Abschied: Ordnungsgemäß

GEROLSTEIN/BIRRESBORN. Was für eine Zeit! Heute, nach 46 Jahren "und drei Monaten, um es genau zu nehmen", geht Karl Seidel, der langjährige Leiter der Verbandsgemeinde-Werke Gerolstein in Ruhestand.

"Ich werde meinen Job bis zum letzten Tag ordnungsgemäß zu Ende führen", sagt der gebürtige Densborner Karl Seidel, den so gut wie jeder im Gerolsteiner Land kennt, wie selbstverständlich. Schließlich ist ihm Pflichterfüllung als Beamter nicht fremd. Und dennoch gehe er "mit einem guten Gefühl raus". Das liegt aber weniger daran, dass er des Jobs überdrüssig sei, "wenngleich ich mich schon darauf freue, mich meinen Enkelkindern mehr widmen und mehr Fahrrad fahren und wandern zu können". Und da seine Tochter derzeit in Birresborn baue, wo auch er seit fast 40 Jahren lebt, und er zudem noch Vorsitzender des Gesangvereins ist "gehe ich davon aus, dass mir vorerst nicht langweilig wird", sagt Seidel. Ein gutes Gefühl bereite ihm aber auch die feste Überzeugung, dass er seinem Nachfolger (Karl Servatius) ein gut bestelltes Feld hinterlässt. "Wir liegen, was die Entgelte betrifft, im unteren Drittel in der Region, und das Meiste ist erledigt", verweist er auf Investitionen von 80 Millionen Euro für Wasser und Abwasser während seiner Amtszeit seit 1986. "Es ist aber nicht so, dass nichts mehr zu tun ist", spielt er auf die aufwändige Anbindung von einzelnen Gehöften ans Kanalnetz sowie verschärfte Vorschriften an. Doch dies alles wird nicht mehr sein Problem sein. Da plagen ihn die "Bauchschmerzen, die schlimmer werden, je näher der Tag heranrückt" schon mehr. Und dass es heute nun so weit ist, sei ihm zuletzt immer öfter ins Gedächtnis gerufen worden: durch Kollegen, "aber auch, wenn ich an Projekten vorbeigefahren bin, an denen ich maßgeblich beteiligt war". Und davon gibt es einige, denn Seidel war auch zehn Jahre Baumamts-Chef im Gerolsteiner Rathaus - von 1976 bis 1985. In dieser Zeit sei das Rathaus an der Kyll und nicht zuletzt die Fußgängerzone gebaut worden. In seiner jetzigen Funktion waren herausragende Projekte die Kläranlage Lissingen für 15 Millionen Mark sowie - ganz aktuell - der Generalumbau des Gerolsteiner Freibads über den Seidel sagt: "Es erfüllt mich ein wenig mit Stolz, dass das auf den Weg gebracht worden ist." Überhaupt blickt der 60-Jährige (60 und ein Halb - um es genau zu nehmen), der bei der Amtsverwaltung in Birresborn begonnen hat, zufrieden zurück. Seidel: "Ich bereue keine Stunde." Den Job im öffentlichen Dienst hält er nach wie vor für "erstrebenswert, vor allem, weil man mit vielen Leuten zu tun hat und irgendwie auch alles können muss - zumindest bei einer kleinen Verwaltung wie damals in Birresborn." Klar, spiele auch die Sicherheit des Beamtenjobs eine Rolle. Das alles aber sei nicht der Grund, weshalb er den Weg eingeschlagen habe. Er berichtet: "Damals habe ich zugesehen, dass ich überhaupt eine Lehre bekomme. Und da wir noch Landwirtschaft hatten, hat diese Stelle gut gepasst. So war ich abends bei Zeiten zu Hause und konnte noch mit anpacken." Ob er heute nach 46 Jahren (und drei Monaten, um es genau zu nehmen) auch bei Zeiten zu Hause sein wird, ist indes fraglich. Schließlich hat er die Rathaus-Belegschaft noch zu einem Umtrunk eingeladen. "Aber erst, nachdem ich meine Urkunde erhalten habe, denn die gehört zu einem Beamten einfach dazu", sagt er schmunzelnd.

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