7382 Kilometer machen gelassen

DAUN-NEUNKIRCHEN. Drei Monate, die sein Leben veränderten: Jürgen Läpple ist mit dem Fahrrad mehr als 7000 Kilometer durch Deutschland, Frankreich, Spanien und Portugal geradelt. Am meisten fasziniert hat den 53-Jährigen der spanische Teil des Jakobus-Pilgerwegs.

Die Zahlen zum neuen Mensch: Genau 7382 Kilometer ist Jürgen Läpple in 77 Tagen geradelt - mindestens 60 Kilometer, höchstens 160 Kilometer am Tag. Sein Gepäck hat er auf 40 Kilo begrenzt. Auf seiner Tour durch Deutschland, Frankreich, Spanien und Portugal ist er selbst 17 Kilo leichter geworden und hat mit Temperatur-Unterschieden zwischen zwei und 35 Grad gekämpft. Inzwischen, mit etwas Abstand nach der Rückkehr vor gut zwei Monaten, ist der Familienvater überzeugt, dass die Radtour, die er mit seiner Frau und den drei Töchtern abgestimmt hat, sein ganzes Leben verändert hat. "Ich bin gelassener und toleranter geworden, ich sehe mein Leben klarer. Es war ein tief greifendes Erlebnis", sagt der Sportler. Am 6. April startete Läpple von seinem Zuhause im Eichelhäherweg und durchquerte auf seiner ersten Etappe den Hunsrück und das Saarland, bis er das französische Burgund erreichte. Sein Gepäck: Zelt und bescheidene Campingausrüstung, Kleidung und Schuhe, Reiseliteratur und Kartenmaterial. Er übernachtete in französischen Wanderherbergen und spanischen Pilgerklausen, in seinem Zelt auf Campingplätzen oder in der freien Natur. Ganz auf sich gestellt, freute er sich über jeden Kontakt. Er traf einen pensionierten Offizier aus England, der ebenfalls mit dem Fahrrad unterwegs war, einen Fußpilger aus Norwegen und viele Einheimische, die freundlich und hilfsbereit waren. Aber es habe auch Abende gegeben, an denen er sich sehr verlassen und einsam gefühlt habe. "Da habe ich gespürt, dass ich meine Grenze erreicht habe", sagt Läpple. Doch immer wieder motivierte ihn die Schönheit der Landschaft und Städte, weiterzuradeln: Leon, Santiago de Compostela, Granada, Tarifa mit dem Blick nach Afrika, der Besuch bei Freunden in Barcelona und Montpellier waren Höhepunkte für ihn. Die Unternehmung sei in jedem Fall eine sportliche Herausforderung gewesen. Zwar blieb er von Unfällen und Krankheiten verschont, aber zahlreiche Reifenpannen gehören zu seiner Bilanz. Doch darüber hinaus sei es für ihn auch um religiöse und meditative Aspekte gegangen. Das sei ihm besonders auf dem Jakobspilgerweg deutlich geworden. "Welche einzige Sorge sollte ich denn an einem bestimmten Wegkreuz abladen? Welchen einzigen Wunsch sollte ich denn aussprechen, wenn ich in der Kathedrale in Santiago de Compostela ankomme?", fragte sich der Radler. Da habe er gespürt, wie viel es bedeutet, wieder nach Hause in den Alltag zurückzukehren. Jeden Abend hatte Jürgen Läpple seiner Familie einen Brief geschrieben, drei bis sechs Seiten lang, dazu Ansichtskarten von allen wichtigen Etappenzielen. Und er schickte auch Päckchen mit Akazienhonig, Lavagestein oder der Urkunde, die bestätigte, dass er Santiago auf dem Pilgerweg erreicht hat. Auch seine Filme steckte er in die Päckchen. Die Bilder erinnern ihn nun an eine Reise, von der er sagt: "Ich habe jeden Tag genossen!"