Justiz Nach fahrlässiger Tötung in Gerolstein: Doch keine Geldstrafe - Angeklagter zieht Berufung zurück

Trier/Daun/Gerolstein · Weil er seine Haftstrafe wegen fahrlässiger Tötung gegen eine Geldstrafe „eintauschen“ wollte, hatte ein Kraftfahrer Berufung am Landgericht eingelegt. Der Schuss ging nach hinten los.

Angeklagter akzeptiert nun doch Haftstrafe wegen fahrlässiger Tötung
Foto: dpa/Volker Hartmann

Ein tragischer Verkehrsunfall unterbrach am 31. Januar 2017 den Alltagsbetrieb in Nähe der Brunnenstraße in Gerolstein. Der damals 24-jährige Fahrer eines Paketdienstes hatte dort ein Geschäft beliefert, das von der Brunnenstraße aus nur über eine enge Zufahrt erreichbar ist.

Drehen konnte er seinen Leicht-LKW vom Typ Mercedes Sprinter nicht, sondern musste nach der Auslieferung wieder durch die Zufahrt zur Brunnenstraße zurücksetzen. Dabei passierte es: Trotz Rückfahrkamera und den obligatorischen Außenspiegeln am Wagen erfasste  er mit seinem Fahrzeug seitwärts eine Passantin, schleifte sie etwa zwei Meter weit mit und überrollte danach die Frau, die dabei tödlich verletzt wurde.

Wegen fahrlässiger Tötung verurteilte das Amtsgericht Daun den Fahrer am 28. August 2017 zu sechs Monaten Haftstrafe, die auf Bewährung ausgesetzt wurde. Der Schuldvorwurf: Der Unfall wäre bei einer angemessenen Rückfahrgeschwindigkeit und entsprechender Beachtung der Rückspiegel und der Rückfahrkamera vermeidbar gewesen.  Gegen dieses Urteil legte der Mann Berufung vor dem Landgericht Trier ein.

Die  Berufungsverhandlung war in dieser Woche vor der Ersten Kleinen Strafkammer des Landgerichts unter Vorsitzendem Richter Peter Egnolff. Der inzwischen 25-jährige Angeklagte  erscheint mit den Verteidigern Manuel Rademacher  und Hans-Josef Ewertz. Als Sachverständigen hat die Kammer Diplomingenieur Roland Benninghaus geladen, Anklagevertreter ist Staatsanwalt Holger Schmitt.

Die „Verhandlung“ ist jedoch nach etwa einer halben Stunde abgeschlossen. Zunächst fragt  der Vorsitzende den 25-Jährigen, was er mit der Berufung bezwecke. Der will auf seine Verteidiger verweisen, wird aber von Egnolff gestoppt mit der Frage, ob er keine eigene Meinung habe. Die Antwort kommt eher diffus, es tue ihm alles so leid, er habe eine schwere Zeit nach dem Unfall gehabt, wolle aber statt der Haftstrafe eine Geldstrafe.

Geldstrafe! Das Stichwort ist gefallen. Nun befragt ihn der Richter ausgiebig nach seinen finanziellen Verhältnissen. Ergebnis: Der ledige junge Mann ist zwar nicht mit Reichtümern gesegnet, fährt aber noch für dieselbe Firma für 1400 Euro netto, zahlt wenig Miete und stottert in kleinen Raten einen gebrauchten Audi ab.

Richter Egnolff schaut erst in die Bemessungsvorschrift und verkündet das Ergebnis in Zahlen: Statt der sechs Monate Haft werde sich der Strafrahmen dann alternativ um die 7000 Euro bewegen. Nun passt sich die Gesichtsfarbe des Angeklagten der weißen Wand hinter ihm an.

Egnolff: „Sechs Monate auf Bewährung für eine fahrlässige Tötung – das war doch sehr moderat vom Dauner Amtsgericht.“ Das sei nicht der große Hammer gewesen, sondern ein Hämmerchen.

Der Angeklagte sitzt da und schweigt. Verteidiger Rademacher bittet um eine Verhandlungspause. Dann reden die beiden Anwälte und der Staatsanwalt auf den 25-Jährigen ein. Am Ende verkündet der Angeklagte selbst die Entscheidung: „Ich ziehe die Berufung zurück.“

Das Verfahren ist beendet – aber die Kosten dafür inklusive Sachverständigengutachten und Anwaltshonorare wird der junge Mann auch noch tragen müssen.

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