Bahnstrecke Gerolstein-Prüm: Gerangel ums Gleisbett geht weiter

Prüm/Gerolstein · Radweg oder Bahnstrecke: Während die Natur zusehends das Gleisbett zwischen Prüm und Gerolstein (Landkreis Vulkaneifel) zurückerobert, streiten sich die Inhaber der Betriebsgenehmigung für die Strecke, die Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE), die Interessengemeinschaft (IG) Westeifelbahn und die Eigentümer-Kommunen weiter um die künftige Nutzung.

 Eine halbe Ewigkeit ist kein Zug mehr auf der Bahnstrecke zwischen Gerolstein und Prüm gefahren. Und es ist offen, ob sich daran in den nächsten Jahren etwas ändert. TV-Foto: Vladi Nowakowski

Eine halbe Ewigkeit ist kein Zug mehr auf der Bahnstrecke zwischen Gerolstein und Prüm gefahren. Und es ist offen, ob sich daran in den nächsten Jahren etwas ändert. TV-Foto: Vladi Nowakowski

Foto: Mario Hübner (mh) ("TV-Upload H?bner"

"Fest steht: Während wir seit langem in den Startlöchern stehen, spielen die Eigentümerkommunen auf Zeit", sagt Bernd Kruse, frisch im Amt bestätigter Vorsitzender der IG Westeifelbahn. Die IG will seit Jahren erreichen, dass auf der Prüm-Gerolsteiner Trasse wieder Züge fahren, und hat sich dazu die Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE) ins Boot geholt, die seit März 2014 dafür eine Betriebsgenehmigung für zehn Jahre innehält. "Davon sind nun noch acht Jahre übrig", sagt Kruse und klagt über die - in seinen Augen - juristischen Winkelzüge, mit denen die Stadt Gerolstein und die Verbandsgemeinde Prüm die Freischnittarbeiten verhindern. Die Kommunen sind die Eigentümer der Bahnstrecke (siehe Extra).Kein Zutrittsrecht

Das gehe so weit, dass die Stadt Gerolstein inzwischen offen mit der Polizei drohe, sollten die Mitglieder der IG oder Angestellte der RSE die Gleise betreten, sagt der Vorsitzende auf der Jahreshauptversammlung der Bahnfreunde. Gerolsteins Stadtbürgermeister Friedhelm Bongartz (CDU) rechtfertigt dieses Vorgehen: "Unsere Anwälte warnen uns eindringlich davor, ein Zutrittsrecht einzuräumen, weil daraus eventuell ein Gewöhnungsrecht erwachsen könnte. Das wollen wir verhindern."

Für IG-Chef Kruse stellt sich da "die Frage, ob das rechtlich zulässig ist, obwohl eine Betriebsgenehmigung vorliegt." Aber niemand wolle es auf eine Eskalation ankommen lassen.

Auch Lothar Wenzel, Geschäftsführer der RSE, die die Betriebsgenehmigung im März 2014 vor dem Oberlandesgericht Koblenz gegen die Kommunen erstritten hatte, ist nicht auf Konfrontationskurs. "Ich will dort nicht meine Mitarbeiter aus dem Knast holen müssen", lässt er ausrichten, da er nicht zur Versammlung erscheinen könne. Weiterhin sei die RSE an der Strecke interessiert, "doch es sollte langsam zu positiven Rückmeldungen kommen".Konträre Auffassungen

Positive Gespräche habe es gegeben, sagt Manfred Hirtz vom Vorstand der IG. "Wir sind nach einem Termin mit den Gerolsteiner Verantwortlichen mit einem guten Gefühl nach Hause gegangen." Man habe durchaus übereinstimmende Vorstellungen gehabt, wie der Verkehr auf der Trasse wieder aufzunehmen sei, erzählt Hirtz. "Doch ich fürchte, da sind die Hardliner aus Prüm dazwischengegrätscht."

Aktuelle Aussagen des Gerolsteiner Stadtbürgermeisters lassen allerdings nicht darauf schließen, dass man dort Interesse an einem Bahnbetrieb hat. Im Gegenteil. So sagt Bongartz: "Mindestens 90 Prozent der Menschen in unserer Region möchten, dass man auf der Strecke Fahrrad fahren kann. Und es besteht kein Zwang, dort Züge fahren zu lassen."

