73-Jähriger wegen Missbrauchs angeklagt

Seine zwei Enkelinnen soll ein 73-jähriger Rentner aus dem Stadtgebiet Mechernich mehrfach missbraucht haben. Die Staatsanwaltschaft fordert knapp vier Jahre Haft. Das Urteil soll nächste Woche verkündet werden.

Gemünd. Sind die beiden Mädchen glaubwürdig oder nicht? Um diese Frage ging es vorrangig am dritten Verhandlungstag vor dem Schöffengericht des Amtsgerichtes Gemünd gegen einen 73-jährigen Rentner aus dem Stadtgebiet Mechernich. Diesem wird zur Last gelegt, von Sommer 2007 bis Februar 2008 in mehreren Fällen seine beiden Enkelinnen sexuell missbraucht zu haben.

Ihnen soll der Angeklagte dafür Geld, Handy-Karten und einen Roller geschenkt haben. Mit der Drohung, sie kämen ins Heim, wenn sie sich ihren Eltern anvertrauten, soll der Großvater die Mädchen zum Stillschweigen angehalten haben. Darüber hinaus soll er sie auch gefragt haben, ob sich ihm Freundinnen der Mädchen "gegen Bezahlung zur Verfügung stellen" würden.

Ausführlich analysierte gestern eine von der Staatsanwaltschaft Aachen beauftragte Diplom-Psychologin die Wahrhaftigkeit der Aussagen einer der beiden Enkelinnen. Trotz teils abweichender Angaben zu den Aussagen der Schwester und einiger Widersprüche attestierte sie dieser Glaubwürdigkeit.

In ihrem Gutachten führte sie unter anderem die "unterdurchschnittlichen Begabungen" des Mädchens vor allem in ihrem sprachlichen Ausdrucksvermögen an. Auch vor dem Hintergrund, dass sowohl sie als auch ihre Schwester zum Tatzeitpunkt keinerlei sexuelle Erfahrungen gehabt hätten, seien ihre Angaben glaubhaft.

Die Enkelin habe sogar zum Teil entlastende Aussagen gemacht: So habe sie vom zuvor guten Verhältnis zum Opa gesprochen und auch erklärt, dass es durchaus Treffen gegeben habe, bei denen es nicht zu Übergriffen gekommen sei.

Gutachten bescheinigt Glaubwürdigkeit



Eine "Schwarz-Weiß-Malerei" des Verhältnisses zum Großvater, so die Gutachterin, fehle völlig in den Schilderungen. Diese sei jedoch üblicherweise ein Indiz für eine Falschaussage.

Gleichzeitig räumte die Psychologin ein, dass die Verwertbarkeit der Aussagen insofern eingeschränkt sei, als dass alles "mühsam habe erfragt werden müssen".

Von der Glaubwürdigkeit beider Mädchen geht auch die Staatsanwältin aus. Sie führte an, dass beide die Vorfälle "im Kern übereinstimmend" geschildert hätten. Dem Angeklagten warf sie in der gestrigen Verhandlung vor, seine Vertrauensstellung ausgenutzt und eine psychische Zwangslage aufgebaut zu haben.

Noch heute hätten beide Mädchen unter psychischen Beeinträchtigungen zu leiden. Die Staatsanwältin forderte in ihrem abschließenden Plädoyer, den Mann zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt drei Jahren und acht Monaten zu verurteilen.

Ihren Ausführungen schloss sich auch der Anwalt der Mädchen an. "Die beiden werden ein Leben lang daran zu knabbern haben", erklärte er angesichts der Tatsache, dass die "bislang völlig unerfahrenen" Mädchen ausgerechnet mit dem Großvater ihre "ersten Erfahrungen" hätten machen müssen. Hinsichtlich der Widersprüche verwies auch er auf die mangelnde Ausdrucksfähigkeit.

Mehrfach habe nachgefragt werden müssen, was den beiden Mädchen sichtlich unangenehm gewesen sei. Mit der von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafe wolle er ein Zeichen gesetzt sehen.

Dagegen sah der Verteidiger die Anklagepunkte nicht erfüllt. So verwerflich und unmoralisch sein Mandant auch gehandelt habe, seien die Enkelinnen dem Großvater durchaus willig gewesen. Zudem könne aufgrund der unklaren Zeitangaben nicht ausgeschlossen werden, dass eine der beiden nicht bereits 16 Jahre alt gewesen sei.

Anders als geplant, verkündete Richter Kai Bergmann gestern noch kein Urteil. Bis nächste Woche möchte er sich weiter mit den Schöffen beraten.

Als neuer Termin für die Urteilsverkündung im Gemünder Amtsgericht wurde nun der kommende Mittwoch, 19. Mai, angesetzt.

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