"Absolute Mehrheiten sind schädlich"

Am 1. September hat die zweite Amtszeit von Landrat Heinz Onnertz begonnen. Im Interview mit dem Trierischen Volksfreund äußert er sich unter anderem zur Entwicklung der Schullandschaft im Kreis und zur geplanten Kommunalreform.

 Heinz Onnertz am Chef-Schreibtisch: Der Jurist ist seit 1999 Landrat des Kreises Vulkaneifel. Im September hat seine zweite Amtszeit begonnen. TV-Foto: Stephan Sartoris

Heinz Onnertz am Chef-Schreibtisch: Der Jurist ist seit 1999 Landrat des Kreises Vulkaneifel. Im September hat seine zweite Amtszeit begonnen. TV-Foto: Stephan Sartoris

Daun. (sts) Sind Sie durch die Erfahrungen, die Sie im politischen Geschäft in den vergangenen acht Jahren gemacht haben, wesentlich vorsichtiger geworden?Onnertz: Nein, warum sollte ich? Das Prinzip "Offen, aber ehrlich und verlässlich" gilt für mich immer noch. Wenn es nicht so wäre, würde die Arbeit auch keinen Spaß mehr machen.Stört Sie eigentlich die immer wieder geäußerte Kritik, Sie seien gar kein unabhängiger Landrat, sondern seien dem SPD-Lager zuzuordnen?Onnertz: Ich habe bislang immer versucht, mein Amt so partei-unabhängig wie möglich wahrzunehmen. Einladungen der CDU habe ich, soweit ich mich erinnern kann, immer angenommen, was auch angesichts deren Häufigkeit nicht allzu schwer war. Wenn moniert wird, dass ich mit der SPD-Landtagsabgeordneten Astrid Schmitt häufiger unterwegs bin als mit ihrem CDU-Kollegen Herbert Schneiders, halte ich entgegen: Das liegt doch in der Natur der Sache, dass ich, wenn ich etwas für den Kreis erreichen will, mit der Abgeordneten der Regierungspartei mehr Kontakt habe als mit dem Abgeordneten der Oppositionspartei. Das ist nun mal so.Blicken wir doch schon einmal voraus auf die Kommunalwahl 2009: Wie sehr hoffen Sie auf eine andere Mehrheit im Kreistag als bisher?Onnertz: Sehr sehr! Ich halte absolute Mehrheiten für grundsätzlich schädlich, ohne Ansehen der Partei. Solche Mehrheiten machen Demokratie schwierig. Wenn, wie im Fall unseres Kreises, Aussagen wie "Das haben wir schon beschlossen, darüber muss im Kreistag nicht mehr geredet werden", zu hören sind, ist das schon sehr bedauerlich und der Demokratie nicht zuträglich. Ich hoffe, solche Äußerungen müssen wir nach der Kommunalwahl 2009 nicht mehr hören. Es sollte ergebnisoffen im Kreistag diskutiert werden können. Das ist derzeit nicht der Fall, und das macht die Arbeit des Landrats nicht einfach.Sie spielen auf die ablehnende Haltung der CDU gegenüber dem Konzept zur Verkürzung der gymnasialen Schulzeit im Rahmen einer verpflichtenden Ganztagsschule, für das sich das Thomas-Morus-Gymnasium interessiert hat, an. Onnertz: Nicht nur darauf. Aber konkret: Die Verwaltung hat vom Kreistag den Auftrag bekommen, die Möglichkeiten dieses sogenannten G8GTS-Modells zu sondieren. Bevor wir das aber haben abschließend tun können, hieß es auf einmal von der CDU: "Das wollen wir nicht, das Thema ist durch". Das war ein Schlag ins Gesicht all derer, die an demokratische Spielregeln glauben!Gleich nachgehakt: Ist das Thema wirklich endgültig vom Tisch?Onnertz: Nein, ich habe es weiter fest im Visier. Der vom Kreistag erteilte Auftrag besteht aus meiner Sicht weiter, er ist nur unterbrochen. Das Modell der Verkürzung der gymnasialen Schulzeit ist eine große Chance für die Bildungslandschaft im Kreis, zumal auch entsprechend den Vorgaben des Landes die Vulkaneifel das einzige ländliche Gebiet ist, wo so etwas möglich ist.Ihre Prognose?Onnertz: Die Nachfrage nach Ganztagsschul-Angeboten wird immer größer, deshalb gehe ich