Gesundheit Arztpraxis in Gerolstein macht zu: Das sind die Beweggründe

Gerolstein · Zum Ende März schließt die allgemeinmedizinische Praxis von Norbert Brochhausen – aus privaten Gründen. Dazu, ob die medizinische Versorgung in der Brunnenstadt nun gefährdet ist, gehen die Meinungen auseinander.

Ärztemangel in der Vulkaneifel: Wieso diese Praxis nun schließen muss
Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Vor wenigen Tagen sorgte die Nachricht im Gerolsteiner Land für Unruhe, dass eine weitere Lücke in der ärztlichen Versorgung entsteht: Norbert Brochhausen schließt seine große allgemeinmedizinische Praxis (der TV berichtete). Damit müssen sich rund tausend Patientinnen und Patienten nach einer Alternative umschauen, was zwischenzeitlich zu teils verzweifelten Bitten um Aufnahme bei anderen Praxen führte. Für die Kreisverwaltung kam die Botschaft aus dem Nichts, wie Pressesprecherin Meike Welling mitteilt: „Für die vertragsärztliche Versorgung vor Ort ist die Kassenärztliche Vereinigung verantwortlich. Die Schließung der Arztpraxis Dr. Brochhausen kam auch für alle kommunal Verantwortlichen mehr als überraschend. Eine vorzeitige Information hinsichtlich der Schließung erfolgte nicht. Vielmehr wurden die kommunalen Vertreter auch erst durch Mitteilungen von besorgten BürgerInnen auf diese Situation aufmerksam gemacht.“ Um Abhilfe zu schaffen seien unterdessen bereits Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz in die Wege geleitet. Das Ziel sei es herauszufinden, ob es seitens der Kommunalpolitik bestimmte Unterstützung geben kann, um die kurzfristig entstandene Versorgungslücke zu schließen.

Doch warum kam Norbert Brochhausen, der auch eine wichtige Rolle in der notärztlichen Versorgung sowie in der Pandemiebekämpfung der Brunnenstadt spielt, überhaupt zum Entschluss, noch vor Erreichen der Ruhestandsaltersgrenze die Praxis zu schließen? Im Gespräch mit dem TV bittet er einerseits darum zu respektieren, dass es sich um private Gründe handele, die er nicht öffentlich erklärt. „Dass es nach 22 Jahren keine beliebige Entscheidung war, ist sicher. Für die von mir bislang betreuten Menschen gibt es in der Region Ausweichmöglichkeiten, das wird sich in den kommenden Wochen einpendeln“, ist er überzeugt. Da die Kassenärztliche Vereinigung für Gerolstein-Mitte eine Zulassungssperre für weitere Praxen verhängt habe, sich also derzeit keine weiteren Ärzte in der Stadt niederlassen dürfen, sei für ihn davon auszugehen, dass die Gerolsteiner Ärztelandschaft gut aufgestellt und die wohnortnahe Versorgung somit nicht gefährdet ist.

Befragt danach, ob auch die schwierigen Rahmenbedingungen einer allgemeinmedizinischen Landarztpraxis oder insbesondere die starken Belastungen durch die Pandemie Ausschlag gebend waren, bestätigt er nur bedingt: „Natürlich sind diese Bedingungen verbesserungsbedürftig. Doch es liegt mir fern, diesen Umstand auf dem Rücken von Patienten auszutragen oder zu instrumentalisieren.“ Darüber hinaus betont er mit Blick auf die eigene berufliche Zukunft: „Ich gehe in keinen Ruhestand, sondern nutze die kommende Zeit für eine Fortbildung an einer großen Klinik.“ Und dann kommt doch noch eine gute Nachricht für die medizinische Landschaft der Vulkaneifel. „Sobald ich diese Weiterbildung absolviert habe, bin ich in der Region wieder als Arzt im Einsatz: in der zentralen Notaufnahme am Dauner Krankenhaus.“ Die Maria-Hilf-Klinik in der Kreisstadt werde so in ihren ambulanten und stationären Funktionen für die Bewohner des gesamten Landkreises gestärkt.

Kommunalpolitisch wird aus der Praxisschließung unterdessen eine Steilvorlage für die Fortführung der Diskussion um die Einrichtung eines Hausärztlichen Versorgungszentrums (HVZ) beziehungsweise eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Gerolstein. In einem offenen Brief an VG-Bürgermeister Böffgen und die VG-Ratsfraktionen fordert Dietmar Johnen (Grüne) Klarheit über die Umsetzung einer solchen, bereits in Ausschüssen besprochenen und in Resolutionen befürworteten Einrichtung und ein entsprechendes Konzept. Er macht auf die problematische Altersstruktur der aktiven Hausärzte aufmerksam, von denen drei bereits ruhestandsfähig seien. Die VG müsse Sofortmaßnahmen zur Abwendung einer Versorgungslücke in die Wege leiten. „Zwar besteht im Moment eine Zulassungssperre seitens der Kassenärztlichen Versorgung, aber die Lücke ist jetzt schon absehbar“, sagt der grüne Kommunalpolitiker. „Darum muss es aus Gerolstein und der Vulkaneifel klare Signale nach Mainz und Berlin geben. In den Gesundheitsministerien müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass gar nicht erst echte Notlagen entstehen und man im Nachhinein alle Mühe hat, das reißende Versorgungsnetz zu stopfen.“ Denn so könne es nicht gelingen, rechtzeitig Nachfolger für leerstehende Praxissitze zu finden.

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