Auf Tuchfühlung mit Venedig und seinen Bewohnern

Daun/Hannover · Innerhalb von fünf Jahren ist der aus Daun stammende und in Hannover und Neuseeland lebende Fotograf und Autor Karl Johaentges (66) 105 Tage lang in Venedig gewesen. In seinem neuen Buch "Die letzten Venezianer" widmet er sich gemeinsam mit der Einheimischen Luana Castelli den schönen und problematischen Seiten der Lagunenstadt.

 Venedig lernt man am besten im Ruderboot kennen. Das meint zumindest Karl Johaentges. Foto: privat

Venedig lernt man am besten im Ruderboot kennen. Das meint zumindest Karl Johaentges. Foto: privat

Daun/Hannover. "Was Dauner Jungs\' so können", schreibt Karl Johaentges dem Trierischen Volksfreund mit Blick auf sein neues Buch und in Anspielung auf den Titel jener viel beachteten Ausstellung dreier international renommierter Fotografen im Forum Daun im Jahr 2006. Seinerzeit hatten Karl Johaentges sowie Christoph Bangert und Frank Schultze als "Dauner Jungs" für Furore gesorgt.
Inzwischen ist Johaentges\' Werksverzeichnis noch einmal um etliche Bände angewachsen - auf fast 40. Nach seinem Umstieg von der Architektur auf die professionelle Fotografie war als Debüt 1984 im eigenen Verlag (KaJo) "Bilder einer Weltreise" erschienen; die darauf folgende populäre Reisebildband-Reihe veröffentlichte er zusammen mit seiner australischen Frau Jackie Blackwood. Jetzt legt Karl Johaentges in Zusammenarbeit mit der Stadtführerin Luana Castelli (53) einen Text- und Bildband über Venedig vor. Das Anliegen von Johaentges: Die Stadt besser verstehen lernen. Denn die weltweit am meisten fotografierte und von unzähligen Literaten mit Denkmal versehene Lagunenstadt Venedig ist zu einer Herausforderung für Politiker, Bewohner und Besucher geworden.
"Alle wollen das Wunder gesehen haben, am liebsten real, kurz und preiswert", schreiben Johaentges und Castelli über den Tages- und Massentourismus in Venedig. Sie zitieren den englischen Schriftsteller James Howell ("Andere Städte haben Bewunderer, allein Venedig hat Liebhaber"), um die Anziehungskraft Venedigs zu erklären.
Sie nennen die Stadt "aus dem Meer gewachsen" und "vom Wasser umrahmt", weisen auf die Fischform hin, die Venedig, aus der Höhe gesehen, hat, und auf die Besonderheit, dass nur Fußgänger und Ruderer sich in ihr bewegen können, und das auf engstem Raum. Um 530 Prozent sind innerhalb der letzten 60 Jahre die Touristenzahlen angestiegen. Um 66 Prozent ist die Einwohnerzahl gesunken.
Als Gründe nennen die Autoren explodierende Mieten und Lebensmittelpreise. "Venedig ist zu teuer geworden für Einheimische, und es herrscht eine gedrückte Stimmung unter den Venezianern", bringen sie Beobachtungen und Gespräche auf den Punkt.
Johaentges und Castelli beleuchten den Alltag und die Sorgen der Venezianer. In Kurzinterviews begegnet der Leser der Bibliothekarin Tiziana Plebani, dem Luxushoteldirektor Christophe Mercier, der Stadtführerin, Schriftstellerin und Gartenarchitektin Tudy Sammartini, dem Boots- und Kranfahrer Lindo Vianello und vielen anderen.
In 13 Kapiteln spannen sie in großartigen Fotografien und kenntnisreichen Texten den Bogen vom Herzen Venedigs um San Marco und den Canale Grande über die Geschichte der Gondeln bis zu der künstlerischen, kulinarischen und kirchlichen Seite der Stadt und zu vielem mehr. Auf jeder Seite ein neuer Ort, eine neue Geschichte, neue Menschen. bb
Der Text- und Bildband "Die letzten Venezianer. Leben in der Lagunenstadt" von Karl Johaentges und Luana Castelli ist bei "terra magica" erschienen und kostet 39,99 Euro.

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