Allseits explosive Stimmung

Risse in Fliesen, durch Mauern, im Putz: Mehrere Hausbesitzer in Oberbettingen vermuten, dass die Sprengungen im Basaltbruch diese Schäden verursachen. Der Abbaubetrieb, die Rheinischen Provinzial Basalt- und Lavawerke (RPBL), hält dagegen, dass nie die Vorschrift für die Stärke der Erschütterung überschritten wurde. Die Hausbesitzer prüfen dennoch juristische Möglichkeiten. Heute Abend trifft sich zum ersten Mal die neu gegründete Bürgerinitiative.

 Am und im ganzen Haus der Familie Vosen in Oberbettingen sind seit Reaktiverung des Basaltbruchs Schäden an Fliesen, im Mauerwerk und am Putz entstanden. Peter Vosen vermutet, dass die Schäden von den Sprengungen im Basaltbruch ausgelöst wurden. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Am und im ganzen Haus der Familie Vosen in Oberbettingen sind seit Reaktiverung des Basaltbruchs Schäden an Fliesen, im Mauerwerk und am Putz entstanden. Peter Vosen vermutet, dass die Schäden von den Sprengungen im Basaltbruch ausgelöst wurden. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Oberbettingen. "Explosiv" ist die momentan treffendste Bezeichnung für die Stimmungslage in Oberbettingen. Während die einen die Hausschäden beklagen und die anderen Bürger die drohende LKW-Invasion fürchten, haben die RPBL alle Hände voll zu tun, rentabel zu arbeiten und Vorwürfe abzuwehren (der TV berichtete). Kommt nämlich nicht die Erweiterung des Abbaugebiets, will die RPBL die acht Millionen teure Brecheranlage nutzen, um Basalt aus anderen Gruben zu verarbeiten.

Laut Firma würde für den Transport dann alle drei Minuten ein Laster durch Oberbettingen fahren. Jetzt warten die RBPL auf die Entscheidung des Ortsgemeinderates. Ortsbürgermeister Hans-Jakob Meyer sagte auf TV-Anfrage: "Das wird noch Monate dauern. Wir wollen alles sorgsam abwägen." Die Ortsgemeinde erhält jährlich 100 000 Euro Bruchzins, also die Abgabe, die die Firma für ihre Abbautätigkeit an die Gemeinde leistet.

Auch die Hausbesitzer schauen aufs Geld. Erich Wassong schätzt die Schäden - ohne die Wertminderung der Immobilie - an seinem Haus (Längsrisse in tragenden Mauern, Querriss im Kamin) auf rund 30 000 Euro. Als er vor fünf Jahren das Haus kaufte, sei "nicht ein Riss sichtbar gewesen". Seit der Reaktivierung des Basaltbruchs 2005 seien die Risse entstanden. Wassong vermutet wie sein Nachbar Peter Vosen, dass die Sprengungen die Schäden verursachen. RPBL-Chef Thomas Blau versichert: "Wir haben immer weit unter dem Höchstwert bei der Erschütterung gelegen."

Laut Vorschrift sind fünf Millimeter je Sekunde Schwinggeschwindigkeit in den Erdschichten erlaubt (siehe Extra). Bei der vom TV begleiteten Sprengung waren es 2,95 Millimeter.

48 Kilogramm Sprengstoff wurde in 30 Bohrlöcher gefüllt, damit 10 000 Tonnen Basalt von einer zwölf Meter hohen Gesteinswand abgesprengt werden konnten. Die Druckwelle war in 300 Meter deutlich unter den Füßen zu spüren, verebbte aber innerhalb von Sekunden.

In fünf bis sechs Privathäusern im Dorf wird jede Sprengerschütterung gemessen und dokumentiert. RPBL-Chef Blau: "Oft sind die Schäden durch Baumängel entstanden und haben nichts mit uns zu tun. Wenn wir tatsächlich Schäden verursachen, stehen wir dafür gerade."

Beim Haus Wassong habe ein Gutachter vor anderthalb Jahren Baumängel als Ursache festgestellt. Wassong: "Für die geschädigten Bürger muss eine Chance geschaffen werden. Eventuell mit einem Fonds." Peter und Ingrid Vosen setzen die Schäden sehr zu. Die 68-Jährige sagt: "Jeden Tag sieht man die Risse in der Küche und im Bad. Es ist eine Katastrophe." Ihr Mann ergänzt: "Die Bauschäden sind reparabel, aber was die RPBL der Natur antut, ist nicht wiedergutzumachen."

Heute, am 8. Oktober, treffen sich die Mitglieder der neu gegründeten Bürgerinitiative um 19.30 Uhr in der Gaststätte "Op d'r Brück". Wer auch gegen die Erweiterung der Abbaugrenzen und gegen den "LKW-Tourismus" ist, sei eingeladen. Extra In bundesweit gültigen Din-Vorschriften für Erschütterungen durch Sprengungen, die auch im Bundesimmissionsschutzgesetz angewendet werden, sind die Höchstwerte für Erschütterungen durch Sprengungen festgelegt. Diese Werte werden mit Messgeräten ermittelt, wobei der Weg der Erschütterung durch die Erdschichten in drei Komponenten gemessen wird. Laut der Din kann bei einer Schwinggeschwindigkeit bis fünf Millimeter je Sekunde an Wohngebäuden kein Schaden entstehen. Für denkmalgeschützte Gebäude gilt ein Din-Richtwert von maximal drei Millimeter je Sekunde. Diese Din-Vorschriften nehmen Gerichte als Grundlage für Rechtssprechungen. Hans-Gerd Schlangen, technischer Leiter der RPBL, erklärt, dass jede Sprengpatrone codiert sei und strengen Gesetzen unterliege. Den Einsatz jeder Patrone könne der Gesetzgeber rückverfolgen.

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