Auf dem Weg zum Abstellgleis

Daun/Gerolstein · Die Zukunft der Eifelquerbahn ist unklarer denn je: Weil die Reaktivierung teurer würde als erwartet, empfiehlt der zuständige Zweckverband, das Vorhaben zu stoppen. Mit besonderem Interesse schaut die Stadt Daun auf die anstehende Entscheidung.

Daun/Gerolstein. Investitionskosten, die sich gegenüber den ersten Schätzungen verdoppelt haben; eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, die sich dramatisch verschlechtert hat: Entwicklungen, die auch Landrat Heinz Onnertz nicht nachvollziehen kann. "Das ist der absolute Wahnsinn, wie sich die Kosten entwickelt haben", sagt er mit Blick auf die geplante Reaktivierung der Eifelquerbahn zwischen Gerolstein und Kaisersesch für einen regulären Schienennahverkehr, die statt 20 nun annähernd 40 Millionen Euro kosten würde. Ende 2009 hatte der Zweckverband Schienenpersonennahverkehr im nördlichen Rheinland-Pfalz (SPNV) grundsätzlich beschlossen, dass ab 2015 auf der 54 Kilometer langen Strecke wieder regulär gefahren werden soll. Bislang wird der Abschnitt für Freizeitfahrten von Frühjahr bis Herbst an Wochenenden und Feiertagen und im Sommer täglich von Gerolstein bis Ulmen mit historischen Schienenbussen sowie für Güterverkehr genutzt.
Ausschlaggebend für den Beschluss war damals ein Gutachten, das dem Bahnbetrieb Wirtschaftlichkeit attestiert hatte. Davon ist in einer aktualisierten Nutzen-Kosten-Rechnung (NKU) keine Rede mehr. Laut SPNV steht den "deutlich höheren Kosten zur Ertüchtigung der Infrastruktur kein erhöhter Nutzen gegenüber".
In der jüngsten Kreistagssitzung wurde darüber informiert, allerdings nur über Ergebnisse der NKU, die Studie selbst lag nicht vor. Aber in die will der Landrat reingeschaut haben, bevor er zur SPNV-Verbandsversammlung am 20. Juni fährt. Denn für die Sitzung wird der Beschluss vorgeschlagen, dass die Reaktivierung der Eifelquerbahn für einen regelmäßigen SPNV "zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr weiter verfolgt wird. Die vorhandenen Freizeitverkehre und die dafür erforderliche Infrastruktur sollen nach Möglichkeit aufrecht erhalten bleiben."
Große Lösung in Gefahr


Der Landrat ist vom Kreistag beauftragt, in der Verbandsversammlung eine Vertagung der Reaktivierungsentscheidung zu beantragen. Gibt es dafür keine Mehrheit, soll er gegen die Reaktivierung stimmen. Viele der Kreistagsfraktionen haben kein Problem damit, wenn die Reaktivierung nicht kommt. "Ich freue mich schon auf einen neuen Radweg zwischen Gerolstein und Daun", sagt Ulli Meyer (Linke). Ähnlich klingt es bei Jörg Leclaire (FWG): "Ein Radweg hat einen gewissen Charme. Auf dem wäre bestimmt mehr Verkehr als auf der derzeitigen Bahnstrecke." Für Georg Linnerth (SPD) sollen auf jeden Fall die Freizeitverkehre erhalten bleiben und nicht, wie im Beschlussvorschlag formuliert, "nur nach Möglichkeit": "Sie sind ein besonderes Angebot für unsere Region".
Die CDU hat dem Vorschlag des Landrats zugestimmt, obwohl für Fraktionschef Herbert Schneiders "die vorliegenden Informationen reichen, um zu sagen: Stopp der Reaktivierung".
Ein besonderes Interesse hat die Stadt Daun: Schon seit Jahren liegen Pläne vor, das Angebot für Radler und Zugreisende am Bahnhof, der auch Startpunkt des Maare-Mosel-Radwegs ist, zu verbessern. Bei den Planungen ist es aber geblieben, denn die Stadt kann sie nicht allein umsetzen. Sie ist auf Unterstützung aus Mainz angewiesen, das Land will sich aber nur beteiligen, wenn wieder ganzjährig Züge die Kreisstadt anfahren. Was passiert, wenn die Reaktivierung nicht kommt? Stadtbürgermeister Jenssen: "Dann müssen wir uns was einfallen lassen. Mit Unterstützung des Landes wäre eine große Lösung möglich gewesen. Ohne Reaktivierung müssen wir uns wohl auf eine kleinere, bezahlbare Variante verständigen."Meinung

Nicht vermittelbar
Das Land wird nicht böse sein, wenn in der Zweckverbandsversammlung entschieden wird, dass die Eifelquerbahn nicht reaktiviert wird. Denn 40 Millionen Euro Investitionssumme stehen im Raum: Da können die Argumente pro Reaktivierung noch so gut sein, diesen Batzen Geld können sie nicht aufwiegen. Zudem ist die Summe auch der Öffentlichkeit nicht vermittelbar. Freizeitverkehre ja, Güterverkehr ja: Mehr ist nicht erforderlich. s.sartoris@volksfreund.deExtra

Die Geschichte der Eifelquerbahn beginnt am 1. April 1878 mit der Eröffnung des Teilstückes von Andernach nach Niedermendig, der Abschnitt nach Mayen folgte 1880. 15 Jahre dauerte der Ausbau der Strecke bis Gerolstein, der 1895 eröffnet wurde. Ende der 1960er Jahre tauchten erste Pläne zur Stilllegung der Strecke auf, die in Etappen vorgenommen wurde. Am 11. Januar 1991 fuhr der letzte Zug von Mayen nach Gerolstein. Seit 2001 bietet die Vulkan-Eifel-Bahn Betriebsgesellschaft auf dem Abschnitt Gerolstein-Kaisersesch von Mai bis Oktober Freizeitfahrten an (2010: 32 565 Passagiere). Aber auch Güter werden transportiert, vor allem Holz und Holzhackschnitzel (2010: 104 207 Tonnen). sts

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