"Aufräumen, durchkehren, Licht aus"

Daun/Hillesheim · Ab heute ist Praktiker Geschichte: Deutschlandweit wurden nur wenige Baumärkte von der Konkurrenz übernommen. In Hillesheim ist für die Mitarbeiter Schluss, doch im Extra Bau Hobby Daun besteht noch Hoffnung auf einen privaten Investor.

 Aus für den Extra: In Daun sind die Tore nun geschlossen. Tv-Foto: Stephan Sartoris

Aus für den Extra: In Daun sind die Tore nun geschlossen. Tv-Foto: Stephan Sartoris

Daun/Hillesheim. Die Hoffnung auf eine Gesamtübernahme der Praktiker-Baumärkte war schon im September gestorben. Doch bis zum bitteren Ende blieben die Mitarbeiter der Filiale in Hillesheim und des Extra Bau + Hobby in Daun im Ungewissen. "Wir fühlen uns sowohl von der Zentrale des Konzerns als auch von der Gewerkschaft Ver.di im Stich gelassen", sagt der Hillesheimer Betriebsrat Dirk Brülls-Vontrohn, der die Stimmung der letzten Tage als trost- und perspektivlos empfand.
Nun, da die Regale leer sind und die verbliebenen Waren auf Grabbeltischen und Paletten um 90 Prozent billiger angeboten werden, ist unter den Mitarbeitern endgültig Endzeitstimmung ausgebrochen. Um die Reste des Angebots - Holzleisten, Stromkabel und hin und wieder ein einzelnes Werkzeug - schleichen überraschend viele Kunden herum, die die Hoffnung auf ein besonders günstiges Schnäppchen noch nicht aufgegeben haben. Seit Beginn des Ausverkaufs vor sechs Wochen ist nahezu der gesamte Warenbestand im Wert von rund 2,7 Millionen Euro verkauft worden. All das geschieht in einer ungewöhnlichen Stille. "Letzte Woche haben sie das Radio abgemeldet", erklärt Brülls-Vontrohn. "Als ob sie uns noch nicht einmal die Musik gönnen."
Immer wieder gab es in den vergangenen Wochen Hoffnungsschimmer auf Übernahme durch Investoren - und dann doch wieder eine Enttäuschung. "Es wurden uns verschiedene Termine genannt, an denen der Insolvenzverwalter verkünden wollte, wer uns übernimmt", sagt der Betriebsrat. "Doch passiert ist gar nichts." Selbst am heutigen Samstag soll es am späten Abend noch eine Telefonkonferenz der Betriebsräte zur Lage geben. Doch Brülls-Vontrohn glaubt nicht mehr an ein Wunder: "Es ist ein ewiges Auf und Ab, das zusätzlich belastet."
In Hillesheim und Daun wird die Betriebsstilllegung nach deutschem Insolvenzrecht durchgeführt. 26 der Mitarbeiter wechseln in eine Transfergesellschaft, die ihnen für die Dauer von bis zu sechs Monaten 70 Prozent ihres bisherigen Gehalts auszahlt. Zwei der Beschäftigten haben inzwischen einen anderen Arbeitsplatz gefunden - die 14 geringfügig Angestellten des Baumarkts sind auf sich selbst gestellt. Sie erhalten keine Gehaltsfortzahlung.
In Daun besteht laut Marktleiter Rolf Braschel die Hoffnung, dass ein privater Investor den Baumarkt übernimmt: "Es sind mehrere Interessenten an der Sache dran", sagt Braschel. Zunächst werde das Gebäude, in dem Extra Bau + Hobby untergebracht ist, jedoch verkauft. "Wir gehen davon aus, dass der Käufer erneut einen Baumarkt eröffnet, doch viel mehr wissen wir zurzeit nicht."
Wie in Hillesheim müsse der Betrieb zunächst stillgelegt werden. 20 Mitarbeiter wechseln in die Transfergemeinschaft.
"Obwohl es hier knallhart um unsere Zukunft geht, haben wir seit der Eröffnung der Insolvenz im Juli keinerlei Informationen erhalten, ob der Hillesheimer Markt fortbestehen kann und vielleicht auch das Team übernommen wird", sagt Brülls-Vontrohn. "Das war schlicht unmenschlich." Bis zur letzten Minute hieß es, dass private Investoren interessiert seien. "Wir wissen nicht, wer das ist und bei wem wir uns um eine Arbeitsstelle bewerben können - es wird und schlichtweg nicht gesagt. Weder die Konzernspitze noch die REWE-Gruppe, die das Gebäude vermietet, äußern sich."
Bis 13 Uhr an diesem Samstag werden im Baumarkt auch die allerletzten Regale abmontiert sein. "Dann heißt es aufräumen, durchkehren und Licht aus", sagt der Betriebsrat. Zum Abschied wird es eine kleine Feier geben: "Es wird eine Strohpuppe in Praktiker-Uniform auf dem Parkplatz verbrannt", sagt Brülls-Vontrohn, der 22 Jahre im Betrieb gearbeitet hat, und schmunzelt.

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