Ausreißerin versteckt - Mann muss ins Gefängnis

Daun · Ein Jahr ins Gefängnis muss ein 50-Jähriger aus dem Kreis Vulkaneifel, weil er die 15-jährige Freundin seiner Tochter, die von zu Hause weggelaufen war, zehn Tage bei sich aufgenommen und Polizei und Eltern an der Nase herumgeführt hat. Das hat das Amtsgericht Daun entschieden. Ob er gegen das Urteil Rechtsmittel einlegt, ist noch unklar.

Daun. Die heute 16-jährige Hauptzeugin, die vom 30. April bis zum 10. Mai dieses Jahres bei dem Angeklagten freiwillig untergetaucht ist, sitzt fast eine Dreiviertelstunde am Zeugentisch und berichtet über das belastete Verhältnis zu ihren Eltern. Über das Abhängen am "Hemmer", der auch der Polizei bestens bekannten Bushaltestelle am Michel-Reineke-Platz in Daun (wo er immer noch häufig Hemmerlingsplatz genannt wird), wo es unter Heranwachsenden oft zu Alkoholexzessen und Gewalt kommt. Sie habe in dieser Zeit "eine richtige Assi-Phase" gehabt, sagt sie unter Tränen.
Sie berichtet über den "Stress" in der Schule und zu Hause. Über die zahlreichen Ausreißversuche: mal einen, mal mehrere Tage. Über die Situation, wie es war, wenn sie die Polizei aufgegriffen und wieder zu Hause abgeliefert hat. "Wenn ich dann wieder daheim war, ist alles von vorne losgegangen. Keiner hat mich gefragt, wie es mir geht, was ich gemacht habe, was ich will", begründet sie die Motivation, den Eltern beim nächsten Mal einen richtigen Denkzettel zu verpassen. "Nach dem nächsten dicken Streit habe ich mir vorgenommen, diesmal länger wegzubleiben, damit es auch mal jemand merkt", sagt der Teenager. Am 30. April dieses Jahres ist es dann so weit. Das Mädchen fährt nach der Schule nicht nach Hause, sondern begibt sich zu dem Angeklagten, der mittlerweile geschieden ist und alleine lebt. Der ist ihr seit längerem bekannt, da er der Vater ihrer besten Freundin ist. Und mit dem Sohn war sie ebenfalls schon mal "gegangen". "Er war wie ein Papa zu mir, hat mir zugehört, mich ernst genommen", sagt das Mädchen.
"Wie eine Tochter für mich"


Eine Version, die der Angeklagte bestätigt. "Ich habe sie nachts öfter mal abgeholt. Mal von einer Bushaltestelle, mal von einer Fete. Da war sie total betrunken und hatte blaue Flecken am Leib", spielt er auf eine gewisse Verwahrlosung des Mädchens an. Er habe sich um sie gekümmert, ihr eine Ausbildungsstelle besorgt. "Sie war wie eine Tochter für mich", sagt der 50-Jährige. Schließlich habe er selbst drei Kinder großgezogen.
Gerüchte um eine sexuelle Verbindung zwischen der 15- und dem 50-Jährigen, die im Sommer die Runde machten und laut Aussage der Mutter letztlich dazu führten, "dass wir ihm ein Kontaktverbot zu unserer Tochter ausgesprochen haben", haben sich nicht bestätigt. Auch während der Verhandlung ergeben sich darauf keine näheren Anhaltspunkte. Der Angeklagte sagt: "Ich habe mich ihr nie auch nur angenähert. Ich habe mich einfach um sie gekümmert."
Den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass er Polizei und Eltern, die nach dem Mädchen gesucht haben, an der Nase herumgeführt und in die Irre geleitet hatte, gesteht er. So hat er die Polizei zunächst mit einer SMS auf die fälsche Fährte geschickt, nach der sich das Mädchen auf dem Weg nach Köln befinde. Und bei einem Besuch der Polizisten in seiner Wohnung hat er erneut gesagt, dass er nicht wisse, wo sie sei. Dabei versteckte sie sich gerade in einem Schrank in der Wohnung.
Richter Hans Schrot wertete das als "List" und begründet so vor allem sein hartes Urteil von einem Jahr Gefängnisstrafe ohne Bewährung. Er sagte: "Ihr Vorgehen erfüllt den Tatbestand des Vorenthaltens einer Minderjährigen gegenüber den Eltern durch List. Besonders gravierend ist dabei, dass dies zehn Tage lang so ging. Mit jedem Tag mehr wuchs die Angst der Eltern, dass ihrem Kind etwas Schlimmes passiert ist." Erschwerend hinzu kam das mit 14 Einträgen gefüllte Vorstrafenregister des Angeklagten, der während des Tatzeitraums Bewährungsauflagen zu erfüllen hatte. Er war zuvor wegen Betrugs verurteilt worden.
Verteidiger Bernd Hoffmann plädierte lediglich auf eine Geldstrafe, denn sein Mandant "hat es zwar nicht richtig gemacht, aber er hat es gut gemeint." Das fand ebenso wenig Beachtung wie der Einwand des Anwalts, man solle auch die Ursache für das Verhalten des Mädchens berücksichtigen.
In der Tat gab der Prozess auf die Frage, weshalb der Teenager so oft "Stress" mit den Eltern hatte und deshalb mehrfach von zu Hause geflüchtet ist, keine erhellende Antwort.

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