Ab Montag gibt es keine "Hütchen" mehr

Am Sonntag, 31. Mai, schließt das "Gasthaus Feltges" in Oberbettingen. Damit geht nach 150 Jahren dem Dorf ein wichtiger Treffpunkt verloren. Viele Einheimische bedauern das Ende des Familienbetriebes. Das Betreiberpaar schließt, weil es für die sechste Generation keine Nachfolger gibt.

 Am Sonntag werden im Gasthaus Feltges in Oberbettingen die letzten „Hütchen“, eine Spezialmischung aus Cognac mit einem Schuß Cola, ausgeschenkt. Anne und Bernd Feltges, die fünfte Generation der Gasthaus-Familie, beenden mit der Schließung eine 150-jährige Ära. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Am Sonntag werden im Gasthaus Feltges in Oberbettingen die letzten „Hütchen“, eine Spezialmischung aus Cognac mit einem Schuß Cola, ausgeschenkt. Anne und Bernd Feltges, die fünfte Generation der Gasthaus-Familie, beenden mit der Schließung eine 150-jährige Ära. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Oberbettingen. (vog) "Gasthaus Feltges" sagt niemand aus der Region zu dem Traditionsbetrieb. "Bei Stengs" (abgeleitet von "bei Christine") wird der Familienbetrieb nahe der Kirche in der Ortsmitte genannt. "Stengs" steht für gemütliche Gastlichkeit ohne lärmende Spielautomaten.

Die Wirtsstube ist ein idealer Treffpunkt für Kartenspieler und Cliquen. Anne Feltges erzählt: "Seit 38 Jahren kommen Dienstag abends die Turnfrauen nach dem Sport zu uns." Die 60-Jährige meint: "Sicherlich wird mir das Eine oder Andere fehlen, aber alle wussten schon lange, dass wir nach meinem 60. schließen."

Ehemann Bernd, gelernter Landwirt und hauptberuflich Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes, meint: "Unsere Kinder, die sechste Generation, wollen keine Gastwirte werden. Ohne Nachfolger ist das Aus fürs Gasthaus die logische Entscheidung." Er hat von Kindesbeinen an erlebt, was es heißt, in einem gastronomischen Betrieb mit angeschlossener Landwirtschaft aufzuwachsen. Lachend erzählt er: "Wir haben oft in der Kneipe unsere Hausaufgaben gemacht und als Jugendliche nebenbei noch bedient. Jeder machte das, was anfiel." Ein großes Lob zollt er Ehefrau Anne: "Sie kam aus einem sehr geordneten Haushalt und war streng erzogen. Sie musste sich erst an deftigen Sprachgebrauch im Gasthaus gewöhnen und wurde eine tolle Wirtsfrau."

Anne Feltges erinnert sich gerne an die Zeit als Vereinslokal der 1. Mannschaft. Viele Anekdoten hat sie zu den Sonntagnachmittagen der 80er Jahre parat. Beispiel: auf dem Tisch tanzender Stürmer, gekleidet in neuer Unterwäsche-Montur. Auch die Trendwellen verschiedener Getränke kann die Wirtin aufzählen: Apfelkorn sei am heftigsten gewesen. In Oberbettingen gilt das "Hütchen" (Cognac mit einem Schuss Cola) als Spezialgetränk. Bereits seit 15 Jahren finden bei "Stengs" keine Tanzveranstaltungen mehr statt.

Der Saal für 200 Gäste und der kleine Saal mit 60 Plätzen wurden für Familienfeste, Beerdigungen und Karnevalssitzungen genutzt. Ortsbürgermeister Hans-Jakob Meyer: "Schade, dass Stengs zumacht. Damit geht ein wichtiges Kapitel der Dorfgeschichte zu Ende." Die Ortsgemeinde plant den Umbau der alten Schule zum Bürgerhaus mit Festsaal.

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