Die für einen Bahnbetrieb notwenige Sanierung der Strecke mitsamt der vielen Brücken "können und wollen wir nicht stemmen", sagt Bongartz unmissverständlich. Da sei er sich mit seinem Kollegen Söhngen einig.

Der bestätigt das: "Ja - Punkt", sagt Söhngen (CDU). Und weist darauf hin, dass die RSE eine Genehmigung zunächst "als Infrastrukturunternehmen" habe. "Aber es fehlen noch diverse eisenbahnrechtliche Genehmigungen." Außerdem: "Das ist ja unser Eigentum. Und da muss ich erst mal einen Pachtvertrag haben. Oder irgendeine Einigung. Und die existiert nicht."

Das betont auch Bongartz: "Bis heute haben wir keine Antwort von der RSE auf unsere Pachtforderungen." Diese betrage vonseiten der Stadt 9000 Euro, von der VG Prüm 18 000 Euro im Jahr - entsprechend der anteiligen Streckenlänge. Auf die Frage des TV, ob die Stadt bei Zahlung der Pacht bereit sei, den Bahnleuten eine sanierte Strecke zu überlassen, sagt Bongartz: "Kein Kommentar."

Inzwischen ist die Sache vor dem Kreisrechtsausschuss in Daun gelandet. Nachdem die IG im Juli vergangenen Jahres zum Stand der Sache in Gerolstein Akteneinsicht beantragt hatte, wurde diese abgelehnt. Am Donnerstag, 3. März, wird das Widerspruchsverfahren gegen die Ablehnung in Daun verhandelt. Söhngen findet das alles "ziemlich komisch". Die IG Westeifel - "das sind Hobbyisten. Träger der Genehmigung ist die RSE." Die IG, "die haben damit gar nichts zu tun. Das sind Fremde."Meinung

Drauf gepfiffenEgal, wohin am Ende die Reise juristisch geht: Der Bahnbetrieb auf diesem Abschnitt ist von einer Mehrheit nicht gewünscht. Profitabel wird er auch nie sein, ganz abgesehen von einer teuren Sanierung. Die IG stört das nicht, sie ist ja ein Bahnverein, also muss sie irgendwas mit Bahn machen. Die RSE ist bisher nicht sonderlich durch Aktivität aufgefallen und überlässt es derweil einem privaten Club, sich allerorts massiv unbeliebt zu machen - und der Lückenschluss im Herzen des Eifeler Radwegnetzes bleibt weiter aus. Man möchte laut mit der Schaffnerpfeife dazwischentrillern. f.linden@volksfreund.deExtra

Die VG Prüm und die Stadt Gerolstein hatten die Bahnstrecke 2005 für 430 000 Euro von der Bahn AG erworben, sie wollen dort einen Radweg bauen. Entwidmet wurde sie aber nicht. IG Westeifelbahn und RSE hatten den beiden Kommunen angeboten, die Strecke für den symbolischen Betrag von einem Euro zu pachten und sie für rund 320 000 Euro instandzusetzen, um vor allem einen touristischen Betrieb zu ermöglichen. Seit März 2014 hat der Infrastrukturbetreiber RSE, der von der IG Westeifelbahn unterstützt wird, eine Betriebsgenehmigung - bis März 2024. nowExtra

In Gerolstein ist man vor allem darauf erpicht, ein anderes Verkehrsproblem zu lösen: die Entschärfung des Unfallschwerpunkts an der Einmündung der Straße aus Müllenborn (L 24) in die B 410. "Das hat oberste Priorität, und daher werde ich da auch noch mal an den LBM herantreten", sagt Stadtbürgermeister Friedhelm Bongartz (CDU). Der Knackpunkt: Die Pfeiler einer Bahnbrücke auf besagter Bahnstrecke Gerolstein-Prüm schränken die Sicht der Autofahrer an der Einmündung massiv ein, zudem verengen sie den Fußweg. Seit Jahren ein ungelöstes Problem. mh

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