Abrüstung 1000 Menschen setzen ein Zeichen für den Frieden

Büchel · Aktionstag am Fliegerhorst Büchel verläuft friedlich. Theologin Margot Käßmann predigt über gewaltlosen Widerstand.

 Bedrohliches Szenario, dargestellt durch die Raketenattrappen der Demonstranten am Wochenende in Büchel.

Bedrohliches Szenario, dargestellt durch die Raketenattrappen der Demonstranten am Wochenende in Büchel.

Foto: Daniel Rühle/Daniel Rühle (RZ)

In den vergangenen Jahren war es ein vertrautes Bild am Eingang zum Fliegerhorst: ein paar Plakate mit Friedens-Slogans gegen die hier mutmaßlich stationierten 20 Atombomben, ein paar Aktivisten, die wacker Mahnwache halten. Am  Wochenende jedoch erinnerte eine bunte Friedenscamp-Atmosphäre mit zeitweise deutlich mehr als 1000 Teilnehmern an die großen Demos Anfang der 1980er Jahre. Protestsongs und Gedichtlesungen, künstlerische Performance mit Bombenattrappen, Workshops und Reden von Friedensbewegten zum Beispiel aus Japan oder den USA – das Konzept schaffte eine Volksfest­atmosphäre, die von den anwesenden Sicherheitskräften sichtlich entspannt beäugt wurde.

Mehr Schubkraft hatte das Pazifismus-Thema bereits durch die Auszeichnung der ICAN (Internationale Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen) mit dem Friedensnobelpreis 2017 erhalten; auch die in der Eifel aktive Gruppe gehört zum internationalen Bündnis. ICAN und die Partnerinitiative IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges) hatten nun zum generationsübergreifenden Friedensfest am Bundeswehrstützpunkt Büchel eingeladen. Roland Bach, einer der Koordinatoren, unterstrich, dass es nicht gegen die Menschen gehe, die in der Eifelregion von und mit dem Militär leben. Aber: „Es geht um die zunehmende Kriegsrhetorik und im Gegensatz dazu um die innere Haltung der Gewaltfreiheit. Wir müssen auch verbal abrüsten.“ Mit Blick auf die vielen Friedensfestaktivisten in Büchel, die schon zu den älteren Semestern zählen, betonte er: „Es ist keine Nostalgie, sondern wir haben aktuell eine besonders große Bedrohungslage. Das Thema war nie wirklich weg, aber etliche Jahre für viele zu komplex und zu wenig konkret. Wir müssen jetzt auf andere Weise aufmerksam machen.“ Der Protest gegen die Atomwaffen werde wieder stärker und vernetze sich zunehmend mit der Jugendbewegung für mehr Klimaschutz und mit der Flüchtlingshilfe.

Die Demonstranten und Besucher des Fests reisten aus ganz Deutschland an, ein Katzensprung war es für die Dauner Delegation. Zum ökumenischen Gottesdienst gekommen waren zudem einige iranische Familien, deren Heimatland sich derzeit in einer besonders gefährlichen Eskalationsspirale mit den USA befindet. Margot Käßmann, ehemalige Ratspräsidentin der Evangelischen Kirche Deutschlands, nahm in ihrer Predigt zum Lukas-Evangelium („Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“) kein Blatt vor dem Mund: „Am Ende sind es immer die Gewaltlosen, an die man sich in Würde erinnert. Jemand wie Trump wird das nie erreichen können.“ Krieg und Gewalt könnten niemals durch Religion oder Gerechtigkeit legitimiert sein.  Gott werde lediglich für eigene Machtvorstellungen missbraucht. Und nach 1945 sei allein schon die Idee, Atombomben einsetzen zu können, völlig abwegig. „Da ist klarer Widerspruch angesagt!“

 Margot Käßmann (vorne links), ehemalige Ratspräsidentin der Evangelischen Kirche Deutschlands, bei der Demonstration in Büchel.

Margot Käßmann (vorne links), ehemalige Ratspräsidentin der Evangelischen Kirche Deutschlands, bei der Demonstration in Büchel.

Foto: Privat

Auch Käßmann betonte, dass das Festival keine Demonstration gegen die in Büchel stationierten Soldaten sei, sondern gegen eine Politik, die zu „entsetzlicher Schuld drängt“. Die Friedensethik sei alles andere als naiv. Sie lasse sich im Gegenteil „nicht in Verantwortungslosigkeit hineinschläfern“. Wichtig sei die Gewaltlosigkeit des Protests.

Das Festival war Teil einer mehrtägigen Aktion. Wie die IPPNW mitteilte, blieben auch die montäglichen Blockaden aller Zufahrtswege zum Atomwaffenstützpunkt Büchel ohne tätliche Auseinandersetzung. „Die Protestaktion wurde gezielt erst um 8 Uhr durchgeführt, um den Berufsverkehr so wenig wie möglich zu stören und dennoch ihren Forderungen mit diesem symbolischen Akt Nachdruck zu verleihen“, so Xanthe Hall von der IPPNW. Teilnehmer der regelmäßigen Mahnwachen berichten, dass die Reaktion der Streitkräfte zumeist gelassen bis freundlich sei, nur wenige zeigten durch Gesten Unmut oder Unverständnis.

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