davon aus, dass die Partei, die dagegen ist, unter dem Druck der öffentlichen Meinung gezwungen wird, ihre Haltung zu ändern. Im Übrigen habe ich die ablehnende Haltung nie verstanden. In der Schullandschaft wird nichts abgeschafft, sondern es soll die Möglichkeit einer freiwilligen Schulzeitverkürzung und -intensivierung geschaffen werden. Das kostet viele Landesmittel und einige Kreismittel, aber es bringt große Chancen für viele Jugendliche. Also wo ist das Problem?Ein großes Thema ist ebenso die vom Land angeschobene Kommunalreform. Wäre es in diesem Zusammenhang nicht überfällig, die Kompetenzen der Gebietskörperschaften eindeutig zu regeln? Warum sind beispielsweise die Kreise Träger der Realschulen, die Verbandsgemeinden aber der Regionalen Schulen?Ich bin fest davon überzeugt, dass die Schulen in eine Hand gehören, und zwar - größen- und einzugsbedingt - in die der Kreise. Ich gehe auch davon aus, dass das Land beabsichtigt, die Zuständigkeit für alle weiterführenden Schulen in einem Vorschaltgesetz bei den Kreisen zu bündeln. Mit dieser Bemerkung werden Sie bei den Verbandsgemeinde-Bürgermeistern aber keine Begeisterung auslösen.Onnertz: Das ist natürlich ein delikates Thema. Aber wenn es so kommt, dass die Kreise zuständig sind, übernehmen sie damit auch den Schwarzen Peter, über die Schließungen von Hauptschulen entscheiden zu müssen. Und das wird kommen, prognostizieren alle Experten. Grundsätzlich: Es ist nicht mein Wunsch, dass Hauptschulen geschlossen werden, denn die Schüler, für die diese Schulform die richtige ist, gibt es ja auch noch nach dem Verschwinden der Hauptschule. Aber die Entwicklung ist wohl nicht aufzuhalten. Im Zusammenhang mit einer möglichen Kommunalreform steht ja auch immer die Frage nach dem Fortbestand des Kreises im Raum. Wie sehen Sie das?Onnertz: Wenn eine Reform wirklich Geld sparen und Verwaltung vereinfachen soll, müssen die Veränderungen einschneidend sein. Das heißt, es müssen Ebenen wegfallen, und das tut weh. Und wenn es wehtut, wird es einen Aufschrei auf der betroffenen Ebene geben.Nachgefragt: Kommt eine Reform, die den Namen verdient?Onnertz: So lange SPD und CDU nicht zusammenarbeiten, wird eine Reform Stückwerk bleiben. Und im Moment sehe ich nicht, dass die beiden großen Parteien bereit sind für einen gemeinsamen großen Wurf. Bedeutet das einen Fortbestand für den Kreis über 2014 hinaus?Onnertz: Das wird kaum jemand vor 2014 sagen können. Der Landkreis Vulkaneifel steht aber jedermann als Gesprächspartner zur Verfügung. Ich bin zuversichtlich, dass in der Zukunft noch Gespräche geführt werden können, die geeignet sind, innovative Ideen zu erarbeiten, Gespräche, bei denen einfach mal "quergedacht" werden kann. Ich glaube, wir können Lösungen für unsere Region entwickeln, die Bürgernähe garantieren und dennoch Kosten sparen.Noch ein Dauerbrenner: die Einrichtung des Naturparks Vulkaneifel. Seit Jahren wird daran gearbeitet, aber einen Starttermin gibt es immer noch nicht. Kommt er denn wirklich noch? Onnertz: Ich gehe weiter davon aus. Es liegt der Entwurf einer Naturpark-Verordnung vor, in der allen Belangen Rechnung getragen wurde. Die Offenlegung wird wohl noch in diesem Jahr sein. Wir hatten extrem widerstreitende Interessen unter einen Hut zu bringen, deshalb auch die lange Verfahrensdauer. Im Endeffekt wäre es schade, wenn wir scheitern. Die Naturparks um uns herum arbeiten sehr erfolgreich und sollten uns eigentlich ein gutes Beispiel sein. Die Fragen stellte unserRedakteur Stephan Sartoris

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