Auf grüner Tat ertappt

Die Pflege des Kulturguts ist das Hauptanliegen der Mitglieder des Brauchtumsvereins "Uersfelder Korndrescher". Dabei widmen sie sich auch der "Geschichtsstraße", die seit 2001 in 15 Stationen zwischen Kelberg und Uersfeld verläuft. Eine Station ist der "Grüne Weiher", dessen Vergangenheit Vereinsmitglied Lothar Klasen ausgestaltet hat.

 Lothar Klasen (links) hat die Geschichtsstraßen-Station „Grüner Weiher“ gestaltet; erste Besucher waren (von links) Peter und Mathilde Palm sowie Petra Rieder. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Lothar Klasen (links) hat die Geschichtsstraßen-Station „Grüner Weiher“ gestaltet; erste Besucher waren (von links) Peter und Mathilde Palm sowie Petra Rieder. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Uersfeld. Lothar Klasen ist sich des Widerspruchs bewusst und schmunzelt: "Ich wollte die Station mit Leben erfüllen und habe eine Hinrichtungsstätte nachgebaut." Tatsächlich: Wo bisher inmitten von Bäumen - mehr idyllisch als bedrohlich - der "Grüne Weiher" vor sich hindümpelte, breitet sich durch Klasens Initiative nun ein geschichtsträchtig aufbereitetes Areal aus. Was es mit dem Ort auf sich hatte, wird zwar auf der Tafel auf dem Basaltblock an der zwölften Station nahe der Gemeindegrenze Uersfeld/Retterath/Lirstal erklärt: dass der Name "Grüner Weiher" nichts mit seiner Farbe oder mit dem Wald, der ihn umgibt, zu tun habe, sondern mit dem schrecklichen Ende der Missetäter, die auf frischer (also "grüner") Tat ertappt worden waren. Auch ist zu lesen, dass früher die "Grüne Gerichtsbarkeit" verfügte, in flagranti erwischte Verbrecher am nächsten Baum aufzuhängen oder in einem Weiher oder Bach zu ertränken. Daher ist eine Hinrichtungsszene der Landschaftsmalerin Fanny Hartmann (Bern) auf der Tafel zu sehen.Besucher beeindruckt vom schrecklichen Geschehen

Doch Klasen war das nicht genug. Er nahm die Zeichnung unter die Lupe und begann im Frühsommer mit der Ausgestaltung der Station "Grüner Weiher". Er räumte das Umfeld des Weihers auf und baute einen Schutzzaun. Er ließ den Weiher ausbaggern, bepflanzte den Rand mit Farn und Schilf, zimmerte ein Podest und bildete eine Hinrichtungsgabel nach. "Vermutlich wurden die Beschuldigten von hier aus in den Weiher gestoßen und ihre Köpfe mit einem Stock unter Wasser gedrückt", erläutert Klasen das schreckliche Geschehen. "Die Besucher sind jetzt viel mehr beeindruckt", berichtet der 69-Jährige, der auch Wanderführer auf der Geschichtsstraße ist. Die Bedeutung des Weihers als Gerichtsstätte und die des Umlandes als Beerdigungsort - die Getöteten durften nicht auf einem christlichen Friedhof bestattet werden - lasse sich nach der Ausgestaltung der Station besser vermitteln, sagt Klasen und erzählt, dass der Wald hier "Hurenbüsch" heiße. Als Huren hätten bis in die Neuzeit Frauen gegolten, die ihr Kind getötet hatten. "Und auf Kindstötung stand der Tod durch Ertränken. Die Frauen galten immer als schuldig, auch wenn sie durch Vergewaltigung schwanger geworden waren und auch wenn sie keine Chance gehabt hätten, ihr Kind großzuziehen", erklärt Klasen es dem Geschichtsstraßen-Besucher.An der Präsentation der neu gestalteten Station nimmt auch die Vorsitzende der "Korndrescher", Petra Rieder, teil. Sie erklärt, dass Idee und Umsetzung allein von Klasen stammten. "Dafür und überhaupt für alles, was er als Vereinsmitglied leistet, ist ihm sehr zu danken", betont sie. Die Finanzierung habe der Verein übernommen - bis auf die Kosten für das Ausbaggern; das habe der Uersfelder Geschäftsmann Willi Karst bezahlt. Voraussetzung sei aber auch gewesen, dass die Familie Palm-Lanser aus Sassen als Waldbesitzer ihr Einverständnis gegeben habe. Nun gehören Mathilde und Peter Palm zu den Ersten, die sich die Anlage anschauen. "Sehr gelungen", finden sie.

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