Pflegeheim Haus Helena Alle Bewohner in einem Monat positiv auf Corona getestet

Daun-Mehren · Das Gesundheitsamt meldet 69 mit Covid-19 infizierte Bewohner der Mehrener Einrichtung. 42 davon sind mittlerweile genesen, ein weiterer Bewohner gestorben.

 Derzeit stark von Corona betroffen: das Seniorenheim für Demenzkranke „Haus Helena“ in Mehren.

Derzeit stark von Corona betroffen: das Seniorenheim für Demenzkranke „Haus Helena“ in Mehren.

Foto: TV/Mario Hübner

Am Freitagvormittag um 11 Uhr gibt Geschäftsführerin Katja König die aktuellsten Zahlen durch: „Von insgesamt 77 Bewohnerinnen und Bewohnern waren 69 positiv.“ Weitere acht Bewohner seien mit oder an Covid 19 gestorben. Weiter sagt Katja König: „Die Verstorbenen waren 86, 87, 79, 64, 95, 76 Jahre alt, zwei Menschen wurden 90 Jahre alt. Allesamt wiesen sie Vorerkrankungen auf.“

Auch das Gesundheitsamt meldet nach Abstrichen, die am Mittwoch durchgeführt wurden, am Donnerstagnachmittag insgesamt 69 Infizierte. Demnach sind alle Bewohner des Alten- und Pflegeheims Haus Helena seit November positiv getestet worden. „In den Ergebnissen des Gesundheitsamtes sind die PoC-Tests (Point of Care) nicht aufgeführt“, sagt Katja König.

Diese Antigen-Tests, auch Schnelltests genannt, führe das Pflegeheim in Eigenregie durch, erläutert die Geschäftsführerin. „Nach zwei negativen Tests in Folge gehen wir davon aus, dass keine Covid-19-Erkrankung mehr vorliegt. Demnach sind 42 der Bewohner inzwischen wieder gesund“, sagt König.

Von den 49 infizierten Mitarbeitern (insgesamt sind 75 Pfleger und Betreuer im Haus Helena beschäftigt) konnten Stand Mittwoch 31 aus der Quarantäne entlassen werden.

In seiner Antwort auf die Presseanfrage unserer Zeitung, nimmt das Gesundheitsamt Daun Stellung zum Infektionsgeschehen im Haus Helena. „Die Geschäftsleitung hat in enger Abstimmung mit unserer Behörde, dem zuständigen Ministerium und durch die Unterstützung der Bundeswehr alle relevanten und notwendigen Schutzvorkehrungen getroffen“, heißt es in dem Schreiben.

In der Einrichtung seien umgehend Hygiene-, Isolierungs- und Desinfektionsmaßnahmen umgesetzt worden, Personalgruppen seien getrennt, Schutzausrüstung, insbesondere die von FFP2-Masken, sei verwendet worden. Darüber hinaus wurde ein Besucherstopp verfügt.

Doch, und darauf weist auch Geschäftsführerin Katja König in einem Brief hin: In dem Pflegeheim für dementiell veränderte Bewohner und Bewohnerinnen seien Maßnahmen, wie eine Isolation der Erkrankten, gar nicht machbar.

„Allen Beteiligten war von Beginn an bewusst, dass es bei der Spezialisierung unserer Einrichtung auf an Demenz erkrankte Menschen sehr schwierig wird, das Infektionsgeschehen einzugrenzen.“, schreibt die Leiterin des Hauses Helena.

In der überwiegenden Anzahl lebten dort Personen mit ausgeprägten Verhaltensauffälligkeiten, die dank einem Hausgemeinschaftskonzept „einfach sein“ könnten, ohne stetig mit ihren Defiziten konfrontiert zu werden. „Daraus erklärt sich von selbst, dass die Klientel im Haus Helena weder Masken trägt, noch sich nachhaltig dazu anleiten lässt, über den gesamten Tagesverlauf hinweg Hygienestandards einzuhalten“, sagt Katja König.

Auch seitens des Gesundheitsamts wird die besondere Situation in der Einrichtung angesprochen: „Bei allen zu ergreifenden Maßnahmen muss berücksichtigt werden, dass diese schwerst demenzkranken Menschen aufgrund ihrer massiven Realitätsstörungen eine völlig andere Wahrnehmung der Gefahrensituation hinsichtlich der Corona-Pandemie haben.“ Die üblichen Vorkehrungen, wie zum Beispiel die Anweisung, das eigene Zimmer nicht zu verlassen, sei hier nicht anwendbar, ohne schwerwiegende Folgestörungen wie erhebliche Aggressivität oder Depressionen zu provozieren. „Die Menschen erfahren daher eine besondere Pflegebetreuung. Veränderungen in den Tagesstrukturen gilt es unbedingt zu vermeiden“, heißt es vom Gesundheitsamt. Die Geschäftsführung des Hauses Helena hat zur gegenwärtigen Lage einen Offenen Brief verfasst, der unserer Zeitung vorliegt. Darin wird unter anderem die Arbeit des Pflegeteams gewürdigt, dessen Engagement in dieser schweren Zeit nicht nachließ, obwohl viele selbst Familienangehörige hätten, die zur Risikogruppe zählten. Und es gibt Kritik an der medialen Berichterstattung: „Es scheint so, als ob nach Schlagzeilen gesucht wird und tägliche Todesfallmeldungen unterschwellig die Frage nach Schuld und Verantwortung aufwerfen“, heißt es in dem Schreiben.

Noch im Frühjahr seien Pflegekräfte als Helden des Alltags gefeiert worden, sagt Katja König. „Ich frage mich, ob bei dem sich seit Jahren verschärfenden Pflegenotstand und in dieser noch nie dagewesenen Krise, die derzeitige, flächendeckende Berichterstattung dazu beiträgt, junge Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern.“

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