"Auf dem Land müssen Polizisten alles können"

Daun/Gerolstein · Als er anfing, hieß die Polizei noch Gendarmerie. Sein ganzes Berufsleben hat Polizeihauptkommissar Norbert Juchems in Daun verbracht, nun ist er in Ruhestand gegangen. Zeit für einen Rückblick, was sich in den vergangenen 45 Jahren bei der Polizeiarbeit getan hat.

 Norbert Juchems (links) mit seinem Nachfolger Herbert Etzig (rechts). TV-Foto: Christina Libeaux

Norbert Juchems (links) mit seinem Nachfolger Herbert Etzig (rechts). TV-Foto: Christina Libeaux

Foto: (e_daun )

Daun/Gerolstein. Es gibt Fälle, die lassen einen Polizisten auch nach Jahren nicht los. Der Lkw beispielsweise, der im April 1995 ungebremst durch die Dauner Innenstadt raste; das Mädchen, das 2004 auf der Dauner Kirmes aus einer Bungee-Kugel stürzte und tödlich verunglückte.Der erste Todesfall


An diese Unglücke erinnert sich Norbert Juchems auch nach vielen Jahren noch. 45 Jahre war er bei der Polizei, 43 davon in Daun. Vor rund einem Monat ist er in Ruhestand getreten, doch an den ersten Unfall, bei dem ein Mensch ums Leben kam, kann er sich noch gut erinnern. 19 Jahre war er damals, kam frisch von der Polizeischule. Als er mit Kollegen am Unglücksort eintrifft, ist der Autofahrer tot. "Früher wurden wir in der Ausbildung auf so was nicht vorbereitet", sagt er heute. "Das hat man mit sich selbst ausgemacht oder mit erfahrenen Kollegen, die einen beruhigt haben."
Doch es gibt auch "gute Fälle", da pflichten die Kollegen bei. Fälle, bei denen zunächst ein Verbrechen vermutet wird, die sich aber schnell aufklären: das vermisste Mädchen, das bei einer Freundin spielt; der vermeintlich in Lebensgefahr schwebende verunglückte Autofahrer, der sich schnell erholt. Und langwierige Fälle, in denen der vermutete Täter wochenlang observiert werden muss, bevor er endlich überführt werden kann.
Nach zwei Jahren Ausbildung, von 1970 bis 72, begann Juchems sein Berufsleben beim Gendarmeriekommando Daun, das später in der Landespolizei aufgehen sollte. Zehn Jahre arbeitete er im Schichtdienst, bearbeitete Unfälle, Einbrüche - was eben anfiel.
"Im Gegensatz zur Großstadt sind wir auf dem Land nicht spezialisiert. "Hier macht jeder alles", erklärt Juchems. Und wer als Erster vor Ort sei, begleite den Fall meist bis zum Ende. "Ich hatte damals schon gute Kollegen, die mir viel beigebracht haben. Das Wissen habe ich wiederum an die Jüngeren weitergegeben."
1982 wechselt er dann ins Geschäftszimmer - heute würde man von Verwaltung sprechen. Im Sachbereich 1 - Einsatz - gehörte die Dienstplanung zu den Hauptaufgaben. Hier bekam er dann auch den Wechsel ins digitale Zeitalter hautnah mit. "Anfangs haben wir hier noch im Durchschlagverfahren gearbeitet: fünf Durchschläge von jedem Bericht, für jede Abteilung einen", erinnert er sich. Inzwischen sei der Informationsfluss deutlich schneller geworden. Demonstrationen können über Online-Formulare beispielsweise kurzfristiger angemeldet und genehmigt werden. Für Juchems hieß das dann manchmal, Freitagmittag den Dienstplan fürs Wochenende kurzfristig anzupassen.
Und noch ein neues Aufgabengebiet ist hinzugekommen. In den vergangenen zehn Jahren hat er die Pressearbeit betreut. "Früher haben die Journalisten angerufen, wenn sie das Blaulicht sahen oder die Sirene hörten. Heute schicken wir von uns aus Pressemitteilungen. Auf diese Weise können wir nicht nur Zeugen suchen, sondern auch Präventionsarbeit leisten." "Eine Institution" sei Juchems gewesen, lobt Dienststellenleiter Alfred Haas seinen Mitarbeiter: "Er hat Probleme immer gelöst, darauf konnten wir uns verlassen. Wir hätten ihn gerne länger gehabt." Ein Kompliment, das Juchems nur allzu gerne zurückgibt. "Ich hatte tolle Kollegen!" Besonders gefreut hat er sich, dass viele Kollegen zu seiner Verabschiedung gekommen sind, selbst sein erster Dienststellenleiter, der mittlerweile weit über 80 Jahre alt ist.Extra

Norbert Juchems kommt aus Gerolstein-Müllenborn und hat nach der mittleren Reife ab 1970 seine Polizeiausbildung in Wittlich-Wengerohr, Koblenz und Mainz absolviert. Zum 1. Juli 1972 wurde er zum damaligen Gendarmeriekommando Daun versetzt, das später zur Polizeiinspektion Daun wurde. Nach zehn Jahren im Schichtdienst wechselte er in die Verwaltung, war für Personalplanung und Pressearbeit zuständig. Er ist verheiratet und hat eine Tochter. Im Ruhestand möchte sich der 62-Jährige dem Sport widmen - Radfahren, Tennis, Badminton und Spinning stehen auf dem Programm. Außerdem möchte er an seinem Haus arbeiten. cli

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