Wettbewerb findet nicht über die Qualität von Lebensmitteln statt, sondern über den Preis.“ Der Verdrängungswettbewerb zwischen den Discountern wird an die Erzeuger weitergegeben.

Landwirte sind entsprechend bedient. „Unsere Produkte werden von den großen Lebensmittel-Discountern als Lock- und Ramsch-Artikel missbraucht“, kritisiert der Präsident des Bauernverbands Rheinland-Nassau, Leo Blum. Der Verbraucher werde mit billigen Milch- und Molkerei-Erzeugnissen in die Läden gelockt, die Gewinne aber machten die Discounter mit anderen Produkten. „Auch die Herren Aldi, Lidl, Rewe und Co. haben schließlich nichts zu verschenken“, sagt Blum und kritisiert zugleich die „Geiz-ist-geil-Mentalität“ vieler Verbraucher.

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